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Segolene Royal: Eine "Gazelle" läuft

Frankreich: Bei den französischen Sozialisten lichtet sich das Feld der Bewerber um die Nachfolge von Staatspräsident Jacques Chirac im Frühjahr 2007.

Erst haben sie nahezu ungläubig den kometenhaften Aufstieg der 53-jährigen Ségolène Royal bestaunt, dann strategische Überlegungen angestellt sowie die eigenen Chancen gegen die beliebte Regionalpolitikern ausgelotet. Als es jetzt daran ging, offiziell in das Rennen um die sozialistische Kandidatur für das Präsidentenamt zu gehen, blieben zwar noch ein paar der „Elefanten“ übrig, die schon so lange die linke Politlandschaft bevölkern. Die Chancen der auch schon „Gazelle“ genannten Lebenspartnerin von Parteichef Franñois Hollande, in den Kampf um den Elysée-Palast zu gehen, stiegen indessen aber noch an.

„Der Staatsstreich der Segolene Royal in der Sozialistischen Partei.“ So qualifizierte die Pariser „Le Monde“ am Sonntag die geschickte Art und Weise, wie die dreifache Ministerin und frühere Beraterin von Präsident Franñois Mitterrand den Parteiapparat von außen einzunehmen begonnen hat, von öffentlicher Zustimmung getragen.

Zunächst hatte der Royal-Gegner und frühere Premierminister Lionel Jospin das Handtuch geworfen und wird jetzt mit dem ihm verbliebenen Einfluss aus dem Hintergrund agieren. Er hält die von einer Welle der positiven Umfragen gestützte Royal schlichtweg nicht für fähig und zu weit von der Partei und von der klassischen linken Politik entfernt. Dann machte Hollande deutlich, dass es doch schon zu viele Bewerber für die Kandidatur gebe: „Ich diene der Partei und nicht umgekehrt“, mit diesen Worten überließ der 52-Jährige seiner Lebensgefährtin das Feld.

Unbeirrbar ging dagegen der ehemalige Wirtschaftsminister Dominique Strauss-Kahn in die Schlacht um die Gunst der Mitglieder. Er sei schlichtweg „das beste Bollwerk gegen die Rechte“, mit diesen Worten meldete der für seine sozialdemokratischen Positionen bekannte Strauss-Kahn (57) seine Bewerbung mit an. Weiter links angesiedelt ist der frühere Premierminister Laurent Fabius, der sich am Sonntag als zweiter „Elefant“ innerhalb der bis Dienstag laufende Frist für die Bewerbung in den Ring begab. Dem 60-Jährigen werden indessen noch weniger Chancen als Strauss-Kahn nachgesagt, „Madame Genossin Royal“ vom Podest verdrängen zu können. Nur der einstmals als Kulturminister beliebte Jack Lang (67) ließ mit seiner Entscheidung länger auf sich warten. Es mangelte ihm offenbar an Rückendeckung für seinen Start.

Royals Konkurrenten haben sich bisher getäuscht, als sie meinten, die sich aufbauende Welle der Popularität werde schon wieder abebben. Nun müssen sie ihr Glück in drei Fernsehdebatten versuchen, ehe dann die Parteimitglieder am 16. November ihr Votum darüber abgeben, wen die PS im Frühjahr 2007 in den Kampf um den Elysée-Palast schickt – vermutlich gegen den rechten Innenminister Nicolas Sarkozy. Der Rückzug Jospins könnte bedeuten, dass die von ihren innerparteilichen Gegnern als zu „populistisch“ kritisierte Royal die „Elefanten“ im ersten Wahlgang hinter sich lässt. Falls nicht, folgt am 23. November eine Stichwahl.

„Ségolène Royal hat die Sozialistische Partei über den Hebel der öffentlichen Meinung erobert und hofft jetzt, den Parteiapparat über die Mitglieder einzunehmen“, brachte es die Zeitung „Nice-Matin“ auf den Nenner. Die Animositäten in der ebenso traditionsreichen wie zurzeit zersplitterten Oppositionspartei dürften so rasch nicht beendet werden, Sticheleien nicht verstummen. Erst nach dem November- Votum könnte die Partei wieder klar sehen, wer ihr eigentlicher Gegner ist.

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