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Staatsballett-Direktor Manuel Legris: "Le Corsaire" speziell "für Wien gemacht"

Manuel Legris startet mit "Le Corsaire" an der Wiener Staatsoper.
Manuel Legris startet mit "Le Corsaire" an der Wiener Staatsoper. ©APA/dapd/Sujet
Mit "Le Corsaire" inszeniert der Franzose in seiner sechsten Saison als Direktor des Wiener Staatsballetts erstmals ein abendfüllendes Handlungsballetts. Am Sonntag hat das 1856 uraufgeführte Werk an der Staatsoper Premiere - in einer "neuen, speziell für Wien gemachten Version", verspricht Legris.

Noch nie zuvor war das oft adaptierte Epos um den Piraten Conrad und die junge Griechin Medora, die an den Harem eines Paschas verkauft werden soll, zur Gänze an der Staatsoper zu sehen. Gerade wegen der Liebe des Wiener Publikums “für das große, klassische Ballett” sei es nun an der Zeit, meint Legris, der dafür nach “Schwanensee” 2014 erneut mit Ausstatterin Luisa Spinatelli zusammenarbeitet.

Auch die Lage Wiens “in der Mitte zwischen Russland und Frankreich” sei ideal – war es doch Marius Petipa, der das Werk nach der Uraufführung unter dem französischen Team um Librettist Jules-Henri Vernoy de Saint-Georges, Choreograf Joseph Mazilier und Komponist Adolphe Adam 1863 nach Russland brachte und berühmt machte. “Wir haben hier viele russische Tänzer, deren Kultur dieses Ballett eher entstammt, und ich selbst bin Franzose”, lacht Legris. “Ich maße mir nicht an, Petipa zu sein, aber es hat gut gepasst.”

Von Paris nach Wien

Der 51-Jährige hatte als langjähriger Danseur Etoile an der Pariser Oper selbst nie die Gelegenheit, “Le Corsaire” zu tanzen. “Daher konnte ich unbeeinflusst von anderen Choreografen ans Werk gehen.” Lediglich 20 Prozent seiner Fassung machen nun Elemente aus vergangenen Choreografien aus, stilistisch verschreibt sich Legris aber klar dem klassischen Ballettvokabular.

Die Musik von Adolphe Adam, die mit Werken von u.a. Léo Delibes und Cesare Pugni ergänzt wird, habe ihn im Schaffensprozess zwar an Pierre Lacotte und Rudolf Nurejew denken lassen. “Aber meine Art zu choreografieren ist weniger getrieben. Ich lasse mich von der Musikalität leiten und mag die Simplizität.”

Passende Dramaturgie für die Staatsoper

Leicht gemacht habe es sich Legris, der nie von einer Karriere als Choreograf geträumt habe, nicht. “Es geht mir nicht darum, bestehende Teile zusammenzufügen und nur eine weitere Version von etwas zu schaffen. Es geht um die Beziehung, die wir aufbauen – auch zum Publikum, zur Stadt.” Dazu gehörte auch, an der Dramaturgie zu feilen. “Wenn man zehn Seiten des Original-Librettos liest, muss man fünf Seiten wieder zurückblättern. Es gibt so viele Details, so viele Szenen, es ist viel zu verwirrend”, meint Legris, der Szenen entfernt, Charaktere gestrichen und die Handlung simpler gemacht hat.

Um die Beziehungen unter den Tänzern klarer zu machen, hat er etwa die Liebesgeschichte zwischen Medora und Conrad um zwei weitere Paare – Gulnare und Seyd Pacha sowie Birbanto und Zulméa – ergänzt. “Mir war es wichtig, dass das Publikum das Ballett sieht und versteht, ohne auch nur eine Zeile darüber gelesen zu haben.” Das verlangte seiner Kompanie auch schauspielerische Fähigkeiten und expressive Mimik ab, womit vor allem die jungen Tänzer Probleme gehabt hätten.

Manuel Legris: “Ballett ist Emotion”

“Für mich ist Ballett Emotion”, sagt Legris, der im zeitgenössischen Ballett eine Tendenz in Richtung Akrobatik beklagt. “Natürlich sind Pirouetten und Sprünge schön anzusehen. Aber es sollte eine Geschichte erzählen, dein Herz berühren.” Tänzer dürften nicht nur an ihre Technik denken, sondern müssten mit ihren Kollegen Augenkontakt aufnehmen, auf Details achten. “Nur so entsteht eine Magie und sagen die Zuschauer ‘Wow’. Ich glaube, die neue Generation an Tänzern fängt gerade erst an, das zu verstehen.”

Wobei Legris in seiner ersten Doppelfunktion als Direktor und Choreograf mitunter die Geduld gefehlt habe, gesteht er. “Oft hatte ich meine Vision ganz klar vor Augen, aber sie haben Zeit gebraucht, um zu sehen, in welche Richtung ich sie lenken will.” Seine Tänzer seien aufgrund des großen Repertoires in Wien viel Verschiedenes, nicht aber Eigenkreationen gewöhnt. “Die Tänzer müssen dabei eine Hälfte geben und ich die andere, damit es gut geht”, so Legris, der sich wenige Tage vor der Premiere “zuversichtlich, aber sehr nervös” zeigt.

“Habe eine gute Beziehung zu den Tänzern”

Am Ende des Tages sei die Erfahrung spannend und für beide Seiten bereichernd gewesen. “Schon davor hatte ich das Gefühl, meine Tänzer halten mich für einen guten Direktor und wir haben eine gute Beziehung zueinander aufgebaut”, so Legris. “Nun haben sie mich erstmals als Choreografen beurteilt. Damit habe ich mich verletzbar gemacht.” Ob er sich in näherer Zukunft wieder an eine Choreografie wagt, könne er noch nicht sagen. “Dafür ist es zu früh, ich stecke noch zu sehr drin”, sagt Legris. “Noch ist dieses Projekt nicht beendet und ich bin noch nicht zufrieden. Ich hoffe, ich werde am Premierentag zufrieden sein.”

>> “Le Corsaire” an der Wiener Staatsoper, Premiere am 20. März um 18 Uhr. Choreografie: Manuel Legris, Dramaturgie und Libretto: Manuel Legris und Jean-Francois Vazelle nach Lord Byron, Jules-Henri Vernoy de Saint-Georges und Joseph Mazilier. Mit u.a. Maria Yakovleva (Medora), Robert Gabdullin (Conrad), Liudmila Konovalova (Gulnare), Kirill Kourlaev (Lanquedem). Mehr zum Programm hier.

(Angelika Prawda/APA)

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