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SALZ-Begleitheft zu den Rauriser Literaturtagen

Am 26. März erscheint die Zeitschrift SALZ des Salzburger Literaturforums "Leselampe" als Begleitheft zu den Rauriser Literaturtagen. Darin enthalten sind Texte der Preisträgerinnen Margarita Fuchs und Simona Ryser sowie neue Texte aller Rauriser Gastautorinnen und -autoren.

Emine Sevgi Özdamar: “Gastgesichter”

Emine Sevgi Özdamar erzählt aus einer Istanbuler Kindheit zwischen Europa und Asien. Als “Gastgesichter” blicken europäische Filmschauspieler in das Istanbuler Holzhaus von der Leinwand des europäischen Kinos, das die Eltern regelmäßig besuchen. Die fremd klingenden französischen und italienischen Namen, von denen die Eltern schwärmen, nimmt das Kind in seine türkische Lautwelt auf: “Als Kind hatte ich Schwierigkeiten, die Namen unserer europäischen Gäste richtig auszusprechen und fand für Jean das türkische Wort ,Can‘, was auf Türkisch ,die Seele‘ heißt, also ,Seele‘ Gabin, und für Brazzi, das türkische Wort ,Biraz iyi‘, das bedeutet auf deutsch ,ein bisschen besser‘. Bevor ich ins Kino ging und ,Seele Gabin‘ und ,Rossano Einbisschenbesser‘ auf der Leinwand sah, hatte ich sie schon im Gesicht und Körper meines Vaters kennen gelernt.”

Hoo Nam Seelmann: “Wind und Leben”

Der Bedeutungsvielfalt des “Windes” in den ostasiatischen Sprachen geht die in der Schweiz lebende Südkoreanerin Hoo Nam Seelmann in ihrem Text “Wind und Leben” nach. Die Charakteristik des Windes “beweglich zu sein und Unruhe zu stiften” vermittelt das Lebensgefühl der ostsasiatischen Kulturen “ihre Aufmerksamkeit dem Prozesshaften, Bewegenden und den Übergängen” zu widmen, was sich auch in der Literatur dieser Kulturen spiegelt: “In unzähligen Gedichten wurde und wird heute noch der ,Wind‘ in seiner Flüchtigkeit und Ungreifbarkeit als Bild des Lebens angesehen. Das Leben scheint sich zu verflüchtigen und zwischen den Fingern zu zerrinnen, sobald man danach greifen und es festhalten will.“

Ilma Rakusa: “Ein Tag (and very quiet)”

Ilma Rakusa begibt sich auf eine innere Welt-Reise. Bilder und Worte strömen auf die Ich-Erzählerin ein. Private Korrespondenzen, Schreckensmeldungen aus dem Zeitungsstapel. “Aus der Zeitung grüsst ein siegesgewisser Putin. Er gleicht einem Dachs, und sein tschetschenischer Protégé Kadyrow einem Schwerathleten. Soll ich mir die Nachrichten antun? Die vielen Todesmeldungen zum Frühstückstee?“ Rakusas Text “Ein Tag (and very quiet)” zeigt die Verstrickungen das Bewusstseins in die Geschehnisse des Alltags. Die Nacht könnte Erlösung bringen, Freiraum zur Ich-Werdung: “Und der Abend der sich schon Nacht nennt, er ist mein Freund. Mit ihm bin ich anders wach und endlich wirklich. Durchmesse das Haus als ginge es zum Tanz, greife hier nach einem Buch und dort nach einem Hut. Die Zeit steht Still wie auf der Bühne.”

Waldimir Kaminer: “Neue Heimat”

“Wenn man von einem Land in ein anderes zieht, nicht nur, um sich die dortigen Sehenswürdigkeiten anzukucken, sondern mit dem Wunsch, dort ein neues Leben auf unbekanntem Territorium zu beginnen, so ist die tödlichste aller Gefahren, die einem passieren kann, wenn man anfängt zu vergleichen”, beginnt Waldimir Kaminer seinen Text “Neue Heimat”. Die neue Heimat ist in diesem Fall Deutschland, dem sich zwei junge Russen anzunähern versuchen. Doch nicht nur kulinarische Vergleiche liegen als Hemmschwellen auf dem Weg der Integration, auch die so genannte “deutsche Vergangenheit” kann befremden: “An einem sonnigen Tag traf uns die deutsche Vergangenheit wie ein schwarzer Schatten und zwar dort, wo wir sie am wenigsten erwartet hatten – vor der Kaufhalle.” Ost-Berlin kurz nach der “Wende”, zwei junge Russen und ein “alter deutscher Schäferhund“ vor dem besagten Supermarkt. Soweit das Setting, aus dem Kaminer in gewohnt skurriler Weise eine Situation entwickelt, die ihre Komik aus dem Zufall und rudimentären Sprachkenntnissen schöpft.

 

Weiters finden sich in der neuen SALZ-Ausgabe Texte von Esmahan Aykol, Asli Erdogan, Barbara Frischmuth, Drago Jancar, Herbert Kuhner, Terezia Mora, Michael Stavaric, Ilja Troijanow, Galsan Tschinag, Valdimir Vertlib und Stefan Weidner. Die Glosse “gesalzen” wird 2008 von Christian Martin Fuchs gestaltet. Das Cover und der Bildteil des neuen Hefts stammt von Gerlind Zeilner, Trägerin des Anton-Faistauer-Preises 2008.

Quelle: Salzburger Literaturforum “Leselampe”

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