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Rund 2.000 Flüchtlinge am Samstag in Nickelsdorf angekommen

Relativ ruhiger Tag am Grenzübergang Nickelsdorf
Relativ ruhiger Tag am Grenzübergang Nickelsdorf
In Nickelsdorf sind seit Mitternacht rund 2.000 Migranten über die Grenze gekommen. Das sagte Polizeisprecher Helmut Marban am Samstagnachmittag. Seinen Informationen zufolge dürfte sich diese Zahl bis zum frühen Abend auf 3.000 erhöhen.

“Wir haben von ungarischer Seite die Information erhalten, dass zwei Gruppen zu jeweils 500 Personen Richtung Grenze unterwegs sind. Sie sollten in den kommenden zwei bis drei Stunden eintreffen”, sagte der Polizeisprecher. Die Menschen werden seinen Angaben nach umgehend versorgt und in Autobussen zum Bahnhof Nickelsdorf gebracht. Dort können sie mit ÖBB-Shuttle-Zügen nach Wien weiterfahren.

Relativ geringe Anzahl

Nach Angaben der Polizei befanden sich am Nachmittag rund 700 Migranten am Wiener Westbahnhof, am Hauptbahnhof waren es ungefähr 300. Im Vergleich zu den vergangenen Tagen war das eine relativ geringe Anzahl. “Die Menschen werden von Hilfsorganisationen betreut. Sie bekommen zu essen und Getränke. Alles läuft sehr geordnet ab”, sagte Polizeisprecher Christoph Pölzl.

Der Railjet-Verkehr zwischen Wien und Budapest blieb weiterhin eingestellt. Diese am Donnerstag aufgrund massiver Überlastung getroffene Maßnahme bleibe auf jeden Fall über das Wochenende aufrecht, sagte die Sprecherin der ÖBB-Holding. Selbiges gilt für Regionalverbindung zwischen Nickelsdorf und Hegyeshalom.

Nach Graz gebracht

Im südburgenländischen Moschendorf trafen am Samstag neuerlich 70 aus Ungarn kommende Flüchtlinge ein. Die Gruppe von rund 100 Menschen, die am Freitag dort angekommen war, wurde nach Angaben des Roten Kreuzes noch am Abend fast vollständig mit zwei Bussen nach Graz gebracht.

Zurückgeblieben ist eine fünfköpfige Familie. “Die Mutter ist im neunten Monat schwanger. Aus diesem Grund hat die Familie das Angebot angenommen, vorerst in Güssing zu bleiben”, sagte RK-Sprecher Hans Peter Polzer.

“Erhöhte Alarmbereitschaft”

Nach der Einrichtung einer Sammelstelle für Flüchtlinge in der ungarischen Kleinstadt Körmend in unmittelbarer Grenznähe habe neuerlich ein Gerücht die Runde gemacht, dass 1.500 Menschen zu Fuß auf dem Weg in das Südburgenland seien, sagte Polzer. “Das hat sich allerdings nicht bestätigt. Heute ist vorerst nur die aus 70 Personen bestehende Kleingruppe gekommen. Wir erhalten aber auf jeden Fall die erhöhte Alarmbereitschaft aufrecht und haben uns auf bis zu 1.000 Menschen eingestellt”, erklärte der RK-Sprecher. Das bedeutet, dass das Rote Kreuz von der Bezirksstelle Güssing aus binnen einer halben Stunde Essen, Getränke und Hilfsmaterial wie zum Beispiel Decken bereitstellen und verteilen kann.

43 Flüchtlinge aus dem Irak und aus Syrien reisten am Samstag über die slowenische Grenze bei Spielfeld in der Steiermark (Bezirk Leibnitz) nach Österreich ein. Sie wurden von der Exekutive angehalten und kontrolliert. Fünf Personen stellten laut Polizei einen Antrag auf Asyl, 38 machten sich auf die Weiterreise nach Deutschland.

