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Serbien: Auslieferung verweigert

Trotz massiven internationalen Drucks verweigert die serbische Regierung die Auslieferung mutmaßlicher Kriegsverbrecher an das UNO-Tribunal in Den Haag. Die Sozialisten drohen ihr mit dem Entzug der Unterstützung.

„Die einzigen Möglichkeiten sind die freiwillige Übergabe (der Angeklagten) und ihr Prozess vor heimischen Gerichten“, sagte Justizminister Zoran Stojkovic der Belgrader Zeitung „Blic“ (Dienstagausgabe). Die Sprecherin der UNO-Anklägerin Carla Del Ponte, Florence Artmann, kritisierte, der Justizminister verstoße mit seiner Position gegen die völkerrechtliche Verpflichtung der Regierung, die rund ein Dutzend in Den Haag Angeklagten zu verhaften und auszuliefern.

Die Sozialistische Partei (SPS) hat unterdessen gedroht, der serbischen Minderheitsregierung von Ministerpräsident Vojislav Kostunica die Unterstützung im Parlament zu entziehen. „Falls nur einer unserer Bürger ausgeliefert wird, werden wir nicht mehr die Regierung unterstützen“, sagte der SPS-Vorsitzende Ivica Dacic der Nachrichtenagentur Beta. Die SPS ist die Partei des in Den Haag angeklagten und in den Niederlanden im Gefängnis sitzenden früheren jugoslawischen Präsidenten Slobodan Miliosevic.

Die UNO-Anklägerin Del Ponte hatte der Regierung eine Frist bis Ende November gesetzt. Sollte bis dahin keiner der Angeklagten ausgeliefert werden, will sie sich beim UNO-Sicherheitsrat über die ausgebliebene Zusammenarbeit beklagen.

Der kroatische Ministerpräsident Ivo Sanader dagegen appellierte am Dienstag an den untergetauchten kroatischen General Ante Gotovina, sich dem UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zu stellen. Gotovina ist seit 2001 auf der Flucht. Kroatien halte den General für unschuldig, doch es bestehe nun einmal eine Anklage des Haager Tribunals. Es sei daher seine Pflicht, auf die Fragen des Tribunals zu antworten, erklärte Sanader nach Angaben der Tageszeitung „Novi List“.

Die Akte Gotovina dürfe keinen Vorwand für eine „Erpressung“ Kroatiens darstellen, wenn das Land alle von der EU geforderten Kriterien erfülle, betonte der Regierungschef, dessen Partei „Kroatische Demokratische Gemeinschaft“ (HDZ) vom verstorbenen Staatschef Franjo Tudjman gegründet worden war.

Die Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal ist eine der wesentlichen Bedingungen für die Aufnahme Kroatiens in die EU. Die Europäische Kommission hatte Anfang Oktober die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Zagreb Anfang 2005 empfohlen, zugleich aber auf die Verpflichtungen Kroatiens gegenüber dem Haager Tribunal hingewiesen.

Die Regierung in Zagreb behauptet , den Aufenthaltsort des Generals nicht zu kennen. Der 49-jährige Gotovina war untergetaucht, nachdem das Haager Tribunal im Juli 2001 Anklage wegen seiner Rolle bei einem Massaker an mindestens 150 kroatischen Serben gegen Ende des Krieges 1991 bis 1995 erhoben hatte.

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