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Messerattacke auf Frau: 16 Jahre Haft für 37-jährigen Ehemann

Lochauer wegen Mordversuch vor Gericht – den Vorsitz des Schwurgerichtes führt Richterin Sonja Nachbaur
Lochauer wegen Mordversuch vor Gericht – den Vorsitz des Schwurgerichtes führt Richterin Sonja Nachbaur ©VOL.AT/Eckert
Die Geschworenen waren sich relativ rasch einig: Die Messerattacke war geplant.

Es waren vier Fragen, doch die acht Laienrichter hatten ihr Urteil bald gefunden. Sie sind überzeugt, dass der Mann seine Frau töten wollte. Sie sprachen ihn einstimmig des versuchten Mordes schuldig. Vermutlich im Zorn, aber auf alle Fälle geplant und gut durchdacht hatte er in jener Augustnacht seine Frau angegriffen. Sein Auto war ein Stück weit vom Tatort geparkt, benutzte Arbeitshandschuhe des Angeklagten wurden gefunden und die Waffe war ein Küchenmesser, das er laut Anklagebehörde kaum zufällig dabei hatte. Als Strafe befanden die drei Berufsrichter gemeinsam mit den Geschworenen 16 Jahre für angemessen. Dem Opfer wurden 5000 Euro zugesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Fünf Mal auf Frau eingestochen

Wegen versuchten Mordes muss sich ein 37-Jähriger seit dem frühen Montagvormittag vor dem Landesgericht Feldkirch verantworten. Der Mann hat im August vergangenen Jahres mit einem Messer fünf Mal auf seine getrennt lebende Ehefrau eingestochen und sie damit schwer verletzt. Vor Gericht bekannte sich der Angeklagte zur Tat, obwohl er nur habe reden wollen. Einen Mordversuch stritt er ab.

Zu der Attacke kam es mitten in der Nacht vor der Wohnung der Frau in Wolfurt, wo ihr der 37-Jährige auflauerte. Die Messerstiche waren auf Ober- und Unterkörper verteilt, auch der rechte Arm wurde verletzt. Als das Messer auf den rechten Beckenknochen traf, brach die Messerspitze ab. Durch die Hilferufe einer Zeugin aufgeschreckt, ließ der Mann von seiner Frau ab und flüchtete.

Die Schwerverletzte wurde nach der Erstversorgung an Ort und Stelle noch in der Nacht im Krankenhaus notoperiert. Ihr Mann wurde gegen 3.00 Uhr – etwa eineinhalb Stunden nach der Tat – vom Einsatzkommando Cobra in seiner Wohnung in Lochau festgenommen.

Alles erklärbar

„Mein Mandant hatte familiäre Probleme. Eine SMS von seinem Sohn, wonach er angeblich nicht sein Vater sei, hat das Fass schließlich zum Überlaufen gebracht. Es war nicht seine Absicht, seine Kinder zu Waisen zu machen “, stellt der Verteidiger klar. Auch, dass der 37-Jährige ein Messer dabeihatte, obwohl er angeblich „nur reden“ wollte, ist für Reiterer nicht gleich ein Indiz für einen Mordplan. „Der Angeklagte gab an, dass er -wie viele andere auch- immer ein Messer dabeihabe, weil er es beruflich häufig braucht um Pakete zu öffnen oder wenn er mit den Kindern in den Wald geht und grillt. „Mein Mandant wird sich, was die Tat betrifft jedenfalls geständig zeigen, nicht jedoch hinsichtlich des versuchten Mordes“, so der Anwalt. Die Verteidigung geht von einer absichtlich schweren Körperverletzung aus. Ob die Geschworenen den Mann für versuchten Mord oder doch eines anderen Deliktes für schuldig befinden, bleibt also spannend.

„Ich wollte nur reden, verletzen, aber keinesfalls töten“

Staatsanwalt Simon Steixner sieht keinerlei Anzeichen dafür, dass der Mann das Opfer nur verletzen wollte oder es sich damals um versuchten Totschlag, also einen Affekt handelte. Für Steixner ist hingegen klar: Es war ein geplanter Mord, Vorbereitungen wurden getroffen und die Tat ist gescheitert, weil eine Nachbarin Alarm schlug.

Schwierige Aufgabe

„Sie haben die schwierige Aufgabe, am Ende des Tages ein Urteil über diesen Menschen zu fällen“, beginnt Verteidiger Florin Reiterer sein Plädoyer. Der Angeklagte gibt heute in der Verhandlung an, sich an sehr viel nicht mehr erinnern zu können. Sicher sei, dass er nur ein Taschenmesser eingesteckt habe, dass er nur reden habe wollen, dass er zornig war. Dass er keinen Angriff geplant habe. Der Mann spricht von zwei bis drei Stichen, die Gerichtsmedizin weiß, es waren mindestens vier Stiche, zum Teil tief und sehr wuchtig. „Es ist seltsam, die schlimmen Sachen wissen sie alle nicht mehr, die unwichtigen Dinge aber schon“, fällt Beisitzerin Angelika Prechtl-Marte auf. Der Prozess ist bis 18.00 Uhr anberaumt. Wie lange er tatsächlich dauern wird, ist schwierig zu sagen.

