AA

Sobotka gibt sich im BVT-Ausschuss komplett unwissend

Für Sobotka vieles "nicht erinnerlich"
Für Sobotka vieles "nicht erinnerlich" ©APA
Die Rückkehr des Untersuchungsausschusses zur BVT-Affäre aus einer rund vierwöchigen Pause ist weniger spektakulär als vielleicht erwartet ausgefallen. Denn der ehemalige Innenminister und heutige Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) geizte bei seiner Befragung mit relevanten Informationen, war ihm doch vieles "nicht erinnerlich".

Die Opposition verbiss sich in E-Mails aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), die nahe legen, dass das Kabinett Sobotkas aus dem BVT Informationen für den ÖVP-Wahlkampf geordert hatte. Der JETZT-Abgeordnete Peter Pilz stellte hier den Verdacht von Amtsmissbrauch in den Raum.

Sobotka schloss hingegen aus, eine Bestellung für die Wahlkampagne in Auftrag gegeben zu haben. Wenn sein Kabinett Informationen geordert haben sollte, dann sei es darum gegangen, als Innenminister über aktuelle Themen informiert zu sein, die an ihn herangetragen werden könnten. So finde sich im Wahlprogramm ja auch nichts von dem Erfragten: “Es ging um die Sicherheit Österreichs.”

“Bin kein James Bond”

Überhaupt wollte Sobotka mit dem Verfassungsschutz nicht viel zu tun gehabt zu haben: “Ich bin kein James Bond, da kann ich Sie beruhigen.” Der Name der langjährigen Leiterin des Extremismus-Referats im Bundesamt sagte ihm bei der Befragung nichts.

Auch vom Belastungskonvolut, das die BVT-Affäre ausgelöst hatte, wusste der Parlamentschef “bis zum heutigen Tag” nichts. Seine Mitarbeiter hätten gewusst, wie man mit so anonymen Vorwürfen umgehe. Informationen seien an die zuständigen Stellen weitergeleitet, der Minister aber nicht persönlich informiert worden, da sich dieser sonst dazu äußern müsste.

Daran, dass Anwalt Gabriel Lansky ihn persönlich per Brief über die Vorwürfe informiert habe, erinnerte er sich nicht. Allerdings konnte es sich Sobotka auch kaum vorstellen, dass seine Mitarbeiter das Schreiben abgefangen hätten.

Sobotka auch in Pass-Causa nicht involviert

Persönlich will sich Sobotka auch in der koreanischen Pass-Causa nicht involviert haben. Er habe nach entsprechenden Medienanfragen seinen Kabinettschef gebeten, zu klären, ob hier alles korrekt abgelaufen sei.

Auch als Nationalratspräsident stand Sobotka im Visier der Opposition. Doch der Parlamentschef bestritt, dafür gesorgt zu haben, dass seine Amtszeit als Innenminister betreffende Akten einer höheren Geheimhaltungsstufe unterliegen. Er habe auch nicht mit Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) darüber gesprochen.

Zum Thema in der zu Mittag zu Ende gegangenen Befragung wurde auch die Aushebung eines Akts aus dem Staatsarchiv. Dass er diesen zunächst dem U-Ausschuss nicht zur Verfügung gestellt hat, begründete Sobotka damit, dass man nichts über einen Zusammenhang mit dem BVT gewusst habe und erst durch eine Anfrage von Pilz draufgekommen sei. Alle Akten, die zu liefern gewesen seien, seien auch geliefert worden.

“KBM-Auftrag”

Parteipolitisch motivierte Postenbesetzungen im BVT bestätigte Sobotka nicht. Man habe immer nach den bestqualifizierten Menschen gesucht. Die seien dann auch zum Zug gekommen.

Zweite Auskunftsperson war Michaela K. Die frühere Leiterin der Rechtsabteilung wollte trotz hartnäckiger Versuche der Opposition nicht bestätigen, dass ihre Expertise vom Kabinett bzw. vom damaligen Innenminister für den Wahlkampf 2017 missbraucht worden sei. Die drei Oppositionsparteien beriefen sich auf Emails, in denen das Sobotka-Kabinett von Michaela K. unter dem Stichwort “KBM-Auftrag” Informationen für den ÖVP-Wahlkampf geordert hatte.

Die Zeugin erinnerte sich an eine Besprechung zum neuen Anti-Terror-Gesetz in Frankreich. Es sei darum gegangen, ob man auch in Österreich gewisse Punkte daraus implementieren könne, um Sicherheitslücken zu schließen. Sie habe als Leiterin der Rechtssektion Problemfelder in der österreichischen Rechtsordnung erarbeitet sollen. “Das war für mich ein normaler Arbeitsauftrag.”

