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Schröder und Chirac demonstrieren Einigkeit

Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder und der französische Staatspräsident Jacques Chirac haben "nahtlose Übereinstimmung" in wichtigen internationalen Fragen demonstriert.

Beide Politiker forderten bei einem Treffen am Montag in Blomberg eine Reform des europäischen Stabilitätspaktes und eine Neuformulierung der europäischen Dienstleistungsrichtlinie. Zudem sprachen sie sich für einen Rückzug der syrischen Truppen und Geheimdienste aus dem Libanon aus. Die beiden Politiker erhöhten außerdem den Druck auf den Iran.

Die EU-Dienstleistungsrichtlinie könne in der vom früheren Wettbewerbskommissar Frits Bolkestein konzipierten Form „auf gar keinen Fall Geltung bekommen“, betonte Schröder. Frankreich und Deutschland „wäre es am liebsten, man änderte den Entwurf nicht nur, sondern formulierte einen neuen“. Man müsse Dienstleistungsfreiheit so erreichen, dass sie nicht im Lohndumping ende und nicht alle sozialen Bezüge verschütte.

Beide Politiker äußerten sich optimistisch über die geplante Reform des EU-Stabilitätspaktes und kündigten darüber Gespräche mit dem amtierenden EU-Ratsvorsitzenden Jean-Claude Juncker an. Der Pakt müsse besser an die wirtschaftliche Situation Frankreichs und Deutschlands angepasst werden, betonte Chirac. Bei der Defizitgrenze dürften nicht alle Staatsausgaben gleich behandelt werden. Ausgaben für Verbrauchsgüter müsse man anders behandeln als Forschungs- und Verteidigungsausgaben oder Beiträge an die EU.

Beide Staatsmänner verlangten außerdem einen schnellen Rückzug Syriens aus dem Libanon. Deutschland und Frankreich wollten den Rückzug der syrischen Streitkräfte und auch aller Geheimdienste aus dem Libanon, sagte Chirac. Das libanesische Volk müsse sich demokratisch entscheiden können. Schröder betonte die vollständige Übereinstimmung mit Frankreich in dieser Frage.

Schröder und Chirac forderten darüber hinaus den Iran zum Verzicht auf Atomwaffen auf. „Die iranische Führung muss einsehen, auf die Produktion und Verfügung von atomaren Waffen zu verzichten und das Nuklearprogramm ausschließlich friedlich zu benutzen“, sagte Schröder. In den Verhandlungen mit dem Iran über dessen Atomprogramm werde es darum gehen, für den Verzicht „auch objektive Garantien zu bekommen“, sagte der Kanzler weiter. Das sei eine gemeinsame französisch-deutsche Position, der auch Großbritannien zustimme.

Deutschland und Frankreich hätten zudem „den Eindruck, dass auch die amerikanische Administration diesen Ansatz sehr wohl unterstützt“. Deswegen erwarte man, in den Verhandlungen „auch genügend Überzeugungskraft entwickeln zu können“. Den Ausführungen Schröders fügte Staatspräsident Chirac hinzu: „Ich hätte dieselbe Erklärung wie der Bundeskanzler abgeben können.“

Es war das erste Mal, dass der deutsche Kanzler einen ausländischen Politiker in seiner Heimat an der Lippe traf; nach Blomberg wurde 1970 Schröders Geburtsort Mossenberg eingemeindet. In der Kleinstadt wurde den beiden Politikern ein betont herzlicher Empfang bereitet. Mehrfach nahmen Schröder und sein – wie er sagte – „enger politischer und persönlicher Freund“ Chirac ein Bad in der Menge. Die Sicherheitsvorkehrungen standen in krassem Gegensatz zu den umfangreichen Sperrungen beim Besuch von US-Präsident George W. Bush vor zwei Wochen in Mainz.

Am Montagnachmittag flog Chirac nach Paris zurück, wo am 18. März ein weiteres Treffen mit Schröder, aber auch dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem spanischen Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero geplant ist.

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