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Salzburger Festspiele am personellen Scheideweg

Salzburg - Spätestens seit dem Sommer 2008 ist klar: Der Intendant der Salzburger Festspiele, Jürgen Flimm und sein Schauspielchef Thomas Oberender können nicht miteinander. Die Intendanten der Salzburger Festspiele

Und das, obwohl Flimm (67) den um 25 Jahre jüngeren Oberender selbst von der Ruhrtriennale mit nach Salzburg gebracht hat. Dessen ungeachtet wird von Schreiduellen berichtet, und, so Oberender, von Turbulenzen und Stürmen “mit Tsunami-Charakter”. Vor der Sitzung des Kuratoriums der Salzburger Festspiele morgen, Dienstag, sind zentrale Personalfragen offen: Sowohl im Bereich Schauspiel als auch bei der Gesamtleitung des Festivals – eine Salzburger Chronologie.

Die Verträge von Flimm und Oberender laufen bis 2011. Aber Oberender hat eine sogenannte Ausstiegsklausel zur Halbzeit im Vertrag. Flimm wiederum hat das Recht, sich sein Team selbst auszusuchen. Also hat Flimm seinen Theaterchef “gefeuert” und bekanntgegeben, dass er das Schauspiel nach dem Sommer 2009 von Oberender übernehmen und bis einschließlich 2011 selbst leiten werde. Das Kuratorium hat dies in seiner Sitzung am 9. Dezember zur Kenntnis genommen und – mehr oder weniger zähneknirschend – abgesegnet. In der selben Sitzung hat Flimm angekündigt, seinen Vertrag als Intendant nach 2011 nicht verlängern zu wollen. “Es gibt Angebote, ich gehe in eine andere Stadt”, so Flimm am 9. Dezember. Das Kuratorium – bis Ende des Jahres 2008 unter der Führung des stellvertretenden Landeshauptmannes von Salzburg, Wilfried Haslauer (V) – hat eine Findungskommission eingesetzt, die sich in aller Ruhe auf die Suche nach einem Nachfolger für Flimm machen sollte. Aber aus der Ruhe wurde nichts.

Wenige Tage vor Weihnachten, am 22. Dezember verkündete der regierende Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit, dass der Nachfolger von Peter Mussbach an der Berliner Staatsoper unter den Linden Jürgen Flimm heißt. Flimm soll, so die Vereinbarung, sein neues Haus ab 1.1.2009 beraten und nach dem Salzburger Festspielsommer 2010 als Leiter übernehmen. Quasi als Begleitmusik zu seinem verfrühten Ausstieg aus dem Salzburger Intendanten-Vertrag hat Flimm dem Festspiel-Kuratorium vorgeworfen, nur auf die Einnahmen zu achten. “Ich habe das Gefühl, dass die Festspiele sich weiter kommerzialisieren sollen, und das mache ich nicht mit.” Gerechtfertigt hat Flimm seinen vorzeitigen Rückzug aus Salzburg zudem mit einer Aussage, die selbst von “Freundin” Helga Rabl-Stadler, der Präsidentin der Salzburger Festspiele, eher verschnupft zur Kenntnis genommen wurde: “Wenn ich im Frühjahr 2010 das Programm für 2011 vorzulegen habe, dann habe ich nach der Saison 2010 nichts mehr zu tun. Was soll ich da noch rumsitzen?”

Auch die Salzburger Politiker und Kuratoriumsmitglieder fühlten sich von Flimm übergangen und reagierten harsch: “Das kann er sich abschminken”, so Bürgermeister Heinz Schaden (S) zum Beratervertrag und, wenige Tage später, “die Festspiele sind nicht die Spielwiese von Flimm”. Auch Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (S) hält sowohl den Beratervertrag als auch den vorzeitigen Vertragsausstieg so lange für inakzeptabel, solange der Nachfolger nicht gefunden ist und zur Verfügung steht.

Versöhnlich gab sich Flimm gegenüber dem gefeuerten Schauspielchef Oberender und hat ihm angeboten, jetzt doch bis 2011 zu bleiben. Trotz anderslautenden Meldungen in verschiedenen Medien dementierte Oberender aber erst am vergangenen Wochenende. Die Sache sei absolut nicht ausgemacht. “Es gab keinerlei inhaltliches Gespräch und keine verbindliche Unterredung.”

Die würde aber – so sehen es zumindest die Salzburger Kuratoriumsmitglieder Schaden, Burgstaller und Haslauer – ohnehin nicht gelten. Alle drei Politiker haben nämlich die Kompetenz zur Verlängerung von Oberenders Vertrages ans Kuratorium gezogen, das sei nicht länger Flimms Angelegenheit. Die Sitzung des Kuratoriums morgen, Dienstag, Mittag verspricht also durchaus turbulent zu werden.

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