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Regierungsklausur: Schwarz-Blau kürzt Familienbeihilfe für Kinder im Ausland

Strache und Kurz gehen in Regierungsklausur.
Strache und Kurz gehen in Regierungsklausur. ©APA/HERBERT NEUBAUER
Die neue ÖVP-FPÖ-Regierung geht am Donnerstag und am Freitag in Klausur. Schwarz-Blau wird dabei die Kürzung beziehungsweise Indexierung der Familienbeihilfe für im Ausland lebender Kinder vornehmen. Außerdem hat sich die Regierung auf eine Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags für niedrige Einkommen geeinigt.
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Auf Schloss Seggau im südsteirischen Leibnitz werden die Arbeitsschwerpunkte für 2018 festgelegt. Im Mittelpunkt stehen Einsparungen bei der Verwaltung, die Entlastung kleiner Einkommen und die Kürzung der Familienbeihilfe für Kinder, die im EU-Ausland leben.  Die entsprechenden Gesetzesentwürfe, die der APA vorliegen, werden nach der am Donnerstag und Freitag stattfindenden Regierungsklausur in Seggauberg in Begutachtung geschickt.

Im Fokus stehen neben den inhaltlichen Schwerpunkten der einzelnen Ressorts aber auch die von Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) angekündigten Einsparungen “im System” in der Höhe von 2,5 Milliarden Euro sowie die Kürzung der Familienbeihilfe für im EU-Ausland lebende Kinder. Die Regierung will die Höhe der Familienbeihilfe an die Lebenshaltungskosten in den jeweiligen Ländern anpassen – ein in der EU strittiges Thema.

Regierung will rasche parlamentarische Behandlung

Die beiden Maßnahmen sollen rasch der parlamentarischen Behandlung zugeführt und dann umgesetzt werden, hieß es aus Regierungskreisen. Die Anpassung der Familienbeihilfe für Kinder im EU- und EWR-Ausland, deren Eltern in Österreich arbeiten, soll Gesetzestext und Erläuterungen zufolge Einsparungen von rund 114 Millionen Euro im Jahr bringen. Zuletzt wurden 2016 273 Millionen für 132.000 Kinder im Ausland ausbezahlt.

Künftig sollen die Lebenshaltungskosten im jeweiligen Land, konkret die vom Statistischen Amt der Europäischen Union veröffentlichten vergleichenden Preisniveaus, als Basis für die Höhe der Familienbeihilfe herangezogen werden. Die Gesetzesänderungen sollen noch vor dem Sommer im Parlament beschlossen werden und mit 1. Jänner 2019 in Kraft treten. Neben einer nationalen Regelung zur Indexierung der Transferleistungen ins Ausland will sich Österreich in Brüssel für eine gesamteuropäische Lösung einsetzen. Die EU-Kommission hatte sich zu dem Vorhaben bisher ablehnend geäußert.

Kürzung der Familienbeihilfe wird kritisch gesehen

Die ÖVP hatte sich schon in der letzten rot-schwarzen Regierung für eine Anpassung an die Lebenshaltungskosten im jeweiligen Land ausgesprochen, wegen EU-rechtlicher Bedenken wurde dies dann aber doch nicht umgesetzt. Nun soll eine EU-konforme Lösung gefunden werden. Laut den aktuellsten Daten aus dem Familienministerium – Zahlen für 2017 liegen noch nicht vor – flossen 2016 in Summe 273 Millionen Euro Familienbeihilfe an im Ausland lebende Kinder. Insgesamt wurden Beihilfen für 132.000 Kinder in EU- und EWR-Staaten ausgezahlt. 2015 waren es 249 Millionen Euro für 122.000 Kinder. Die Kosten für die Transferleistung stiegen damit 2016 um knapp zehn Prozent. 2013 beliefen sich die Ausgaben noch auf 192 Millionen, 2014 waren es 227 Millionen.

Der größte Anteil der ins Ausland überwiesenen Familienbeihilfe ging nach Ungarn – 2016 rund 80 Mio. Euro für fast 39.000 Kinder. In Österreich berufstätige Eltern aus der Slowakei bekamen unter dem Titel Familienbeihilfe 63 Mio. Euro (für 30.600 Kinder). Nach Polen flossen gut 38 Mio. Euro, nach Rumänien rund 32 Mio. Euro. Für Kinder in Slowenien wurden knapp 22 Mio. ausgezahlt, in Tschechien 18 Mio. und in Kroatien sieben Mio. Euro. Nach Bulgarien wurden knapp über drei Mio. überwiesen.

