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"Sport bedeutet für mich Lebensgefühl"

Im Oktober radelte Bonadimann beim RAAUS 2010 per Handbike durch Australien.
Im Oktober radelte Bonadimann beim RAAUS 2010 per Handbike durch Australien. ©Andy Sillaber
Bonadimann beim Race Across Australia

Der Rollstuhlsportler Philipp Bonadimann war beim Weltrekord in Australien dabei.

Dornbirn. Menschen aus der Heimat. Vor gut drei Wochen radelte der Dornbirner Philipp Bonadimann noch bei sommerlichen Temperaturen per Handbike durch das australische Outback, am Wochenende wedelte er bereits mit dem Monoski über den verschneiten Stubaier Gletscher und absolvierte das erste Wintertraining. Der durchtrainierte Dreißigjährige sucht und findet seine Herausforderungen im Sport. Dabei wird ihm das letzte sportliche Abenteuer sogar einen Eintrag ins Guinness Buch der Weltrekorde und somit in gewisser Weise ein bißchen Unsterblichkeit bringen. Mit Thomas Bechter, Jürgen Egle und Wolfgang Wimmer, drei weiteren Vollblutsportlern des RC Enjo Vorarlberg, war er nach Australien aufgebrochen um dort das “Unmögliche, möglich zu machen”.

Am 16. Oktober erfolgte für sie in Perth der Start zum Race Across Australia nonstop quer durch den fünften Kontinent. Ihr ehrgeiziges Ziel lautete in sieben Tagen über 4.000 km und 12.000 Höhenmeter mit dem Handbike von Perth im Westen von Australien nach Sydney an der Ostküste zu radeln und damit den Weltrekord des nicht behinderten Langstreckenradprofi Gerhard Gulewitz zu unterbieten. Bewußt hatte man die Richtung von Westen nach Osten zur Querung des Kontinents gewählt, da erfahrene Australienquerer aufgrund des Rückenwindes dazu geraten hatten. “Rund 200 Kilometer nach dem Start in Perth, bekamen wir Gegenwind, der die nächsten 3000 Kilometer unser ständiger Begleiter bleiben sollte und eine der größten Herausforderungen für uns darstellte”, erzählt Bonadimann.

Weitere Herausforderungen waren der katastrophal schlechte Zustand der Strasse, die toten Tiere am Straßenrand und vor allem die Monotonie des australischen Outback. Ortsangaben wie “Adelaide 1975 km” machten den Handbikern die ungewohnt riesigen Dimensionen Australiens erst bewußt. “Die längste Gerade betrug 147 km, dann kam eine leichte Rechtskurve und anschließend ging es wieder 90 km nur geradeaus”, so Bonadimann. “Diese unendliche Weite, der flimmernde Horizont und die karge Landschaft waren manchmal echt deprimierend.” Trotzdem wurde keine Sekunde ans Aufhören gedacht.

“Mit dem gemeinsamen Ziel vor Augen haben wir uns gegenseitig motiviert und es gab nur diese einzige Devise: “Weiterkurbeln”. Zusätzliche Motivation gab es von unserem unermüdlichen Betreuerteam. Ein besonderer Dank gilt meinem Vater der wie bisher bei allen großen Herausforderungen an meiner Seite war”, so der sympathische Dornbirner. Trotz mancher Hindernisse und der Gefahren durch die 13-achsigen “Roadtrains” die mit 120 km/h durch das Outback bretterten, verlief alles planmäßig und mit einem Schnitt von 26,008 km/h kam man sogar etwas schneller voran als geplant.

Am 23.Oktober war es dann so weit, nach exakt 6 Tagen, 10 Stunden, 42 Minuten und 32 Sekunden kam das Handbikerteam in Sydney an und stellte somit einen neuen Weltrekord auf. “Das Allerschönste war der gemeinsame Zieleinlauf bei der Oper in Sydney. Nachdem wir uns ein Jahr auf dieses Ziel fokussiert hatten, viel eine Last von uns. Anschließend waren wir nur noch müde, jeder hatte in den vergangenen 6 Tagen nur 10 Stunden effektiv geschlafen”, so Bonadimann. “Das Allerwichtigste ist, dass außer einem Reifenschaden an einem Begleitfahrzeug nichts passiert ist und alle gesund und glücklich in Sydney angekommen sind.”

Dass er irgendwann wieder zu solchen sportlichen Höchstleistungen fähig sein würde, hätte Bonadimann nach seinem schweren Motorradunfall 1998 nicht zu träumen gewagt. “Die ersten zwei Jahre mit der Querschnittlähmung ging es mir nur schlecht. Ich hatte keine Ziele mehr und wußte nicht, wie es weitergehen sollte. Meine Familie und Freunde haben mich Gott sei Dank aufgefangen, den letzten Kick in die richtige Richtung gab mir aber der Sport mit Gleichgesinnten. Ich war früher schon sehr sportlich und nach dem Unfall hat mir einfach etwas gefehlt”, erklärt Bonadimann warum Sport für ihn so einen hohen Stellenwert hat. Sein nächstes sportliches Ziel ist die Ski-WM im Januar in Sestriere.

Zur Person:
Philipp Bonadimann
Geboren: 24. Juli 1980
Wohnort: Dornbirn
Beruf: Verwaltungsangestellter VGKK
Art der Behinderung: Querschnittlähmung seit einem Motorradunfall 1998
Größte sportliche Erfolge (Handbike und Monoski): Race Across America 2006, Silber bei der WM 2009 in Korea, Gesamteuropacupsieger 2009, zwei Bronzemedaillen im Slalom und in der Super-Kombi bei den paralympischen Winterspielen in Vancouver 2010 , Race Across Australia 2010

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