Burgenlands Landespolizeidirektor Hans Peter Doskozil rechnet indes mit einer neuen “enormen Wellenbewegung” an Flüchtlingen aus Ungarn und ähnlich vielen Personen am Grenzübergang Nickelsdorf wie vergangenes Wochenende. Das sagte er am Samstag im Ö1-“Journal zu Gast”. Jüngste Schätzungen, dass derzeit auf der Balkanroute bis zu 40.000 unterwegs sein könnten, würden ihn aber nicht schrecken.

Keine Informationen aus Ungarn

Man habe auch den bisherigen Ansturm bewältigt, so Doskozil. Am Freitag waren knapp 7.000 in Nickelsdorf eingetroffen, am Donnerstag 7.500. Dass es weniger werden, ist zumindest bis Mitte September, wenn in Ungarn die verschärften Bestimmungen in Kraft treten, unwahrscheinlich. Ob die Flüchtlinge danach auf andere Routen ausweichen, sei aus derzeitiger Sicht schwer zu sagen, meinte Doskozil. Konkrete Informationen aus Ungarn gebe es nicht, und die Frage sei auch: “Wie verhält sich die ungarische Polizei, wenn Flüchtlinge an den Zaun (gemeint ist der Grenzzaun zu Serbien, Anm.) kommen?” Das Burgenland konkret könnte entlastet werden, wenn künftig verstärkt die Route über Kroatien und Slowenien gewählt würde.

Der Polizeidirektor vertritt übrigens die Ansicht, dass “das Schließen der Grenze keinen merkbaren Effekt hätte”. Sollte Deutschland beschließen, keine Asylwerber mehr ins Land zu lassen, müsse man sich wohl auf diese Situation kurzfristig einstellen. Generell aber bringe es für das Steuern der Wanderungsströme nichts, die Grenzen dicht zu machen, verwies er auf den jahrelangen Assistenzeinsatz des Bundesheeres an der Ostgrenze: Trotz massiver Soldatenpräsenz habe man etwas in Zeiten der Tschetschenienkrise jede Woche bis zu 800 Menschen in Österreich aufgegriffen. Und gemäß des Rechts auf Asyl könnten Menschen, die als Flüchtlinge ins Land kommen, dann nicht mehr einfach zurückgewiesen werden, sondern hätten ein Recht auf ein Verfahren.

Rund 1.800 Flüchtlinge verbrachten unterdessen die Nacht auf Samstag in Wien – 750 von ihnen in Notunterkünften auf West- und Hauptbahnhof. Die Zahl der Menschen, die in Wien um Asyl angesucht haben, war neuerlich sehr gering. Nach Anhaben der Polizei waren es am Freitag rund 60 Personen.

100 Neuankömmlinge

Am späten Vormittag hielten sich 300 Migranten auf dem Westbahnhof auf und 450 weitere am Hauptbahnhof. Bei mehr als 100 handelte es sich um Neuankömmlinge aus Nickelsdorf bzw. Ungarn. Sie sollten ebenso wie die 1.800 Menschen aus den Notquartieren im Lauf des Tages die Weiterreise antreten können, sagte Polizeisprecher Christoph Pölzl am Samstag zur APA.

Die ÖBB führten am Vormittag einen Sonderzug vom Westbahnhof nach Salzburg, ein weiterer sollte Wien gegen 13.00 Uhr verlassen. Auch in regulären Zügen wurden Migranten mit Ziel Deutschland untergebracht. “Weitere Sonderzüge sind zur Stunde nicht geplant. Das kann sich allerdings jederzeit ändern, wenn es Bedarf gibt und wir die Kapazitäten haben”, sagte ÖBB-Sprecherin Sonja Horner.