Opferanwalt gibt Einblicke

Interessantes berichtet der Anwalt der verletzten Ehefrau. Es gab bereits eine Wegweisung gegen den eifersüchtigen Ehemann. „Die Nachbarin, die in der Nacht die Schreie gehört und meiner Mandantin vermutlich das Leben gerettet hat, hat das Opfer zuvor bereits mehrfach gewarnt“, so Privatbeteiligtenvertreter Hans Christian Obernberger. Der Angeklagte habe vor der Messerattacke der Frau bereits mehrfach aufgelauert, im Garten auf sie gewartet, vor ihrer Türe herum gestanden, so die Behauptungen. Der Angeklagte hingegen behauptet, es sei immer die Frau gewesen, die sich nicht von ihm scheiden habe lassen wollen. Das Opfer wird einvernommen, allerdings gibt es eine abgesonderte Einvernahme. Das heißt, der Angeklagte muss in einem Nebenraum warten, bis die Zeugin ihre Aussage gemacht hat. Im Nachhinein werden ihm die Äußerungen des Opfers mitgeteilt und er kann dazu Stellung nehmen.

Opfer erzählt

Aufgeregt und sichtlich mitgenommen erzählt die 37-jährige Nochehefrau von der Tatnacht. Die 37-jährige, zweifache Mutter ist den Tränen nahe und es kostet sie Kraft, den Abend nochmals Revue passieren zu lassen. Sie spürte die Stiche damals als „Schläge“. Sie hatte in jener Nacht noch geschaut, ob sie sein Auto vor dem Haus sieht, aber sie sah es nirgends, der Mann hatte ein paar Straßen weiter geparkt. Sie hatte nicht das Gefühl, dass er alkoholisiert war, der Angeklagte spricht von Berauschung. Dass sie einer Scheidung nicht zustimmte, sei nicht korrekt, nur einmal habe sie sich geweigert, eine „Aufteilungsliste“ zu unterschreiben, aber ansonsten sei sie immer für die Trennung gewesen. Alle Versuche sind gescheitert, selbst heute sind die beiden auf dem Papier noch verheiratet.

Immer wieder belästigt

Die Frau, die damals so schwer verletzt wurde, dass sogar das Messer abbrach, erzählt, dass ihr Mann auch einmal auf ihren Bekannten mit dem Auto zugefahren sei, der Bekannte habe gerade noch zur Seite springen können. In dert Tatnacht habe sie versucht, noch schnell ins Haus zu laufen, habe es aber nicht geschafft. Nach den Messerstichen wurde ihr auf einmal so schwindlig, die Verletzte musste notoperiert werden und hatte Glück, dass sie überlebte. Warum er sie im August so massiv attackierte, kann sie bis heute nicht verstehen. Im Juni hatte der Mann die Frau hinausgeworfen, danach wohnte die Mutter mit ihren Kindern bei ihrer Mutter.

Gerichtsmediziner erläutert Details

Gerichtsmediziner Walter Rabl erklärt im Prozess seine Untersuchungsergebnisse: Es waren mindestens vier Messerstiche, einer drang sogar 15 Zentimeter in den Bauch ein. Dass bei dem Angriff, wie vom Angeklagten behauptet, ein Taschenmesser verwendet wurde, sei nicht möglich. Es muss ein weit größeres Messer gewesen sein, vermutlich ein einschneidiges Küchenmesser. Einer der Stiche war so heftig, dass das Messer abbrach und in einer Operation ein Teil des Beckenknochens abgemeißelt werden musste, weil die abgebrochene Spitze so tief steckte, dass man sie nicht herausziehen konnte.

Einige Alternativen

Die Geschworenen bekommen, bevor sie sich zur geheimen Beratung zurück ziehen, vom Richtersenat die Fragen präsentiert und müssen dann entscheiden, wegen welches Deliktes sie den Angeklagten schuldig oder frei sprechen. Heute stehen vier Fragen „zur Auswahl“: Mordversuch, versuchter Totschlag, absichtlich schwere Körperverletzung und schwere Körperverletzung. Für den bislang Unbescholtenen geht es um sehr viel. Der Unterschied im Strafrahmen beträgt bis zu lebenslang bei Mordversuch, bei schwerer Körperverletzung geht es um maximal drei Jahre, die im Raum stehen. Mildernd ist bei dem Angeklagten in allen Fällen vor allem seine Unbescholtenheit und sein zumindest teilweises Geständnis, was die Tat selbst betrifft.

Plädoyers von beiden Seiten

Staatsanwalt und Verteidiger werfen in ihren Plädoyers nochmals alle „ihre“ Argumente in die Waagschale um mit ihrer Sichtweise zu überzeugen. „Tod eindeutig genau geplant“ – heißt die Sichtweise des Anklägers zusammen gefasst. „Keinesfalls Mord“, kontert die Verteidigung. Man wird sehen, welcher Sichtweise die Geschworenen folgen. Wie lange die Laien für ihre Entscheidung benötigen, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Allein die Rechtsbelehrung dauert meist über eine Stunde.

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