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Reaktionen zum Faymann-Rücktritt

Faymann gab seinen Rücktritt bekannt
Faymann gab seinen Rücktritt bekannt ©AP
Es hatte zwischenzeitlich so ausgesehen, als könnte Bundeskanzler Werner Faymann wieder eine Krise seiner Partei durchtauchen und SPÖ-Vorsitzender bleiben - doch am Montag ging es dann doch überraschend schnell. Hier die Reaktionen auf Faymanns Abgang.
Faymann tritt zurück
Häupl übernimmt Führung
Reaktionen auf den Rücktritt
Mitterlehner: "Keine Neuwahlen"


Kurz nach Mittag verkündete Faymann den Medien, seine Funktionen mit dem heutigen Tag zurückzulegen. Interimistisch nimmt Wiens Bürgermeister Michael Häupl das Zepter in die Hand.

Faymann begründet Rücktritt

Der starke Rückhalt innerhalb der Partei für seinen Kurs sei verloren gegangen, begründete Faymann seinen Schritt in einem kurzen Statement nach dem Treffen mit einigen SPÖ-Landesparteichefs im Bundeskanzleramt. Die Frage laute: “Hat man die volle Rückendeckung, einen starken Rückhalt in der Partei? Das muss ich Ihnen mit Nein beantworten. Dieser starke Rückhalt ist verloren gegangen. Die Mehrheit ist zu wenig, trotzdem bedanke ich mich bei allen Mitstreitern, die in diesen Tagen zu mir gestanden sind”, sagte Faymann.

Bures dankt Ex-Kanzler für sein Krisenmanagement

Die Faymann-Vertraute Doris Bures, Nationalratspräsidentin und stellvertretende SPÖ-Vorsitzende, dankt dem kurz zuvor zurückgetretenen Kanzler für sein Krisenmanagement. “Werner Faymann hat Österreich mit sicherer Hand durch eine der schwersten Zeiten der Zweiten Republik geführt”, erklärte Bures am Montag in einer Aussendung.

Faymanns Amtszeit sei von großen internationalen Krisen überschattet gewesen, verwies Bures auf die Wirtschaftskrise und die Flüchtlingsbewegung. “Es gehört zu den großen Verdiensten von Bundeskanzler Faymann, dass Österreich als eines der ganz wenigen Länder Europas diese Herausforderungen ohne Sozialabbau und ohne Sparpakete bewältigt hat.”

Stadler: “Es war überraschend”

“Es war überraschend”, sagte Matthias Stadler, Landesparteivorsitzender der SPÖ Niederösterreich und St. Pöltner Bürgermeister, auf APA-Anfrage zu der von Werner Faymann “im engsten Kreis” mitgeteilten Rücktrittsentscheidung. Er habe “größten Respekt”. Der scheidende Kanzler und Parteichef habe mit seinem Schritt “sehr große Verantwortung gezeigt”.Die Nachfolge Faymanns werde nun in den Gremien zu beraten sein. In den Ländern werden laut Stadler “in den kommenden Tagen” Präsidien und Vorstände zusammentreten. Mit den Ergebnissen werde man dann ins Bundespräsidium und in den Bundesvorstand gehen.

Auch SPÖ-Gewerkschafter überrascht von Faymann-Rücktritt

Völlig unvorbereitet dürfte der Rücktritt von SPÖ-Chef Werner Faymann die sozialdemokratischen Gewerkschafter getroffen haben. Die FSG hatte sich seit Montag Früh in ihren Gremien zur Zukunft der Partei beraten. AK-Präsident Rudolf Kaske, der die Sitzung vorzeitig verlies, wollte die Entwicklungen nicht kommentieren.Auch die FSG-Mitglieder verfolgten laut einem Teilnehmer die Live-Übertragung von Faymanns Rücktritt während ihrer Bundesvorstandssitzung. Diese dürfte aufgrund der aktuellen Lage noch länger andauern. Kaske sagte beim Verlassen des Gebäudes lediglich: “Mich überrascht gar nichts mehr.” Auf die Frage, wer künftig SPÖ-Chef sein soll, antwortete er lediglich mit Schulterzucken.

