Schweizer Buchpreis 2023 geht an Christian Haller

Die Jury hob an der Erzählung die "Klarheit, Schönheit und Einfachheit" hervor, wie deren Präsident Michael Luisier sagte. Der 80-jährige Haller setzte sich mit seinem Werk gegen die jüngere Kollegin Sarah Elena Müller und seine ebenfalls jüngeren Mitnominierten Demian Lienhard, Matthias Zschokke und Adam Schwarz durch.
Den Ausgangspunkt für "Sich lichtende Nebel" bildet eine Beobachtung: So sieht im Frühjahr 1925 in Kopenhagen ein Mann, wie ein anderer Mann nachts den Lichtkegel einer Laterne durchschreitet, im Dunkel verschwindet und im nächsten Lichtkegel wieder auftaucht. Er vergisst diese Beobachtung sogleich wieder, bis sie ihm Wochen später wieder in Erinnerung tritt und hilft, eine Lösung für ein physikalisches Problem zu finden.
Davon erzählt Hallers Novelle "Sich lichtende Nebel". Der Beobachter heißt Werner Heisenberg, das zu lösende Problem führt zu der später nach ihm benannten Unschärferelation.
Der Mann im Lichtkegel ist ein gewisser Helstedt, ein pensionierter Historiker und eine Erfindung Hallers. Dieser Helstedt erlebt hin und wieder Besorgnis erregende Zustände, in denen er sich und seine Umwelt als pure, flirrende Energie wahrnimmt.
Im Wechsel erzählt die Novelle einmal von Heisenberg, einmal wiederum von Helstedt und demonstriert an ihnen beiden, wie unscharf die Wahrnehmung der Welt im Grunde ist. Das physikalische Problem erhält dabei lebhafte Anschaulichkeit. Haller hebt das eine im anderen auf und bezeugt so seine doppelte Faszination für die naturwissenschaftliche Beobachtung wie für das literarische Schreiben.
Volkstümlich formuliert besagt die Heisenbergsche Unschärferelation, dass ein beobachteter Gegenstand durch die Beobachtung selbst verändert wird, dass also keine Objektivität möglich ist. So nah wie hier sind sich Literatur und Physik selten. Christian Haller fängt diese Nähe auf ausgesprochen reizvolle, gescheite Weise ein.
(APA/sda)
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