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Scorsese und die Stones zelebrieren den Rock

Wenn die Rolling Stones so richtig in Fahrt kommen, sind sie wohl tatsächlich eine der besten Bands der Welt. [Mit Videos]

Und wenn jemand wie Martin Scorsese sagt, er möchte die Energie und die faszinierende Ausstrahlung der seit 1962 tätigen Rock-Dinosaurier auf Zelluloid bannen, müssen Mick Jagger, Keith Richards, Ron Wood und Charlie Watts nicht mehr extra motiviert werden. Auch wenn sie es dem Star-Regisseur bei der Aufzeichnung zweier Konzerte im New Yorker Beacon Theatre nicht leicht gemacht haben: eine Liste mit der Reihenfolge der Songs? Gibt’s nicht. Wann kommen die Gäste? Das wird sich alles zeigen. Aber Scorsese und sein exzellentes Kamera-Team haben Ruhe bewahrt – ab Freitag (4.4.) kann man sich davon in “Shine A Light” überzeugen.

Der oscar-gekrönte Regisseur hat die Anstrengung, die ihn die Stones gekostet haben, in eine launige Eingangssequenz gepackt. “Wir müssen mit dem Licht näher ran”, heißt es da etwa, doch wenn Mick Jagger den Scheinwerfern zu nahe komme, werde er verbrennen. Scorsese fragt nach: “Sie meinen, so richtig, mit Flammen?” Ein Nicken ist die Antwort. Doch irgendwann sind die Kamerakräne positioniert, ist das Licht eingestellt, steht vor, neben, über und auf der Bühne alles bereit, um der ausgeklügelten Konzeptarbeit Genüge zu tun. Wie raffiniert das alles ist, merkt man dann, als die Rolling Stones die Bühne betreten und loslegen – für lange Zeit kommt nämlich nicht eine der 14 Hightech-Kameras ins Bild.

Doch bei all der Leichtigkeit soll auch die Arbeit, die hinter dem Dreh steckt, nicht verborgen bleiben – weswegen bald die allgegenwärtige Präsenz der wuselnden Mitarbeiter und technischen Gadgets immer wieder ins Bild rücken. Im Zentrum stehen aber natürlich die vier Rockgiganten auf der Bühne, allen voran Mick Jagger, den die Kameras zumeist sehr nahe und in all seiner Energie einfangen. Die Künstler werden richtiggehend bei der Arbeit vorgestellt, teils fantastische Bilder lassen fast intime Momente entstehen, die man aus der Distanz wohl kaum erleben könnte. Da sich die Montage an den Rhythmus der Musik hält, wird der Konzertfilm teils nahezu zum Tanzfilm, was einen schon beeindruckt in den Kinosessel sinken lässt.

Womit wir aber auch schon beim größten Problem des Films wären: der Kinosessel. 23 Songs werden in dem zwei Stunden dauernden Film zum Besten gegeben, größtenteils in voller Länge, mit Jack White, Buddy Guy und Christina Aguilera als Gästen und einigem zwar humorvoll und passend, aber nicht sonderlich einfallsreich sortiertem Archivmaterial zwischengeschnitten. Alles in allem ist “Shine A Light” ein klassischer Live-Konzertfilm mit mitreißender Musik und äußerst beweglichen Protagonisten. Sich hierbei nicht selbst zu bewegen oder zu tanzen, gleicht einem Frevel – dafür muss man aber wohl noch auf die DVD warten.

Wer mehr über die Stones und ihre Essenz erfahren will, ist bei diesem Film auch nicht wirklich richtig. An dieser Stelle böte sich Jean-Luc Godards “Sympathy For The Devil” (1968) an, in dem ersichtlich wird, wieviel Arbeit Jagger und Co. in ihre Songs – bzw. vor allem den Titelsong – gesteckt haben. Und auch die gesellschaftliche Komponente, die bei Godard noch klar zum Ausdruck kam, spielt bei Scorsese kaum eine Rolle: Ins Beacon Theatre kamen im Herbst 2006 zwar Bill und Hillary Clinton mit zahlreichen Gästen – doch abgesehen von prominenten Logengästen (und einem Aufruf zum Klimaschutz) hätte dem Konzertfilm ohne sie auch nichts gefehlt. Denn ob sich die Erde weiterdreht, seht ihr, wenn das Licht angeht… (Daniel Ebner)

Die Page zum Film

Trailer:

The Rolling Stones – “Angie”

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