Für oö. SP-Chef Kalliauer “nachvollziehbar”

Für den oberösterreichischen SPÖ-Vorsitzenden Johann Kalliauer ist es “nachvollziehbar, dass Werner Faymann nach der jüngsten öffentlichen Debatte die Konsequenz gezogen hat”. Der Rücktritt sei zu akzeptieren. Die SPÖ müsse sich nun aber vor allem “inhaltlich und strategisch neu ausrichten”.Kalliauer, der die oö. Landespartei nach dem kurzfristigen Abgang seines Vorgängers Reinhold Entholzer nur interimistisch führt und bis Sommer einen Nachfolger finden will, hatte zuletzt weder Faymann infrage gestellt noch eine Vorverlegung des Parteitags gefordert. Auch in der Frage, wie man es mit der FPÖ halten solle, war er auf der Linie des Ex-Kanzlers.

Faymann habe seine volle Anerkennung für die Arbeit der vergangenen Jahre, betonte Kalliauer am Montag. “Die Regierung wurde leider oft unter ihrem Wert geschlagen, Österreich ist besser als viele andere Länder durch die Finanzkrise gekommen.”

(Schluss) ver/ker/jul

Faymann-Rücktritt für SPÖ-Babler “notwendiger Schritt”

Für Andreas Babler, SPÖ-Bürgermeister in Traiskirchen (Bezirk Baden), ist der Rücktritt Werner Faymanns ein “notwendiger Schritt” gewesen. Man müsse auch personell Akzente setzen, wenn man sich inhaltlich und strukturell erneuern wolle, sagte der als Faymann-Kritiker bekannte Stadtchef zur APA. “Das entscheidet der Parteivorstand”, meinte er auf die Frage, wie es nun weitergehen soll.Traiskirchen/Wien. Wer wie er, Babler, “in der Organisation unterwegs” sei, dem “war klar”, dass Faymann “nicht mehr als Vorsitzender akzeptiert gewesen ist”, so der Bürgermeister weiter. Dass es “Bewegung” gebe, habe man bereits am Wochenende verspürt. Man müsse nun eine “Linie in der Partei finden”, was mit Faymann – und Kanzleramtsminister Josef Ostermayer – “nicht möglich” gewesen sei.

Strache: “Löst Problem der SPÖ nicht”

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ist davon überzeugt, dass der Rücktritt von Bundeskanzler Werner Faymann nicht “das grundsätzliche Problem der SPÖ” löst. Es sei auch relativ gleichgültig, wer Faymann in seinen Funktionen nachfolge, meinte Strache am Montag in einer Aussendung, denn: “Eine Neudekoration der Auslage ändert nichts am mangelhaften Sortiment.”Ein geordneter Übergang sehe anders aus, in der SPÖ herrsche offenbar das blanke Chaos, glaubt Strache. Es dürfe mehr als bezweifelt werden, ob eine Partei, die dermaßen chaotisch agiere, das Zeug habe, Österreich in Krisenzeiten zu regieren. Und während die SPÖ ihr Verhältnis zur FPÖ diskutiere, setze sie auf die Interimslösung Bürgermeister Michael Häupl, der ein Anhänger von Rot-Grün sei, merkte Strache an.

Freude bei Strolz (NEOS)

“Der Rücktritt von Kanzler Werner Faymann ist eine Chance, Österreich zu verändern und das Machtkartell von SPÖVP zu beenden”, freute sich NEOS-Chef Matthias Strolz. Angesichts der Probleme bei Bildung, Standortqualität, Unternehmertum und Föderalismus brauche man “keinen Neustart dieser Regierung, wir brauchen den Start einer neuen Regierung”, sprach sich Strolz in einer Aussendung für Neuwahlen aus.

Sozialistische Jugend fordert Neuaufstellung

Die Sozialistische Jugend (SJ) fordert nach dem Rücktritt von Kanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann einen Neustart. Die SPÖ müsse mit einer personellen Neuaufstellung zur “demokratischen Mitmachpartei mit klaren Inhalten gemacht werden”, so die kritische Parteijugend am Montag in einer Aussendung. SJ-Vorsitzende Julia Herr warnte vor einer Zusammenarbeit mit der FPÖ.”Eine Öffnung Richtung FPÖ bringt keinen einzigen SPÖ-Wähler zurück”, erklärte Herr, die davor warnte die Sozialdemokratie mit der Rot-Blau-Debatte zu spalten. Herr spricht sich dafür aus, Faymanns Nachfolger in einer Urwahl unter allen SPÖ-Mitgliedern zu bestimmen. “Wir müssen darüber sprechen, wie die SPÖ wieder über 30 Prozent und aus eigener Kraft jenseits von ÖVP und FPÖ wieder tonangebend werden kann”, erklärte Herr. “Als SPÖ müssen wir endlich auch wieder in unseren Themenbereichen in die Offensive gehen.”

