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Sonnenbrand ist vorprogrammiert!

Feldkirch - So miserabel fallen Tests der AK Vorarlberg nur selten aus: Von 18 geprüften Sonnenstudios erfüllte kein einziges die erforderliche Norm. Alle eingesetzten Geräte wiesen eine weitaus größere Bestrahlungsstärke auf. Die abgegebene UV-Strahlung war bis um das fast Vierfache (!) überhöht, acht von zehn Studios lagen über der Sonnenbrandschwelle. Die weiteren Kritikpunkte: schlechte oder fehlende Beratung, Hygienemängel, beschädigte Geräte, fehlende Schutzbrillen.

Insgesamt 18 Sonnenstudios in ganz Vorarlberg hat die AK Vorarlberg im Dezember 2010 genau unter die Lupe genommen. In Zusammenarbeit mit BioSense, einem Labor für biologische Sensorik im deutschen Bornheim, wurde eine nicht vorgebräunte Probandin des hellen Hauttyps II quer durch Vorarlbergs Sonnenstudios geschickt. Pro Test wurden jeweils drei Sensoren für die Dauer der Bräunung in das Solarium eingelegt, mit denen die Strahlung gemessen wurde.

Nach EU-Vorgaben (EN 60335-2-27) sollte die absolute Bestrahlungsdosis einer Sonnenbank den Wert von 4,35 MED (Minimale Erytheminduktionsdosis) pro Stunde nicht übersteigen. Dies entspricht in etwa der natürlichen Sonnenstrahlung am Äquator zur Mittagszeit auf Meeresniveau.

Entscheidend für die Menge an UV-Licht, die ein Mensch verträgt, sind aber nicht nur Gesamtmenge und Intensität der Strahlung, sondern auch der Hauttyp. Eine intensive UV-Belastung kann akute Schädigung von Haut und Augen hervorrufen und beispielsweise Hautkrebs oder Katarakt (grauer Star) zur Folge haben.

Desaströse Ergebnisse

Keines der insgesamt 18 getesteten Geräte in Vorarlberg entsprach der vorgeschriebenen EU-Norm. Alle Geräte wiesen eine wesentlich höhere Strahlenmenge auf, die im Extremfall gar um das fast Vierfache überhöht war. Bei 78 Prozent der Geräte lag der gemessene Wert über der Sonnenbrandschwelle von 1,0 MED, bei zwei Geräten sogar bei 1,8 MED. Das ist mehr als das Vierfache der empfohlenen Dosis für nicht gebräunte Haut. Darüber hinaus wäre keines der getesteten Studios technisch in der Lage gewesen, die normgerechte Anfangsdosis für nicht vorgebräunte Haut (0,4 MED) einzustellen, obwohl die Probandin im Test jeweils gebeten hat, auf die leichteste Sonnenbank mit der kürzesten Bestrahlungszeit liegen zu können.

Sonnenbrand total

Dass dies kein Einzelfall ist, zeigte sich jüngst im Fall einer Konsumentin, die in der Konsumentenberatung der AK vorsprach: Die junge Frau wollte nicht braun werden, sondern sich lediglich im Winter eine Dosis Sonne gönnen. Sie hatte dazu ein Lustenauer Studio aufgesucht und gleich auch darauf hingewiesen, dass sie eine sehr empfindliche Haut habe und nicht braun werden wolle, auch das Gesicht wolle sie nicht bestrahlt haben. Nach der vom Personal geratenen Bestrahlung traute die Frau ihren Augen nicht: Sie war vom Hals abwärts puterrot, musste sogar ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen nachdem sie Schüttelfrost und Fieber bekommen hatte. Um diese ausgedehnte Verbrennung zu behandeln musste sie Tabletten schlucken und Salben auftragen. Die AK Vorarlberg hat diesen Fall bei der zuständigen BH angezeigt, außerdem werden auch alle anderen Testergebnisse den zuständigen Behörden übermittelt.

