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Sensibel gegenüber Gewalt

Frauen reagieren gegenüber Gewalt sensibler als Männer, Liechtensteinerinnen sensibler als Bündnerinnen, und eine "Gewaltbeziehung" dauert im Schnitt 11 Jahre.

Das sind Ergebnisse der am Freitag vorgestellten Studie “Gewalt hat (k)ein Zuhause”. Die in Vaduz©FL präsentierte Studie ist Teil des Interreg- Projekts “Grenzen überschreiten – Grenzen setzen”. Was die Bevölkerung als Gewalt in Paarbeziehungen bezeichnet, wurde mit Telefoninterviews im Kanton Graubünden, im Fürstentum Liechtenstein und im österreichischen Bundesland Vorarlberg in Erfahrung gebracht.

Bei der Definition von Gewalt gab es markante Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Frauen reagieren gegenüber Gewalt sensibler als Männer, haben aber prinzipiell keine andere Gewaltdefinition als Männer.

Unterschiede gibt es überdies nach Wohnort. Am sensibelsten gegenüber Gewalt sind Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner, gefolgt von den Vorarlbergerinnen und Vorarlbergern sowie der Bevölkerung im Kanton Graubünden.


Ökonomische Gewalt kaum mehr wahrgenommen

Die Studie ergab weiter, dass das Bewusstsein bei körperlicher Gewalt ausgeprägter ist als bei sexueller. Und psychische Gewaltformen wie etwa Drohungen werden seltener als Gewalt wahrgenommen. Aussprüche wie „ich nehme dir die Kinder weg“ wurden nur von 70 Prozent der Befragten als Gewalt bezeichnet.

Praktisch nicht mehr als Gewalt wahrgenommen wird die ökonomische Gewalt. Gerade diese Gewaltform aber hindert vor allem Frauen daran, eine Gewaltbeziehung zu beenden.

Die Dauer von Beziehungen mit Gewaltelementen reicht von 2 bis 34 Jahren. Die durchschnittliche Dauer beträgt 11 Jahre. Frauen sind in Beziehungen meist von verschiedenen Gewaltformen und mehrfach betroffen. Gewalt in Paarbeziehungen tritt oft wellenförmig auf und spielt sich im privaten Bereich ab.

Professionelle Hilfe erst am Schluss

Hilfe von aussen in Anspruch zu nehmen, empfinden manche Frauen als Eingeständnis, es nicht mehr alleine zu schaffen. Unterstützung erhalten die Betroffenen vor allem von Freundinnen. Professionelle Hilfe wird erst in der Trennungsphase in Anspruch genommen. Viele Frauen sagten in Interviews, dass sie es mit dieser Hilfe geschafft hätten, sich aus einer Gewaltbeziehung zu lösen.

Die Studie „Gewalt hat (k)ein Zuhause“ hat laut den Regierungen Liechtensteins, Vorarlbergs und Graubündens deutlich gemacht, dass zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen in Ehe und Partnerschaft noch sehr viele Felder zur Bearbeitung offen sind. Zentral wird die Öffentlichkeitsarbeit zur vermehrten Bewusstseinsbildung sein.

Verbesserungen sind hauptsächlich im nächsten Umfeld von Frauen nötig, die Gewalt erfahren haben. Das Umfeld ist laut Studie meistens überfordert, weshalb ein entsprechender Leitfaden erstellt werden soll.

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