VSStÖ-Reaktion auf Faymann-Rücktritt

Ähnlich argumentiert der Verbands Sozialistischer Student_innen (VSStÖ). Die VSStÖ-Vorsitzende Katrin Walch sieht Faymanns Kurs in der Asylpolitik gescheitert. Ein personeller Neustart alleine reiche aber nicht. Es brauche jetzt eine Rückbesinnung auf Grundwerte, Kernthemen und Menschlichkeit. Die Parteiorganisation müsse ins 21. Jahrhundert geholt und für engagierte Menschen geöffnet werden. “Die oder der nächste Vorsitzende der SPÖ muss die Kernthemen der SPÖ wieder in den Mittelpunkt der politischen Debatte rücken und in Sachen Asyl und Migration eine klare menschliche Haltung vorweisen”, fordert Walch.

Für die Jugend in der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) ist es jetzt an der Zeit, “die Themen und die Bedürfnisse der Bevölkerung – und da vor allem der jungen Menschen in den Vordergrund zu rücken”, wie FSG-Jugendvorsitzender Mario Drapela erklärte.

Schönborn würdigt scheidenden Kanzler

Positive Abschiedsworte für Werner Faymann kommen aus der Kirche: Kardinal Christoph Schönborn drückte am Montag seine “große Wertschätzung” für den zurückgetretenen Bundeskanzler und SPÖ-Chef aus. Mit Faymanns Wende in der Flüchtlingspolitik habe er sich aber schwer getan, erklärte Schönborn gegenüber Kathpress.Einig sei er mit Faymann in der Überzeugung gewesen, dass es “eine gesamteuropäische Lösung mit mehr Solidarität” in der Flüchtlingsfrage brauche, meinte Schönborn. Ob in Europafragen oder in der Politik: “Ich hatte immer den Eindruck, dass sich Bundeskanzler Faymann ehrlich um einen Ausgleich unterschiedlicher Positionen bemüht hat.” Ausdrücklich würdigte der Kardinal das gute Verhältnis des Bundeskanzlers zu den Kirchen und Religionen in Österreich.

Reaktion auf Kanzler Faymanns Abgang

“Österreich braucht jetzt rasch eine Regierungsspitze, die mit Besonnenheit und Verantwortungsbewusstsein das verloren gegangene Vertrauen wieder zurückgewinnen kann”, sagte der Kardinal mit Blick auf die Zukunftsängste vieler Menschen. “Dafür braucht es vor allem Politiker, die immer den Menschen und das Gemeinwohl im Blick haben und dafür den Weg des Miteinanders gehen.”

Als integrative Persönlichkeit, die sich stets auch um das Gespräch mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften bemüht hat, würdigte auch der lutherische Bischof Michael Bünker Faymann. Es sei dem scheidenden Kanzler ein Anliegen gewesen, jeder Polarisierung in der Gesellschaft entgegenzuwirken und sich für ein “Miteinander in aller Vielfalt auf Basis der Menschenrechte” stark zu machen.

Rote Gewerkschaftsspitze respektiert Entscheidung

Die Spitze der roten Gewerkschafter hat sich über den Rücktritt von Werner Faymann als SPÖ-Chef und Bundeskanzler überrascht gezeigt. Sowohl FSG-Chef Wolfgang Katzian als auch ÖGB-Präsident Erich Foglar betonten aber, dass diese Entscheidung zu respektieren sei. Die Nachricht über Faymanns Rücktritt hatte die Gewerkschafter mitten in ihrer Vorstandssitzung erreicht.”Ich stehe nicht an, Werner Faymann für seine Arbeit zu danken”, sagte Katzian nach dem mehrstündigen Zusammentreffen des FSG-Präsidiums und des Vorstands. Er lobte auch den Umgang des am Montag zurückgetretenen Kanzlers mit den Gewerkschaften. “Das war in letzter Konsequenz eine persönliche Entscheidung des Parteivorsitzenden, die zu respektieren ist”, kommentierte des FSG-Vorsitzende die Ereignisse.

