AA

SOS-Kinderdorf ist Teil der Vergangenheit

2006 wurde noch der 40. Geburtstag des Kinderdorfes gefeiert. Wenige Jahre darauf kam das Aus.
2006 wurde noch der 40. Geburtstag des Kinderdorfes gefeiert. Wenige Jahre darauf kam das Aus. ©RHA
Drei Jahre nach dem Abbruch werden Wohnungen gebaut.


Dornbirn. Am Haselstauder Berg, wo Hermann Gmeiner, der Gründer der SOS-Kinderdörfer, trotz erheblichen Widerstandes von ganz oben ein Dorf für Waisen und Kinder aus zerrütteten Familien auf Vorarlberger Boden realisierte, werden schon bald Wohnungen für zahlungskräftige Kundschaft gebaut. Denn nach dem Abbruch der Familienhäuser wurde das rund 18.000 m2 große Grundstück in bester Aussichtslage vom SOS Kinderdorfverein Österreich an zwei Vorarlberger Baugesellschaften verkauft.

Es war eine edle Gönnerin, die mit einer großzügigen Spende den finanziellen Grundstein für ein SOS-Kinderdorf auf Vorarlberger Boden legte. Mit einigen Millionen Schilling Kapital gelang es, in den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts innerhalb kurzer Zeit die ersten Häuser zu bauen, obwohl noch längst nicht alle Genehmigungen vorlagen. Hermann Gmeiner, der im benachbarten Alberschwende geboren und aufgewachsen ist, war der Bürokratismus egal, denn ihm ging es einzig und allen um die Kinder, die, aus welchen Gründen auch immer, ein neues Zuhause brauchten.

Im Juni 1966 wurde die Eröffnung gefeiert. Der Bischof von Jerusalem reiste persönlich zum Festakt an. Als Gratulanten stellten sich auch Dornbirns Bürgermeister Dr. Karl Bohle und andere lokale Politiker ein. Und für Alberschwende war es der ideale Zeitpunkt, dem großen Sohn der Gemeinde die Ehrenbürgerschaft zu verleihen. 1980 wurde Hermann Gmeiner auch mit dem Toni-Russ-Preis ausgezeichnet.

Bis zu 100 Kinder

In Spitzenzeiten wohnten bis zu 100 Kinder, betreut von den Kinderdorfmüttern, in den schmucken Häusern am Knie. Insgesamt erlebten in rund 45 Jahren Dornbirner Kinderdorfgeschichte rund 360 Mädchen und Buben im Dorf oberhalb von Haselstauden eine unbeschwerte Kindheit, die ihnen ihre leiblichen Eltern nicht bieten konnten. Das Ende des Kinderdorfes in Dornbirn wurde von neuen gesetzlichen Bestimmungen eingeläutet. Diese untersagten Einweisungen aus anderen Bundesländern, da die Politiker der Meinung waren, die Kinder sollten in gewohnter Umgebung aufwachsen. In der Folge gingen die Kinderzahlen dramatisch zurück, ein Haus nach dem anderen wurde geschlossen und bald danach abgerissen.

Was würde wohl Hermann Gmeiner, der 1986, 20 Jahre nach der Eröffnung, im Alter von 67 Jahren starb, zum Ende seines Dorfes sagen? Sein Neffe Walter Gmeiner, der die Gründung des Dorfes am Knie hautnah miterlebte und jahrelang eng mit der SOS-Kinderdorfidee verbunden war, glaubt die Antwort zu kennen: „Ich meine, angesichts der Umstände würde er sich damit abfinden. Auch deswegen, weil mit dem Erlös aus dem Verkauf der Grundstücke vielen anderen Kindern in Kinderdörfern in armen Ländern geholfen werden kann.“

An das SOS-Kinderdorf am Haselstauder Berg erinnert noch der ehemalige dorfeigene Kindergarten am „Hermann Gmeiner Weg“. Er wurde von der Stadt übernommen und ist einer von 22 Kindergartenstandorten in Dornbirn. Im südlichen Hatlerdorf wurde ein großer Park nach Hermann Gmeiner benannt.

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Dornbirn
  • SOS-Kinderdorf ist Teil der Vergangenheit