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Schwanger und Obdachlos – Paar sucht dringend Unterkunft

Trotz widrigster Umstände füreinander da: Markus und Bettina.
Trotz widrigster Umstände füreinander da: Markus und Bettina. ©Stiplovsek
Seit knapp einem Jahr leben Markus und Bettina in einem nasskalten Zelt am Ufer der Dornbirner Ach. Nun ist ein Kind unterwegs, die beiden suchen dringend eine neue Unterkunft. WANN & WO hat die werdenden Eltern getroffen.

Nebelschwaden hängen tief über dem beinahe vollständig zugefrorenen Flussbett. Es ist bitterkalt – schon jetzt, im Dezember. Am Ufer steht ein Großraum-Zelt, vom Schnee eingedrückt, von der Feuchtigkeit gezeichnet – es schimmelt überall. Hier leben seit einem Jahr Bettina Schöttl (29) und Markus Wolf (31).

Vergebliche Wohnungssuche

Die beiden arbeiten gewöhnlich als Maurer, Bettina war sogar schon als Elektrikerin und Tischlerin tätig. Derzeit erhält das Paar seine Bezüge vom AMS – keine Baustelle, kein Job. Anfang des Jahres begab sich das junge Paar auf Wohnungssuche – bisher jedoch ohne Erfolg. „Wir haben bereits im Frühjahr nach einer Bleibe gesucht, aber leider nichts gefunden. Stadt und Ämter vertrösteten uns bisher immer wieder. Wir entschlossen uns deshalb, unser Lager an der Ach aufzuschlagen – es sollte ein Abenteuer werden, wie man es nur einmal im Leben macht“, berichtet Markus. Doch nun ist das Abenteuer zu Ende – die beiden Obdachlosen erwarten Nachwuchs.

Niederkunft im Holzverschlag

Markus und Bettina umarmen sich, während sie unsere Fragen beantworten. Markus: „Hier hat es im Winter bis zu -20 Grad. Es ist wirklich bitterkalt. Zudem haben wir immer wieder kleine Besucher in Form von Mäusen oder Schlangen, die von unseren Vorräten mitnaschen wollen.“ Ihre erste Unterkunft war ein Holzverschlag, in dem sie ein kleines Zelt platzierten, ehe sie von einer Freundin ein Großraum-Zelt geschenkt bekamen. An einer kleinen Feuerstelle suchen sie Schutz vor der Kälte, nachts schenken sie sich eng aneindergekuschelt Wärme. „Im Sommer kam es dann zur Schwangerschaft“, verrät Bettina mit einem Lächeln, „die Nachricht darüber hat uns sehr gefreut. Nur rückt nun der Geburtstermin immer näher und draußen wird es immer kälter. Ich hätte zwar schon die Möglichkeit, in ein Frauenhaus zu gehen, dort darf aber Markus nicht mit. Und ich kann ihn doch nicht alleine im Zelt lassen. Da erfriert er mir. Ich möchte auf jeden Fall mit ihm zusammen sein.“

Positives Denken statt Verzweiflung

Trotz ihrer misslichen Lage, verlieren die beiden nicht die Hoffnung, dass sich ihre Wohnsituation doch noch zum Guten wendet. „Natürlich bin ich manchmal verzweifelt und weiß nicht, wie es weitergehen soll. Die Polizei wollte uns auch schon mehrere Male vertreiben – das macht das Ganze nicht einfacher. Aber positive Gedanken und der Wille, nicht aufzugeben, sind mein innerer Antrieb“, schildert Markus seine Emotionen.

Von Zuhause kann sich das Paar keine Hilfe erwarten, wie sie erzählen. Bettina hatte eine schwere Kindheit, den Kontakt zu ihren Eltern hat sie längst abgebrochen. Auch Markus hat kein gutes Verhältnis zu seiner Mutter. „Es sind viele schlimme Dinge vorgefallen. Zu unseren Eltern zu gehen, ist keine Option“, sind sich beide einig.

Hilfe von mehreren Seiten

Ganz auf sich alleine gestellt sind die werdenden Eltern aber auch derzeit nicht. Freunde und Bekannte helfen ihnen mit dem Nötigsten aus. Auch das Ex & Hopp unterstützt sie seit einiger Zeit. Markus: „Wir nehmen keine Drogen, uns hilft das Ex & Hopp auf andere Art und Weise: Wir haben in der Drogenberatungsstelle unsere Postadresse, können dort duschen und unsere Wäsche waschen. Zudem hat uns die Einrichtung zwei neue Schlafsäcke zur Verfügung gestellt. Wir möchten uns an dieser Stelle bei allen Menschen bedanken, die uns geholfen und unterstützt haben.“

Wohnung gesucht!

„Wir möchten unbedingt eine kleine, glückliche Familie werden“, äußert Markus seinen Wunsch nach einer besseren Zukunft. Wer den beiden die Chance dazu geben möchte, wird dringend gebeten, unter ­angelusnemesis@hotmail.com oder harald.kueng@wannundwo.at Kontakt aufzunehmen!

Statements

Marion Kuch, Dornbirn: „Ich habe Markus und Bettina beim Spazieren kennengelernt. Es handelt sich um liebe und ehrliche Menschen. Ich habe sie mittlerweile sehr ins Herz geschlossen und bringe ihnen auch manchmal eine Jause. Hin und wieder fragen mich die Leute: ‚Wie kannst du nur mit solchen Asozialen reden?‘ Sie kennen die beiden aber nicht. Würden sie sich mit ihnen unterhalten, würden sie anders über sie denken. Es ist eine Schande, dass die beiden bisher nirgends untergekommen sind. Jedes Tier wird bei dieser Kälte ins Warmegeholt. Vor´allem ist nun ein Kind unterwegs – ich könnte weinen, wenn ich daran denke, was die beiden durchmachen. Das ist einfach unmenschlich.“

Martin Schwendinger, Wohnungsamt Stadt Dornbirn: „Bei uns ging der Antrag für eine Wohnung am 20. November ein – es wurde noch keine Entscheidung getroffen. Einmal monatlich gibt es einen Wohnungsausschuss, für Dezember steht dieser noch aus. Wir hatten keine Kenntnis über die aktuelle Situation der beiden. Es ist in diesem Fall aber klar Dringlichkeit gegeben.”

Michael Diettrich, Dowas Bregenz: „Unsere Notschlafstelle ist in erster Linie für Menschen aus dem Raum Bregenz vorgesehen. Dornbirn hat mehr Ressourcen und wäre hier eigentlich verantwortlich. Die beiden können aber gern einmal Kontakt zu uns aufnehmen.”

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