Hygienemängel, Beschädigungen

Aber nicht nur die überhöhte Strahlung stieß den Testern sauer auf: Drei der Geräte zeigten Mängel in der Funktionstüchtigkeit der UV-Bestrahlungsröhren, drei weitere wiesen Sprünge und Risse in den jeweiligen Liegeflächen auf. Zudem fielen acht der 18 Geräte durch Ungepflegtheit bzw. unhygienische Bedingungen auf, bei jedem zweiten Studio war keine Schutzbrille vorhanden.

Beratung: Fehlanzeige

Neben der Bestrahlungsintensität sowie der Beschaffenheit der Geräte wurde auch die Beratung in den jeweiligen Sonnenstudios getestet. Dabei konnte ebenfalls kein Einziges die Kriterien einer optimalen Erstberatung erfüllen. Ganz im Gegenteil: Es gab entweder unvollständige, falsche oder gar keine Beratung.

Überprüft wurden: Hinweis auf Gefahren der UV-Strahlung, Hauttypanalyse und Einschätzung des richtigen Hauttyps, Schutzbrille aktiv angeboten, Hinweis auf Abschminken, Hinweis auf kritische Medikamente, Befragung nach Hautkrankheiten, Befragung nach sonnenempfindlicher Haut, Frage nach letzter Besonnung, konkrete Empfehlung für nächst mögliche Besonnung, konkrete Empfehlung für maximale Häufigkeit der Besonnung.

Nur zwei Studios, nämlich Sun Club in Hard und Sun Dreams in Hohenems, konnten sechs von zwölf Punkten erreichen. Alle anderen Anbieter lagen zwischen 0 und vier Punkten. Damit ist die Beratung in allen getesteten Studios nicht ausreichend bzw. nicht vorhanden oder gar falsch. Das entspricht dem Recht des Kunden auf ausreichende Information vor einer Erstbesonnung in keinster Weise.

Tipps für den Sonnenstudio-Besuch

Bekannte Ärzte wie der Feldkircher Primar Robert Strohal, der übrigens auch die Test-Probandin nach ihrem Hauttyp einstufte, fordern eine deutliche Absenkung der Lampenstärken und in weiterer Folge ein generelles Verbot für Solarien – nicht nur für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren, wie das derzeit der Fall ist.

Wer bis dahin trotzdem nicht aufs Solarium verzichten möchte, sollte jedenfalls Folgendes beachten:

• Sollten Sie an Hautkrankheiten leiden, sonnenempfindliche Haut oder eine große Zahl von Muttermalen haben sollten Sie vor dem Besuch eines Solariums einen Arzt aufsuchen. Das gilt auch dann, wenn Sie kritische Medikamente einnehmen, welche die Lichtempfindlichkeit der Haut erhöhen (z. B. Antibiotika, Johanniskraut-Präparate).

• Tragen Sie vor der Besonnung keine Parfums, Körperlotionen oder Deos auf.

• Schminken Sie sich ab.

•Tragen Sie eine Schutzbrille!

• Benutzen Sie nur eine Sonnenbank die der EU-Norm entspricht (max. 4,35 MED/h).

• Menschen des Hauttyps I (rote Haare, sehr helle Haut, viele Sommersprossen) sowie Kinder und Jugendliche sollten generell auf einen Solariumsbesuch verzichten.

• Ein gutes Solarium mit einer kompetenten Beratung sollte Sie auf Risken und Gefahren aufmerksam machen. Gehen Sie keinesfalls öfter als ein Mal pro Woche ins Solarium.

• Rechnen Sie die Sonnenbelastung der Haut bei Beruf und Urlaub mit ein.

„Angesichts der verheerenden Testergebnisse ist der Gesetzgeber gefordert, die gesetzlichen Bestimmungen drastisch zu verschärfen. Wichtig wäre vor allem, regelmäßige Nachkontrollen zwingend vorzuschreiben“, erklärt die Leiterin der AK-Konsumentenberatung, Dr. Karin Hinteregger.

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