Auslastung unterschiedlich

Die Auslastung der Notquartiere war äußerst unterschiedlich: Während in der Stadthalle, wo 270 Plätze zur Verfügung stehen, nur noch 20 Menschen untergebracht waren, waren im sogenannten Blauen Haus am Westbahnhof alle 500 Betten belegt. In einer ehemaligen Bankfiliale am Bahnhof waren nach Angaben des Roten Kreuzes 33 von 50 Plätzen belegt. Eine Notschlafstelle mit rund 300 Betten, die von der Islamischen Föderation in der Simmeringer Hauptstraße eingerichtet worden ist, war ausgelastet.

Nach einem Aufruf der Stadt Wien und der Ärztekammer an Mediziner, Hilfsorganisationen bei der Versorgung von Flüchtlingen zu unterstützen, haben sich nach Angaben der Berufsrettung Dutzende Freiwillige gemeldet. Gebraucht werden vor allem Praktiker, Internisten und Kinderärzte, die am Westbahnhof unentgeltlich ankommende Migranten versorgen.

Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) forderte unterdessen am Samstag den Assistenzeinsatz des Bundesheeres bei der Bewältigung der Flüchtlingsversorgung am Bahnhof. Die freiwilligen Helfer von Rotem Kreuz und Caritas seinen am Ende ihrer Kräfte, hieß es in einer Pressaussendung.

“Kapazitätsgrenzen”

Seit einer Woche übernachten täglich mehrere Hunderte gestrandete Flüchtlinge auf ihrem Weg nach Deutschland am Salzburger Hauptbahnhof. Erstmals hatten 1.000 von ihnen in der Nacht auf Samstag in einer geräumten Bahnhofsgarage Quartier bezogen. Auch wenn bisher die Zusammenarbeit der Einsatzkräfte gut funktioniert habe, “stoßen die freiwilligen Versorgungskräfte nun an die Kapazitätsgrenzen”, befürwortete auch Magistratsdirektor Martin Floss den Hilferuf Richtung Bundesheer.

Der Flüchtlingsstrom nach Deutschland reißt indes nicht ab. Am Freitag sind wieder 3.000 Flüchtlinge mit Bussen aus dem burgenländischen Nickelsdorf weggebracht worden. Während sich nun auch Slowenien auf einen Flüchtlingsstrom einstellt, wird in Deutschland das Eintreffen von 40.000 Flüchtlingen bis Sonntag erwartet.

Oberösterreich erlebte unterdessen die bisher stärkste Nacht bei der Betreuung von Flüchtlingen. 2.931 Personen wurden von Rotem Kreuz und Samariterbund in Linz, Wels und Attnang-Puchheim versorgt, gab das Rote Kreuz Samstagmittag in eine Bilanz-Pressaussendung bekannt. 344 wurden medizinisch behandelt.

Die meisten Flüchtlinge wurden mit Bussen nach Wels gebracht. 1.700 Menschen wurden dort, bevor sie in Züge Richtung Bayern stiegen, direkt am Bahnhof verpflegt und mit Sanitärartikeln versorgt. Weitere 220 wurden für einige Stunden in der Messehalle einquartiert. In Linz nächtigten im ehemaligen Postverteilerzentrum beim Bahnhof sowie in leer stehenden ÖBB-Gebäuden 776 Flüchtlinge.

Schule wird Notquartier

Auf Anweisung von Polizei und Innenministerium wurden zudem in Attnang-Puchheim die Turnhalle der Neuen Mittelschule vorübergehend zum Notquartier, teilte Harald Ehrgang vom Roten Kreuz mit. So schnell wie die Betten standen, könnten sie theoretisch auch wieder abgebaut werden, damit bei Bedarf die Halle mit Schulbeginn am Montag von der Schule benutzt werden könne. Bis zu Mittag hatten alle Hilfesuchenden die Unterkünfte verlassen und die Einsatzkräfte begannen die Quartiere für den nächsten Nachteinsatz herzurichten. Das Rote Kreuz geht von einer ähnlich hohen Anzahl an Flüchtlinge aus, die bis Sonntag in Oberösterreich Station machen werden. (APA)

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