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Slowakei: Krankenhäuser vor dem Kollaps - Hilfe aus dem Ausland

Die Regierung hatte den Notstand ausgerufen, um Ärzte zur Arbeit zwingen zu können.
Die Regierung hatte den Notstand ausgerufen, um Ärzte zur Arbeit zwingen zu können. ©BilderBox.at
Der massivste Ärztestreik in der Geschichte der Slowakei hat das Gesundheitswesen des Landes am Freitag an den Rand des Zusammenbruchs gebracht. Mit dem Streik wehren sich die Mediziner gegen ihre Zwangsverpflichtung. Nach Angaben der Ärztegewerkschaft LOZ fehlten am Freitag 3.059 Ärzte, also etwas weniger als die Hälfte der 7.000 staatlichen Krankenhausärzte. Spitäler in Bratislava, Trnava, Trencin, Banska Bystrica und Presov meldeten Probleme. Österreich bot Hilfe für Notfälle an.

Die slowakische Regierung hatte am Dienstag den Notstand ausgerufen, um Ärzte unter Strafandrohung zur Arbeit zwingen zu können. Es hatten nämlich mehr als 2.400 Ärzte per Ende November gekündigt, um gegen niedrige Bezahlung und schlechte Arbeitsbedingungen zu protestieren. Slowakische Krankenhausärzte verdienen im Schnitt 1.600 Euro pro Monat. Auch wollten die Ärzte eine Transformation der Krankenhäuser in Aktiengesellschaften zur Erleichterung eines späteren Verkaufs verhindern.

Ärztegewerkschaft bleibt hart

Die Ärztegewerkschaft LOZ blieb hart und forderte die Regierung am Freitag zum Nachgeben auf, um eine Gefährdung von Leben und Gesundheit der Bürger abzuwenden. Vor allem die Kinderabteilungen sowie Anästhesiologie, Chirurgie und Gynäkologie seien bereits in mehreren Krankenhäusern “kollabiert”, teilte die Ärztevertretung auf ihrer Internet-Protestseite mit. “Die paar Ärzte, die noch auf ihren Plätzen geblieben sind, stehen unter einem gewaltigen Druck und sind bereits gefährlich überfordert! (…) Die Verantwortung, falls etwas passiert, liegt bei der Regierung!”, warnte LOZ-Vorsitzender Marian Kollar im TV-Sender TA3.

Tschechien schickt Militärärzte

Die Regierung bat die Nachbarstaaten um Hilfe. Tschechien versprach am Freitag die Entsendung von Militärärzten. Vor allem wird es sich um Chirurgen und Anästhesisten handeln, die in den Krankenhäusern in Bratislava und Trnava eingesetzt werden sollen. Ungarn versetzte 17 grenznahe Krankenhäuser sowie die Rettungsdienste in der Region in erhöhte Bereitschaft.

Österreich bietet an, Patienten aufzunehmen

Österreich bot an, slowakische Patienten in dringenden Notfällen in österreichischen Spitälern zu behandeln, wie die Sprecherin von Gesundheitsminister Alois Stöger (S) gegenüber der APA auf Anfrage sagte. Voraussetzung sei allerdings, dass in den Krankenhäusern Kapazitäten vorhanden sind, erklärte Sigrid Rosenberger. Infrage kämen Krankenhäuser in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland, die in der Nähe zum Nachbarland liegen. Eine Entsendung von Ärzten erwägt Österreich nicht.

Krankenhäuser bereit

Grenznahe Krankenhäuser seien gerüstet, hieß es aus Niederösterreich. Der Wiener Krankenanstaltenverbund teilte mit, dass die KAV-Spitäler als öffentliche Spitäler ihrem Versorgungsauftrag nachkämen. “Bis dato gab es aber noch kein vermehrtes Patientenaufkommen aus der Slowakei”, teilte Pressesprecherin Monika Sperber auf Anfrage mit. Auch dem Gesundheitsministerium ist bisher noch kein konkreter Fall bekannt.

Slowakische Medien zitierten dagegen schwangere Frauen, die sich darauf einstellen, ihr Kind in Österreich zur Welt zu bringen. Eine Schwangere sei bereit, bis zur Geburt ihres Babys jeden Tag auf einem Adventmarkt in Wien zu verbringen. Eine andere will nach den ersten Anzeichen für die Niederkunft aus einem Vorort von Bratislava ins nahe gelegene Hainburg eilen, berichtet das Internetportal “aktualne.sk”.

1.200 Ärzte bleiben hart

Die Streikfront der slowakischen Ärzte war zuletzt teilweise gebröckelt. Von den ursprünglich 2.400 Ärzten, die gekündigt hatten, nahmen rund 400 vor Ende November ein Kompromissangebot der Regierung an. Sie erhielten eine Gehaltserhöhung von 300 Euro monatlich für die Rücknahme ihrer Kündigung. Etwa 800 weitere gaben nach Ausrufung des Notstandes nach. 1.200 Ärzte hielten aber trotz Strafandrohung ihre Kündigung aufrecht und verweigerten die Arbeit. Viele von ihnen meldeten sich krank.

Gesundheitsminister bot  Rücktritt an

In der angespannten Situation hat Gesundheitsminister Ivan Uhliarik am Mittwochabend seinen Rücktritt angeboten, sollte dies den Protest der Ärzte beenden. In einer Pressekonferenz am Donnerstag erklärte er allerdings, dass er nicht glaube, dass sein Verbleib im Regierungsamt das einzige Hindernis für die Gewerkschaft LOZ sei. “Ich persönlich nicht”, antwortete er auf die Frage, ob er selbst zurücktreten wolle.

Kritik an den slowakischen Ärzten kam außerdem von höchster Stelle aus Prag: Präsident Vaclav Klaus bezeichnete den Streik als “außerordentliche Unverantwortlichkeit”.

(APA)

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