Einsparungen durch Kürzung der Familienbeihilfe für im Ausland lebender Kinder

Insgesamt wurde 2016 in Österreich über 4,4 Mrd. Euro Familienbeihilfe ausgeschüttet. Die Leistung ist nach dem Alter der Kinder gestaffelt und beträgt zwischen 112 Euro ab der Geburt und 162 Euro ab 19 Jahren.

Im Familienministerium rechnet man mit 114 Millionen Euro Einsparung, wenn man die Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder an die Lebenshaltungskosten des jeweiligen Landes anpasst. Die EU-Kommission hatte ein solches Ansinnen bisher abgelehnt. In einem ersten Schritt will die ÖVP-FPÖ-Regierung eine nationale Regelung einführen. Der Gesetzesentwurf trägt dem Ergebnis eines bereits im Vorjahr publizierten Gutachtens des Sozialrechtlers Wolfgang Mazal Rechnung, der einer solchen Lösung EU-Konformität bescheinigte, heißt es in den Erläuterungen. Zugleich will die Regierung in Brüssel Druck für eine gesamteuropäische Lösung machen.

Die neue Familienministerin Juliana Bogner-Strauß (ÖVP) kündigte zuletzt bereits gegenüber der APA an, dass man das Thema auf europäischer und nationaler Ebene angehen wolle. Kritik an den Plänen wies sie zurück: “Man muss das ja aus der anderen Richtung auch sehen: Ist es fair, dass Kinder in Ländern, wo die Lebenserhaltungskosten viel geringer sind, viel, viel mehr bekommen als Kinder bei uns?”

Scharfe Kritik von Seiten Orbans an Regierungsplänen

Die Kürzung beziehungsweise Indexierung der Familienbeihilfe für im EU-Ausland lebende Kinder würde vor allem die Zahlungen in Richtung Ungarn, Slowakei, Polen und Rumänien massiv reduzieren. Kinder von in Österreich Beschäftigten, die in diesen Ländern leben, würden in Summe um die 90 Millionen Euro weniger Familienbeihilfe beziehen. Der ungarische Regierungschef Viktor Orban hatte denn auch bereits im Vorjahr scharfe Kritik an den österreichischen Plänen geübt und Ungarns Widerstand auf EU-Ebene angekündigt.

In Ungarn lag die Familienbeihilfe zuletzt bei etwa 39 Euro pro Monat und Kind, in Polen bei 28, in der Slowakei bei 24 und in Rumänien bei 20 Euro. Die niedrigsten Familienbeihilfen werden in Europa in Lettland (11 Euro), Estland (10 Euro) und Griechenland (5 Euro) ausbezahlt.

Niedrige Einkommen sollen entlastet werden

Gleichzeitig mit der Indexierung der Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder werden ÖVP und FPÖ bei ihrer Ministerratssitzung im Rahmen der Regierungsklausur im Schloss Seggau auch einen gemeinsamen Gesetzesvorschlag zur Entlastung niedriger Einkommen beschließen. Konkret geht es um die bereits vor Weihnachten angekündigte Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags. Einkommen bis zu 1.948 Euro sollen von der Maßnahme profitieren. “Mit der Neuregelung können bis zu 900.000 Personen in einem Jahr entlastet werden. Im Jahresdurchschnitt profitieren rund 450.000 Menschen. Pro Person beträgt die Entlastung im Jahresdurchschnitt 311 Euro”, heißt es im Vortrag an den Ministerrat.

Bis 1.648 Euro ist künftig kein Arbeitslosenversicherungsbeitrag zu bezahlen, von 1.648 bis 1.798 Euro ein Prozent, von 1.798 bis 1.948 zwei Prozent, darüber drei Prozent. Derzeit entfällt der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung für Arbeitnehmer nur bis zu einem Monatseinkommen von 1.381 Euro, zwischen 1.381 und 1.506 fällt ein Prozent an, zwischen 1.506 und 1.696 Euro zwei Prozent, darüber drei Prozent. Die Neuregelung soll ab 1. Juli 2018 in Kraft treten. Für Arbeitgeber bleibt der Beitragssatz wie bisher unverändert bei drei Prozent. Die Entlastung beziehungsweise der Einnahmenausfall beträgt in Summe rund 140 Millionen Euro für ein volles Kalenderjahr und soll von der Gebarung Arbeitsmarktpolitik getragen werden.

