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Spiegelbild der Erwachsenen

Feldkirch - Sie schlagen und prügeln und langen, wenn es sein muss, auch härter zu. Die Gewalt bei Kindern und Jugendlichen nimmt zum Teil erschreckende Ausmaße an.

Das muss auch Arno Dalpra einräumen. ,,Die Gewaltbereitschaft an sich hat nicht zugenommen, aber die Attacken werden brutaler“, weiß der Leiter der Jugendberatungsstelle ,,Mühletor“ in Feldkirch. Er kennt das Metier seit 28 Jahren. So lange arbeitet er schon beim Institut für Sozialdienste in der Jugendbetreuung.

Permanent vorhanden

Über die Ursachen für diese ungute Entwicklung muss Dalpra nicht lange nachdenken. Erwachsene scheuen die Auseinandersetzung mit dem Nachwuchs und Verantwortung ist innerhalb der Gesellschaft ein austauschbarer Wert geworden, der heute so und morgen so aussieht. ,,Also wie sollen Kinder lernen, dass es Grenzen gibt?“, fragt er sich. Gewalt ist immer und permanent vorhanden. Da macht sich auch Arno Dalpra nichts vor. Und: Gewalt beginnt relativ früh, im Kindergarten, in der Volks- und Hauptschule, im Gymnasium, in der Freizeit. ,,Kinder wachsen praktisch damit auf“, will er die Problematik jedoch keinesfalls schönreden. Es gehe darum, dem Phänomen entsprechend zu begegnen. Die Antwort für Dalpra heißt: Mit Klarheit Grenzen ziehen. Das ist allerdings die Aufgabe jener, die sich im Umfeld des Kindes bewegen. ,,Was Kinder und Jugendliche nicht vor ihren Bezugspersonen lernen, müssen sie sich mühsam von der Gesellschaft abschauen. Und das ist für die Entwicklung eines Menschen nie gut.“ Der Psychotherapeut sagt das nicht einfach so. Denn: ,,Die Familie ist der einzige Ort, an dem es Vergebung gibt.“ Sonst gilt nur noch, zu dem stehen, was man getan hat.

Herausforderung

Erziehung ist immer eine Herausforderung. Egal ob Fachmann oder nicht. Arno Dalpra hat selbst zwei Söhne, die ebenso zielsicher wie andere Kinder manch bloßliegenden Nerv des Vaters finden. ,,Dagegen bin auch nicht gewappnet“, gibt er zu. Das tröstet zumindest ein bisschen. Schwerer wiegt sein nächster Satz: ,,Kinder sind nichts anderes als ein Spiegelbild der Erwachsenen. Sie können nicht mehr und nicht weniger als das, was sie bei uns erleben“, verdeutlicht er. Doch die Bereitschaft, ihnen offen zu begegnen, werde immer mehr zum Projekt und immer weniger zum Selbstverständnis.

Schlucken, schweigen

Natürlich gibt es auch unter Kindern starke Persönlichkeiten, die um Grenzen wissen und sich entsprechend wehren. Noch mehr aber schlucken und schweigen. Arno Dalpra erlebt jugendliche Täter vielfach als stille, erniedrigte Menschen, die dann irgendwann einmal ausbrechen. Er heischt nicht um Verständnis. Weil: Verantwortung hat viele Gesichter. Die Ausrede ist eines davon. Er will mehr. Mehr Zivilcourage. Von den Erwachsenen. Den Kindern zuliebe.

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