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SPÖ-Politiker Ritsch will Neuwahlen und 1.500 Euro netto Mindestlohn

Ex-SPÖ-Chef Michael Ritsch sieht die Zeit reif für Neuwahlen.
Ex-SPÖ-Chef Michael Ritsch sieht die Zeit reif für Neuwahlen. ©VN/Hartinger
Der im September als Vorarlberger SPÖ-Chef zurückgetretene Michael Ritsch wünscht sich für dieses Jahr Neuwahlen. Wie viele andere habe er genug davon, dass mit der ÖVP wichtige Kernthemen der SPÖ nicht umsetzbar seien, sagte Ritsch im APA-Interview. Bundesparteichef Christian Kern könne in einer Koalition mit der ÖVP seine Visionen und Ideen - "einen neuen Weg" - nicht umsetzen, so Ritsch.

Der 48-Jährige zeigte sich überzeugt davon, “dass das Programm der SPÖ die richtige Antwort auf die gesellschaftlichen Herausforderungen ist”. Eine Koalition bedeute klarerweise immer Kompromisse, es sei der SPÖ aber nicht gelungen, den Leuten die großkoalitionäre Kompromisspolitik zu erklären. “Manche Projekte wie etwa die Gemeinsame Schule oder eine Millionärsabgabe sind in der jetzigen Koalition mit der ÖVP einfach nicht umsetzbar. Davon habe ich auch genug”, sagte Ritsch. Er glaube nicht, dass es in dieser Konstellation noch große Änderungen geben wird.

Zeit reif für Neuwahlen

Ritsch hält die Zeit reif für Neuwahlen in diesem Jahr und für eine richtungsweisende Entscheidung. “Natürlich hoffe ich auf eine Mehrheit links der Mitte”, so Ritsch, der seit 1988 bei der SPÖ ist. Sein Wunsch wäre eine Koalition der SPÖ mit den Grünen, und falls sich das nicht ausgehen sollte, eine Dreierkoalition SPÖ-Grüne-NEOS. “Jetzt sind die NEOS zum Teil zwar auch neoliberal, aber schlimmer als mit der ÖVP kann es auch nicht werden”, befand der 48-Jährige.

Eine Koalition mit der FPÖ ist hingegen nicht das, was Ritsch möchte. Ausschließen will Ritsch eine solche Zusammenarbeit aber nicht. “Ich bin Mitglied der Gruppe, die den Kriterienkatalog für künftige Koalitionen erarbeitet. Dieser wird für alle Parteien gelten”, so der Bregenzer. Es müsse ein Abgehen von der Ausgrenzungspolitik hin zu einer Zusammenarbeit hinsichtlich der Inhalte stattfinden, dabei sehe er mit den Grünen oder den NEOS wesentlich größere Schnittmengen als mit der FPÖ.

Mindestlohn von 1.500 Euro netto

Ritsch ist durchaus bewusst, “dass man eine Neuwahl nicht locker vom Zaun brechen kann”, dazu bräuchte es seiner Meinung nach ein Thema. Man müsse sagen können: “Das ist mit unserem Partner nicht umsetzbar, ist aber dringend notwendig”. Sollte es zu einer Neuwahl kommen, sei alles daran zu setzen, “unser Klientel – und das sind 80 Prozent der Bevölkerung – zu überzeugen. Die ÖVP macht ausschließlich Politik für Reiche und Wohlhabende”, so Ritsch, der auch eine persönliche Forderung formulierte. “Viele Leute kommen mit ihrem Einkommen nicht mehr aus. Es müsste rasch ein Mindestlohn in Höhe von 1.500 Euro netto eingeführt werden”, verlangte er.

Dass Parteichef Christian Kern Bundeskanzler bleiben soll, steht für Ritsch außer Frage. “Christian Kern macht es jetzt seit einem halben Jahr, und ich bewundere seine ruhige Art. Ich traue ihm einen neuen Weg zu, nicht aber in der Großen Koalition. Er hat Format, und ich mag ihn auch als Mensch”, sagte Ritsch.

Parteifreunde sägen an Stuhl

Nach seiner Bandscheibenoperation im Juli nimmt Ritsch seit etwa Anfang Dezember kein Morphium mehr, auch wenn er noch einzelne Tage mit extremen Schmerzen habe. “Es wird noch bis Februar dauern, bis die zwei eingesetzten Bandscheibenprothesen vollständig eingewachsen sind. Meine politische Arbeit – als Parteichef und Klubobmann – war in dem Umfang nicht mehr machbar. Mein Körper hat mir klar die Grenzen aufgezeigt”, nannte Ritsch Gründe für seinen Rücktritt als Landesparteivorsitzender.

Während seiner mehrwöchigen Aufenthalte im Krankenhaus und zur Rehabilitation hätten aber auch “Parteifreunde” an seinem Stuhl gesägt. “Beim Parteitag im kommenden März hätte ich zwar nach wie vor eine Mehrheit gehabt, die 99,1 Prozent vom letzten Mal (August 2014, Anm.) wären aber nicht mehr zu erreichen gewesen. Da fragt man sich schon, ob man sich das nach zehn Jahren als Parteichef noch antun möchte”, stellte Ritsch fest.

Der Politik erhalten bleiben

Falls die Gesundheit mitspiele, wolle er aber in der Politik bleiben, bekräftigte Ritsch. Ein Antreten bei der Landtagswahl 2019 – allerdings nicht als Spitzenkandidat (“Wer das sein wird, ist offen”) – kann er sich ebenso vorstellen wie eine Kandidatur bei den Bürgermeisterwahlen 2020. Eine Rückkehr an die Parteispitze schloss Ritsch im APA-Interview hingegen dezidiert aus.

Für die SPÖ sieht Ritsch basierend auf einer SORA-Umfrage ein Potenzial von 20 Prozent der Wählerstimmen in Vorarlberg. “Die Möglichkeit zur Verdoppelung gegenüber dem Ist-Stand ist also da. Man muss konsequent und fleißig weiterarbeiten, zeigen, wofür wir stehen. Das ist kein einfacher Weg, aber man muss ihn gehen. Die SPÖ wird auch die nächsten 50 und 100 Jahre ihre Berechtigung haben”, zeigte sich Ritsch überzeugt.

(APA)

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