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Regierung sagt Cannabis den Kampf an

Plantage "feinster" Züchtung auf 3.000 Quadratmeter Glashausfläche der AGES
Plantage "feinster" Züchtung auf 3.000 Quadratmeter Glashausfläche der AGES ©APA
Die schwarz-blaue Regierung will den Verkauf von Hanfsamen und Hanfpflanzen verbieten. Bisher waren Produkte mit einem THC-Gehalt von weniger als 0,3 Prozent von den Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes (SMG) ausgenommen.

“Verbot des Verkaufs von Hanfsamen und Hanfpflanzen”, heißt es im Kapitel “Justiz” des Regierungsprogramms. In der Verordnung zum Suchtmittelgesetz gab es bei Hanf bzw. Cannabis bisher Ausnahmebestimmungen. So fielen Cannabis und Marihuana (als Drogen), daraus hergestellte Extrakte, Tinkturen und “andere Zubereitungen” zwar in die Geltung des Gesetzes.

Aber, “ausgenommen sind die Blüten- oder Fruchtstände jener Hanfsorten, die im Gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten” gemäß der dazu geltenden EU-Richtlinie oder “in der österreichischen Sortenliste gemäß Paragraf 65 Saatgutgesetz 1997 angeführt sind und deren Gehalt an Tetrahydrocannabinol 0,3 Prozent nicht übersteigt.”

Das gelte auch für “Produkte aus Nutzhanfsorten, die im ersten Spiegelstrich angeführt sind, sofern der Gehalt an Tetrahydrocannabinol 0,3 Prozent vor, während und nach dem Produktionsprozess nicht übersteigt und daraus nicht leicht oder wirtschaftlich rentabel Suchtgift in einer zum Missbrauch geeigneten Konzentration oder Menge gewonnen werden kann, sowie die nicht mit Blüten- oder Fruchtständen vermengten Samen und Blätter der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen.”

“Für uns wäre das Verbot das Aus”

Welche Auswirkungen ein Verbot auf die sogenannten Hanfshops hätte, wird wohl in der Zukunft noch diskutiert werden. “Für uns wäre das Verbot das Aus”, wurde jedenfalls Paul Pilgermair von “Medical Clones” in der “Tiroler Tageszeitung” zitiert. Auch ob ein allfälliges Verbot Produkte wie Hanfseifen oder -öle betreffen würde, sei unklar.

Legal sind Cannabis-Plantagen als “Anbau von Pflanzen der Gattung Cannabis zwecks Gewinnung von Suchtgift für die Herstellung von Arzneimitteln” oder für wissenschaftliche Zwecke nur der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES; Anm.) gestattet. Das gilt auch für Tochtergesellschaften, an denen die AGES mindestens 75 Prozent an Geschäftsanteilen hält. Der Kreis der weiteren möglichen Partner ist im Gesetz restriktiv festgelegt (Universitätsinstitute, Pharmaunternehmen., spezielle Labors etc.).

Hanf Verband besorgt

“Wir fallen aus allen Wolken”, sagte David Rosse vom Österreichischen Hanf Verband zu den Plänen der schwarz-blauen Regierung bezüglich des Verbotes von Hanfsamen und Hanfpflanzen. Österreich gehe damit einen gänzlich anderen Weg als vergleichbare Staaten.

International gehe der Trend dahin, “über legale Märkte Steuern einzuheben und den Schwarzmarkt zurückzudrängen”. Hier seien Maßnahmen wie Verbote kontraproduktiv.  Aber: “Die Branche hat schon viel durchgemacht.” Natürlich wäre man unter den 70 bis hundert Hanfshops derzeit besorgt. “Da gibt es Betriebe mit 30 bis 40 Mitarbeitern. Die haben Angst.”

Die Frage von Verboten sei in diesem Bereich überhaupt kritisch, meinte Rosse. Der größte Teil der Anzeigen nach dem Suchtmittelgesetz betreffe Cannabis. “Und das betrifft zum größten Teil Erwachsene, die mit beiden Beinen im Leben stehen.” Immer mehr stelle sich auch der Nutzen von Cannabis in der Medizin heraus, das Interesse bei Ärzten und Apothekern steige ständig.

Suchtmittelbericht 2017
Suchtmittelbericht 2017 ©APA

Gesundheitsausschuss beauftragte Bericht

Die schwarz-blaue Regierungs plant zwar das Zurückdrängen von Hanf-Shops per “Verbot des Verkaufs von Hanfsamen und Hanfpflanzen”. Gleichzeitig erhielt Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) vom Gesundheitsausschuss des Parlaments den Auftrag, die Sachlage zu Medizinalhanf für die ärztliche Behandlung zu evaluieren.

Der Bericht soll Stellungnahmen von Behörden und Institutionen wie etwa Apothekerkammer, Ärztekammer oder Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) enthalten und am 1. Jänner 2019 vom Ressort von Sozial- und Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) den Nationalrat vorgelegt werden. “Dieser Bericht soll dann als Grundlage für ein Gesetz zur Liberalisierung von Cannabis in der Schmerztherapie dienen”, erklärte die Sozialsprecherin der Liste Pilz, Daniela Holzinger.

“Brauchen THC und CBD in der Hand des Arztes”

Wir brauchen die Cannabis-Inhaltsstoffe als Medikamente. Cannabidiol (CBD; Anm.) ist zum Beispiel bei uns im Gegensatz zu Deutschland noch nicht einmal als Arzneistoff definiert, nur als Nahrungsergänzung. Das wäre der wichtigste Schritt”, sagte der Kärntner Schmerzspezialist Rudolf Likar Dienstagnachmittag gegenüber der APA.Für den Fachmann, der seit vielen Jahren für Verbesserungen in der Versorgung der österreichischen Schmerzpatienten kämpft, ist die Angelegenheit vor allem eine Sache der sicheren Herstellung und genauen Dosierungsmöglichkeit. “Wir brauchen THC und CBD als Medikamente in der Hand des Arztes, der das genau dosieren und verschreiben kann”, sagte Likar. “Medizinalhanf”, bei dem sich immer die Frage stelle, wie er kultiviert worden sei und welche Wirkstoffkonzentrationen er habe, benötige die moderne Medizin nicht.

Nach THC als “klassischer” Cannabis-Inhaltsstoff ist in der jüngeren Vergangenheit CBD als zweite Substanz aus den Pflanzen in den Blickpunkt der Schmerztherapeuten gerückt. Cannabidiol kann Schmerzen reduzieren und hat keine zusätzlichen Effekte auf das Gehirn, ist damit keine psychotrope Substanz und unterliegt keiner Suchtgiftregelung.

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