“Schutz der Österreicher erhöhen”

Auf die Frage, ob es üblich gewesen sei, dass solche Aufträge für ein Wahlprogramm erteilt werden, antwortete sie: “Meine Aufträge waren so zu erfüllen, dass sich ein Mehrwert daraus ergibt. Ich sehe meine Verantwortung darin, den Schutz der Österreicher zu erhöhen.” Sie habe nicht für die ÖVP, sondern für den Innenminister Aufträge erfüllt und “der Minister ist immer noch für die innere Sicherheit zuständig und für mich das oberste Organ”. So habe sie den Auftrag gesehen. “Ich habe meinen Auftrag nicht für die ÖVP erfüllt, sondern für den Herrn Bundesminister und die Bürger von Österreich.” “Ein Minister bleibt auch im Wahlkampf Minister. Mich hat als Beamtin der Wahlkampf nicht zu interessieren”, so K.

Die Zeugin überraschte mit der Aussage, das BVT verlassen zu haben, weil die Zusammenarbeit mit ihrem Vorgesetzten “unerträglich” geworden sei. Sie wolle keine Schmutzwäsche waschen, aber mit ihrem unmittelbaren Chef versteht sie sich gar nicht, weshalb sie ihren früheren Bereich, der ihr sehr ans Herz gewachsen war, aufgegeben habe.

Zu wenige Tresore

K. sagte zudem, dass Daten im BVT jetzt besser aufbewahrt werden, nachdem im Ausschuss vor Monaten bekannt geworden war, dass es im Bundesamt zu wenige Tresore gebe. Auch die Schulung der Mitarbeiter auf diesem Gebiet sei inzwischen verbessert worden, sagte K.

Keine Wahlkampf-Hilfe des BVT für die ÖVP. Damit lässt sich indes die Aussage von Manuel S. im BVT-Untersuchungsausschuss Dienstagnachmittag ziemlich simpel zusammenfassen. Auch wenn es die Opposition noch so forsch versuchte, der frühere Polizeireferent Sobotkas ließ sich von seiner Position nicht abbringen.

S., heute Gruppenleiter im Bundeskriminalamt, war zur Wahlkampf-Zeit einer der Polizeireferenten des Ressortchefs und der Zuständige für den Kontakt zum Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Wenn er von dort Informationen wollte, hat er das “zum Teil” selbst entschieden. “Nicht wirklich” habe es entsprechende Anweisungen des Ministers gegeben.

“Juristische Feinarbeit”

Während die Aussage der früheren Leiterin der Rechtsabteilung im BVT K. davor eher nahe gelegt hatte, dass es auch ein Ansuchen um inhaltlichen Support im Wahlkampf gegeben hatte, bestritt dies S. vehement. Es sei etwa um Informationen zum französischen Anti-Terror-Paket gegangen: Wörtlich sprach er von “juristischer Feinarbeit”.

Dass man die fachliche Expertise des BVT gesucht habe, liegt für S. auf der Hand. Schließlich habe es zur damaligen Zeit überall “gescheppert”. Die Inhalte, die zurückgekommen seien, hätte man aber gar nicht für eine Kampagne benützen können: “Mit sowas kann man nicht wahlkämpfen.” S. sollte es wissen. Er ist ÖVP-Mitglied, ÖAAB-Funktionär und Obmann der Volkspartei in einer Gemeinde im niederösterreichischen Bezirk Amstetten. Dass es Amtsmissbrauch gewesen wäre, hätte ein Kabinettsmitglied Wahlkampf-Infos vom BVT angefordert hat, hält S. für möglich.

Fortgesetzt wird der Ausschuss bereits am Mittwoch, prominenteste Auskunftsperson ist der frühere stellvertretende Leiter des BVT Wolfgang Zöhrer, gegen den jüngst die Ermittlungen in der Affäre eingestellt wurden. Ebenfalls befragt wird Andreas Achatz, früher Kabinettschef Sobotkas, später kurze Zeit auch Büroleiter von Staatssekretärin Karoline Edtstadler (ÖVP). Krankheitsbedingt abgesagt hat Mario F., der aus dem Heer kommend beim BVT angedockt hat und unter dem derzeitigen FPÖ-Minister angeblich für höhere Weihen vorgesehen ist.

(APA)

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Politik
  • Sobotka gibt sich im BVT-Ausschuss komplett unwissend