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Schönborn sieht Wiener Stephansdom weniger gefährdet als Notre Dame

Kardinal Christoph Schönborn sieht den Wiener Stephansdom weniger gefährdet als Notre Dame.
Kardinal Christoph Schönborn sieht den Wiener Stephansdom weniger gefährdet als Notre Dame. ©APA/AFP/ERIC FEFERBERG
Notre Dame in Paris steht in Flammen, das Dach der weltberühmten Kathedrale ist eingestürzt. Ein Großaufgebot der Feuerwehr kämpfte am Montagabend verzweifelt gegen das Inferno. Wiens Erzbischof Kardinal Schönborn zog in der ZIB2 einen Vergleich zum Wiener Stephansdom.
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“Ich bin traurig, dass ich heute Abend sehen muss, wie dieser Teil von uns allen brennt”, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Das Feuer war am frühen Abend aus noch ungeklärter Ursache ausgebrochen. Fernsehberichten zufolge ging die Polizei von einem Unglück aus. Es liefen gerade Renovierungsarbeiten. Dem Pariser Innenministerium zufolge gab es zunächst keine Berichte über Verletzte.

Die Flammen breiteten sich im Dachstuhl rasant aus und ergriffen früh den Spitzturm mitten auf dem Dachfirst. Er stürzte kurz darauf ein, bald gefolgt vom ganzen Dach. Gewaltige graue Rauchwolken stiegen über Paris in den Himmel und waren kilometerweit zu sehen. In einem weiträumigen Gebiet ging Asche nieder. Die Feuerwehr war mit Wasserschläuchen und Drehleitern im Einsatz. Das Viertel rund um Notre Dame wurde evakuiert. Die Kathedrale liegt auf der Ile de la Cite, einer Insel in der Seine mitten im Zentrum der französischen Hauptstadt.

Notre Dame: Schönborn sieht Wiener Stephansdom weniger gefährdet

Kardinal Christoph Schönborn sieht den Wiener Stephansdom einer unvergleichlich geringeren Brand-Gefahr ausgesetzt als Notre Dame. Seit dem Brand von 1945, als der hölzerne Dachstuhl niedergebrannt war, habe man nämlich eine Stahlkonstruktion, sagte er in der “ZiB2”.

“Es ist zum Weinen. Ich bin unendlich traurig und hoffe, dass die Gewölbe nicht einstürzen und die wunderbaren gotischen Glasfenster nicht kaputt gehen”, sagte der Wiener Erzbischof am Montagabend in der ORF-“Zeit im Bild 2”. Er hoffe, dass alle sich zusammentun werden, um Notre-Dame wieder aufzubauen. “Notre Dame muss wieder aufgebaut werden”, sagte Schönborn.

Feuerwehrsprecher Feiler: Sehr heikler Einsatz

Der Sprecher der Wiener Berufsfeuerwehr, Christian Feiler, sprach am Montagabend gegenüber der APA von einem sehr heiklen Einsatz bei Notre Dame, nicht zuletzt wegen der Aufbringung von kaltem Wasser auf stark erhitzten Natur- oder Sandstein.

“Die Schwierigkeiten bei der Brandbekämpfung sind für einen Laien kaum vorstellbar: Im Dachstuhl solcher Kirchen befinden sich Unmengen von altem, historischem Holz.” Dieses brenne sehr gut. Noch dazu gebe es keine Brandabsaugung. Das bedeute eine enorme Hitzeentwicklung.

Das Aufbringen von kaltem Wasser auf den sehr stark erhitzten Sand- oder Naturstein wäre fatal, weil es das Gemäuer zum Springen und im Extremfall zumindest schwere Schäden, wenn nicht den Kollaps des Gebäudes auslösen könnte. “Das bedeutet, ich muss sehr treffsicher löschen”, sagte Feiler. Allerdings wisse man oft nicht genau, wo zu löschen ist. Es würde wohl Sinn machen, dass man Teilbereiche des Gebäudes aufgebe und andere zu halten versuche.

Ein Einsatz von Löschflugzeugen oder Hubschraubern wäre nicht sinnvoll: “Das Dach ist so konstruiert, dass Regenwasser abgehalten wird.” Erst wenn das Dach geöffnet wäre, könnte man darüber überhaupt nachdenken.

Bei Brand in Wiener Stephansdom würde höchste Alarmstufe ausgelöst

Gäbe es im Wiener Stephansdom ein ähnliches Feuer, würde wohl die höchste Alarmstufe ausgelöst – 7 oder 8, jedenfalls deutlich höher als beim Brand des Donauzentrums Anfang März, als Alarmstufe 4 ausgelöst wurde. “Aber nicht sofort: Man würde die Unterstützung von Freiwilligen Feuerwehren heranziehen, damit diese die Wachen besetzen, falls es weitere Ereignisse gebe. Die Wiener Berufsfeuerwehr könnte sich damit auf die Brandbekämpfung im Dom konzentrieren. Man müsste sicherstellen, dass es Ablösungen gibt. Es würde nichts bringen, wenn man 400 Einsatzkräfte auf einmal heranzieht und die einander im Weg stehen.”