Schwarz-Blau will Einsparungen im System

“Sparen im System” – unter diesem Motto will die neue ÖVP-FPÖ-Regierung 2018 Einsparungen von rund 2,5 Milliarden Euro umsetzen und so in den nächsten zwei bis drei Jahren einen ausgeglichenen Haushalt erzielen. Bei ihrer Regierungsklausur in der Steiermark planen ÖVP und FPÖ erste Vorarbeiten zur Erstellung eines entsprechenden Doppelbudgets für die Jahre 2018 und 2019. Gespart soll etwa in der Verwaltung und in den ausgegliederten Einheiten werden. Bei den direkten Verwaltungskosten ist laut Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) bis zu einer Milliarde Euro zu holen. Die Bundesförderungen in den Ministerien sollen um 190 Millionen Euro zurückgefahren werden, bei den ausgegliederten Einheiten – mittlerweile gibt es im Bund knapp 90 ausgegliederte Behörden – Einsparungen von bis zu 140 Millionen Euro gehoben werden, wenn zwei Prozent der Mehrausgaben mittel- und langfristig gekürzt werden. Bei den Mietkosten des Bundes wird mit einem Einsparungspotenzial von 50 Millionen Euro gerechnet. Weitere Einsparungen ergeben sich demnach durch das Aus für den Beschäftigungsbonus und die Aktion 20.000.

Personalkosten im Bund sollen eingespart werden

Sparen will die neue Regierung auch bei den Personalkosten des Bundes. Nur jede dritte Planstelle soll nachbesetzt werden, hieß es zuletzt aus ÖVP und FPÖ. Dies war freilich schon in den vergangenen Jahren gängige Praxis. Insgesamt waren beim Bund Ende 2016 132.741 Personen beschäftigt. Gegenüber 2015 (131.361 Bundesbedienstete) bedeutet dies einen leichten Rückgang. Mehr als ein Drittel der Bundesbediensteten (34,5 Prozent) arbeitet im Verwaltungsdienst, 30,2 Prozent als Lehrer und 23,7 Prozent in der Exekutive.

Seit 1999 ist der Personalstand des Bundes gesunken, wobei die Anzahl in den letzten Jahren weitestgehend stabil geblieben ist. Insbesondere für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und des Bildungsbereichs wurden 2016 1.380 neue Mitarbeiter aufgenommen. Im Vergleich zu 1999 ist der Personalstand bei den Lehrern um gut zehn Prozent und bei der Exekutive um 4,3 Prozent angewachsen. Von den personellen Einsparungen war der Verwaltungsdienst am stärksten betroffen. Seit 1999 wurde hier jeder sechste Arbeitsplatz eingespart. Viele Ministerien beschäftigen deshalb laut Gewerkschaft Öffentlicher Dienst inzwischen Leiharbeitskräfte.

Regierung hat Sparvorhaben in der Verwaltung

Tatsächlich wurde bereits 2012 ein Aufnahmestopp erlassen, der 2015 gelockert wurde, seither wird nur jede zweite frei werdende Stelle nachbesetzt. Allerdings gab es zahlreiche Ausnahmen – etwa für die Exekutive, die Justiz, die Schulen oder die Arbeitsinspektionen und die operative Finanzverwaltung. Die Zahl der Bundesbediensteten ist deshalb zuletzt auch nicht weiter gesunken, und die Personalkosten im Bund haben sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht. Die neue Bundesregierung will jedenfalls auch weiterhin in den Bereichen Sicherheit (innere Sicherheit und Landesverteidigung) und Bildung nicht sparen, sondern das Ausgabenniveau halten und auch noch zusätzliche Schwerpunkte setzen, hieß es im Vorfeld der Klausur.

Helfen könnte der Regierung bei ihren Sparvorhaben in der Verwaltung übrigens eine Pensionierungswelle, die auf den öffentlichen Dienst zurollt. In den nächsten 13 Jahren wird fast die Hälfte der Mitarbeiter im Bundesdienst (48 Prozent) in den Ruhestand treten.

APA/Red.

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