Respekt für Faymanns Entscheidung, zu gehen

“Ich denke, der Entscheidung ist ohne Wenn und Aber Respekt zu zollen”, meinte auch ÖGB-Präsident Foglar .”Jetzt gilt es, den Blick vorwärts zu richten.” Foglar denkt nicht, dass die Diskussion in der SPÖ mit dem überraschenden Rücktritt nun zu Ende ist. Foglar und Katzian verwiesen auf den anstehenden Strategieprozess in der Partei, der auch die Position zur FPÖ behandeln soll. Katzian: “Die Diskussion beschäftigt uns ja nicht seit heute, sondern seit vielen Jahren.”

Eine Präferenz, was Faymanns Nachfolge betrifft, äußersten beide Gewerkschaftsspitzen nach der Vorstandssitzung nicht. Dies werde in den kommenden Tagen besprochen. Mit dem am Montag eingesetzten interimistischen Parteichef, dem Wiener Bürgermeister Michael Häupl, habe man kein Problem, so Foglar: “Dass einer der stellvertretenden Vorsitzenden die Partei übernehmen muss, ist natürlich Sinn und Zweck eines Stellvertreters.”

Van der Bellen: Chance für Neubeginn

Der von den Grünen unterstützte Bundespräsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen hat Werner Faymann Respekt für seinen Entscheidung zum Rücktritt als SP-Chef und Bundeskanzler gezollt. “Das kann der erste Schritt für einen Neubeginn in Österreich sein. Unser Land braucht diesen Neubeginn jetzt”, erklärte er am Montag in einer Aussendung.Sehr viele Menschen seien zur Zeit unzufrieden mit der Politik der Bundesregierung. Sie hätten den Eindruck, dass zu viel gestritten und zu wenig zusammengearbeitet werde und dass bei den großen Herausforderungen, vor denen Österreich zweifellos stehe, zu wenig weitergehe, meinte der Kandidat.

“Es braucht jetzt gemeinsame Anstrengungen im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, es braucht Wachstumsimpulse für unsere Wirtschaft, und es braucht die besten Bildungschancen für unsere Kinder und Jugend”, so Van der Bellen. “Ich werde als Bundespräsident mit voller Kraft einen Neustart unterstützen, damit es mit Österreich wieder aufwärts geht.”

“Hofer hat bereits gewirkt”

Keine Reaktion von FPÖ-Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer persönlich, aber eine seines Sprechers Martin Glier gab es zum Rücktritt von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) am Montag. “Hofer hat bereits gewirkt, ohne dass er Bundespräsident ist”, meinte er kurz zur APA.

Gabriel: Österreich braucht “stabile Regierung”

SPD-Chef Sigmar Gabriel hat den Rücktritt von Bundeskazler Werner Faymann (SPÖ) bedauert und hofft nun auf geordnete Verhältnisse in Wien. “Österreich braucht jetzt eine stabile und handlungsfähige Regierung, um die großen Aufgaben, vor denen wir in Europa gemeinsam stehen, zu bewältigen”, sagte Gabriel am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Faymann, der kurz zuvor wegen mangelnden Rückhalts in den eigenen Reihen das Handtuch geworfen hatte, habe viel für den Zusammenhalt Europas getan, sagte der Vize-Kanzler.”Ich bin zuversichtlich, dass die europäische Sozialdemokratie auch mit Werner Faymanns Nachfolger einen verlässlichen und konstruktiven Partner haben wird”, erklärte Gabriel. Faymann sei nicht nur ein großer Freund der deutschen SPD, sondern auch sein persönlicher Freund. Beides werde über den Tag hinaus Bestand haben.

Lunacek: Symbol für EU-politischen Scherbenhaufen

Als “Symbol für den europapolitischen Scherbenhaufen” bezeichnete die grüne Delegationsleiterin im EU-Parlament, Ulrike Lunacek, den Rücktritt von Bundeskanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann. Faymann und “seine SPÖ-ÖVP-Koalition mit ihrer Grenzzaun- und Obergrenzenpolitik” habe diesen Scherbenhaufen zu verantworten.Wer immer jetzt Nachfolger von Faymann werde, sei gefordert, Österreich wieder als konstruktives Mitglied in der EU zu positionieren. Österreich müsse wieder Lösungen vorantreiben und nicht mit Alleingängen die europäischen Partner vor den Kopf stoßen, sagte Lunacek.

>>Faymann geht – aktuelle Ereignisse im Live-Ticker

(apa/red)

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