Ein weiteres Problem sind die Brandschutzmaßnahmen in solchen historischen Gebäuden. “Für den Stephansdom gibt es sehr alte Bestandspläne, aber keine klassischen Brandschutzpläne”, betonte Feiler.

Für Dompfarrer Großbrand im Stephansdom “sehr unwahrscheinlich”

Einen verheerenden Brand wie in der Pariser Kathedrale Notre Dame könne es im Wiener Stephansdom nicht geben, beruhigte Dompfarrer Toni Faber: “Vor so einer Katastrophe brauchen wir uns hier in St. Stephan nicht sorgen.” Der Dachstuhl des Domes ist nämlich nicht wie jener der Notre Dame aus Holz, sondern aus Stahl. Zusätzlich ist der Innenraum mit einem speziellen Brandschutzsystem ausgestattet.

Faber betonte im Gespräch mit der APA am Dienstag, dass die Grundkonstruktion des Dachstuhls aus Waagner-Biro-Stahl bestehe – das sei sicherer. Einzig die Latten, welche die 270.000 Dachziegel halten, seien aus Holz. Zudem erfolge gerade die Erneuerung der Brandschutzmelder im Dachboden. “Wir sind auf gutem Weg, up to date zu sein.”

Auch im Kircheninnenraum gibt es spezielle Sicherheitsvorkehrungen, wobei es sich dabei nicht um Brand- und Rauchmelder im klassischen Sinn handelt, da diese auch bei Weihrauchentwicklung anschlagen würden. Vielmehr handelt es sich laut Faber um spezielle Sensoren, die bei Weihrauch nicht Alarm auslösen. Zusätzlich stünden im Stephansdom zahlreiche Feuerlöscher – etwa in der Sakristei, bei den Eingängen oder an den Orten, wo Kirchenbesucher Kerzen anzünden – bereit.

Neue Brandmelder und spezielles Schutzsystem

In den Nebenräumen befindet sich außerdem eine “gute Sicherheitsanlage”, führte der Dompfarrer weiter aus. Diese habe allerdings keine Direktverbindung zu Feuerwehr. “Wir hatten seinerzeit so viele Fehlermeldungen, dass wir gesagt haben, da braucht es Menschen.” Der Portiersdienst des Domes sei rund um die Uhr besetzt und wenn ein Alarm ausgelöst wird, halte dieser zunächst Nachschau, veranschaulichte Faber das Prozedere.

Auch der Dombaumeister des Stephansdoms, Wolfgang Zehetner, sieht einen Großbrand im Wiener Wahrzeichen mit Verweis auf den eisernen Dachstuhl als “sehr unwahrscheinlich” an. Lokale Brände seien natürlich möglich, etwa wenn ein Bild oder ein Einrichtungsgegenstand Feuer fange. “Aber die große Brandlast gibt es nicht mehr”, sagte er der APA.

Nichtsdestotrotz gibt es Brandschutzpläne für den Dom. Im Vorjahr habe es auch eine Übung mit der Feuerwehr gegeben, berichtete Zehetner. Sollte im Dom tatsächlich etwas passieren, seien die Zufahrtsmöglichkeiten besser als rund um Notre Dame. “Es ist hier nicht so eng wie in Paris, es gibt mehr Freiflächen.”

“Steffl” ist nicht versichert

Was den Wiederaufbau für die Pariser Kathedrale anbelangt, meinte Zehetner, dass es für das Gebäude exakte dreidimensionale Vermessungen gebe: “Das weiß ich, weil wir ein gemeinsames Forschungsprojekt hatten.” Die Unterlagen seien also da, “aber das Handwerk ist heute nicht mehr in dieser Qualität und in dem Ausmaß vorhanden”, gab der Experte zu bedenken. Eventuell werde man aber schon demnächst Personal der Europäischen Dombaumeistervereinigung nach Paris entsenden. Gespräche mit Frankreich gebe es zwar noch nicht, aber immerhin erste Abstimmungen mit deutschen Kollegen, so Zehetner: “Möglich, dass wir auch einen Steinmetz aus Wien hinschicken.”

Sollte trotz der Sicherheitsmaßnahmen ein Feuer im Stephansdom ausbrechen, wäre dies ein Schaden von unschätzbarem Wert – denn: Der “Steffl” ist nicht versichert. “Wir haben nach dem Hofburg-Brand 1992 darüber nachgedacht. Doch zu welchem Wert? Das ist nicht zu versichern”, sagte Faber. “Da investieren wir lieber mehr als zwei Millionen Euro im Jahr in die Instandhaltung und Renovierung.”

(APA/red)

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