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Spät aber wichtig: Neufassung des Sophie Scholl-Stoffes uraufgeführt

Fast auf den Tag genau 65 Jahre nachdem die Gestapo die Geschwister Scholl ermordet hat, ist im Schauspielhaus Salzburg am vergangenen Donnerstag eine Bühnenfassung des Stoffes uraufgeführt worden. Bilder vom Stück 

Nach jahrzehntelangem Zögern und Wegschauen der Kriegsgeneration hat Regisseurin und Autorin Betty Hensel jetzt mit der Schwester und dem Verlobten Sophie Scholls geredet und die letzten Tage der beiden knapp über 20 Jahre alten Widerstandkämpfer detailgenau recherchiert. 

 
“Sophie Scholl – die letzten Tage” basiert auf dem Text von Fred Breinersdorfer, dem Drehbuch-Autor des gleichnamigen, erfolgreichen Kinofilmes. In die Bühnenversion dieses Stoffes über Zivilcourage im Unrechtsregime haben sich aber leider auch eine Reihe von Langatmigkeiten eingeschlichen. 

 
“Die Stunde kommt, da man dich braucht. Dann sei du ganz bereit. Und in das Feuer, das verraucht, wirf dich als letztes Scheit.” Spät kommt diese Botschaft aus dem Theater, aber wichtig ist sie trotzdem. Nicht nur für Schüler. Die werden wohl die Hauptadressaten dieses Theaterstückes aus einer Vergangenheit sein, von der sonst kaum mehr einer was hören will. 

 
Aber Betty Hensel macht es sich ein wenig zu leicht, das Stück in die Schülerecke zu schieben. Ihre filmschnittartigen Szenenwechsel gelingen zwar oft verblüffend gut, auch das Schauspielerteam um Ariadne Pabst und Florian Eisner in den Hauptrollen hat wirklich gute Arbeit geleistet. Aber Hensel kriegt keine Atmosphäre zustande auf der zerklüfteten Bühne von Martin Käser, auf der die chaotischen Abgründe in rot und schwarz nur durch schmale Grate getrennt sind. So tröpfeln die Original-Zitate, endlosen Verhör-Protokolle, Liebesbriefe von der Front und intimen Gefängnis-Gespräche ein wenig träge vor sich hin und hoffen vergeblich auf Tempo und Kick. 

 
Wunderschön wirkungsvolle Szenen sind aber auch dabei – etwa wenn Mit-Verschwörer Willi Graf kneift oder wenn die dazuerfundene Figur der alten Sophie Scholl ganz am Schluss das Besinnungslied-Lied aus Kindertagen singt. Davor aber strapazieren Wiederholungen und szenische Ähnlichkeiten. Besonders jene vom legendären Nazi-Richter Roland Freisler, der von Hensel zur Karikatur degradiert wird. So wird der Sog des Themas verschenkt und die unglaublich eindringlichen, kurzen, mutigen und beschämenden Leben dieser jungen Leute wirken nicht so in die Tiefe, wie sie es eigentlich könnten. Trotz ihrer historisch verbürgten Dramatik. 
 

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