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Schüsse, tote Steinböcke und ein Rettungseinsatz

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Jagdposse um Laternser Bürgermeister Ludescher.

von Michael Gasser/VN

Die Anspannung dürfte groß gewesen sein. Als der passionierte Jäger und Laternser Bürgermeister Heinz Ludescher (53) im August dieses Jahres in seinem Damülser Jagdrevier einen Steinbock vor die Flinte bekam, war das der Startschuss zu einer veritablen Jagdposse. Weil Ludescher nicht ein-, sondern mehrmals geschossen hatte, stürzten im „Kugelhagel“ zwei Steinböcke im steinigen Gelände am Ragazer Blanken in die Tiefe. Jagdglück schaut dennoch anders aus. Der Doppeltreffer brachte den Weidmann gleich mehrfach in die Bredouille. Weil er sich offensichtlich nicht in der Lage sah, die Trophäen selbst zu bergen, klingelte jedenfalls wenig später bei der örtlichen Bergrettung das Telefon. Ein entsprechender Einsatz ist bei der Rettungs- und Feuerwehrleitstelle des Landes protokolliert. Auch die Jagdbehörden sollten sich des ungewöhnlichen Falles annehmen.

„Private Angelegenheit“

Der streitbare Laternser Bürgermeister selbst zieht es vor, die Erinnerungen an den Jagdausflug nicht mit der Öffentlichkeit zu teilen. Das jedenfalls ließ er die VN wissen. „Geht niemanden etwas an“, mehr war von Ludescher persönlich nicht in Erfahrung zu bringen. Seine Schilderung zum „Jagdunfall“ hatte er allerdings bereits den Behörden gemeldet. Entsprechende Recherchen lassen den Vorfall nachkonstruieren. Ein zuerst getroffener Steinbock war offensichtlich nicht auf der Stelle tot. Das Nachladen verlangte zudem die gesamte Konzentration. Dass er beim zweiten Schuss auf ein ganz anderes Tier gezielt hat, will Ludescher gegenüber den Jagdbehörden jedenfalls nicht bemerkt haben. „Zu seinem eigenen Erstaunen stellte er später fest, dass es sich um zwei verschiedene Tiere handelte“, gab er den Behörden zu Protokoll.

Das doppelte Jagdglück hat jetzt jedenfalls ein Nachspiel: Weil im Revier nur ein Steinbock zum Abschuss genehmigt war, droht eine schmerzhafte Strafe. Keine, die mit ein paar Hundert Euro zu regeln wäre. Steinwild wird Ludescher in den nächsten Jahren keines mehr schießen dürfen, ließen die Behörden durchblicken.

Bergrettung verteidigt Einsatz

Der missglückte Jagdausflug des Bürgermeisters ist Thema an Stammtischen in den Talschaften. Wobei weniger das Jagdrecht, als vielmehr die Bergeaktion des erlegten Wildes für Gesprächsstoff sorgt. Bernd Madlener ist Ortsstellenleiter der Bergrettung in Damüls. Er verteidigt den ungewöhnlichen Einsatz. „Es wäre unverantwortlich gewesen, wenn sich jemand, der nicht über die entsprechende Ausrüstung und Erfahrung verfügt, bei einer Bergung selbst in Gefahr gebracht hätte“, so der Bergretter. Es habe sich jedenfalls nicht um eine Gefälligkeit für den Bürgermeister gehandelt, versichert Madlener. Einen missbräuchlichen Einsatz der Rettungsorganisation schließt er jedenfalls kategorisch aus.

Ludescher schon einmal beteiligt

Dass die Bergrettung ausrücken muss, um erlegtes Wild zu bergen, kommt höchst selten vor. „Alle paar Jahre“, heißt es in der Damülser Rettungsstelle. 2018 scheint allerdings ein Ausnahmejahr zu sein. Denn bereits eine Woche vor den beiden Steinböcken waren die Bergretter mit einem Wild beschäftigt, wie Bernd Madlener entsprechende VN-Informationen bestätigt. Ein an Gamsblindheit erkranktes Tier wurde demnach in unwegsamem Gelände erlegt. Pikantes Detail: Der Jäger, der die Retter alarmierte, war auch damals Bürgermeister Heinz Ludescher.

In der Zentrale der Vorarlberger Bergrettung sieht man die Einsätze, die für die betroffenen Jäger kostenlos geleistet werden, mit Gelassenheit. Landesleiter Martin Burger verweist auf die Statuten des Vereins, die umfangreiche Aufgaben beschreiben. Dazu zähle eben auch die Bergung von Tieren im alpinen Gelände. Auch wenn erlegtes Wild nicht explizit aufgelistet ist, falle dies doch in diesen Bereich. Burger jedenfalls sieht keinen Missbrauch seiner Organisation durch einzelne Jäger. „Das sind ganz offizielle Einsätze mit normalen Abläufen und keine Gefälligkeiten.“ Privateinsätze würden von der Vorarlberger Bergrettung nicht unterstützt. Bevor sich ein Jäger in Gefahr bringe, sei man eben auch präventiv gefordert.

Den Artikel lesen Sie auch in der aktuellen Ausgabe der Vorarlberger Nachrichten und online auf vn.at.

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