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Quartiersuche wegen überfülltem Flüchtlingslager in Traiskirchen

Bis zu 3.000 Flüchtlinge in Erstaufnahmezentrum, 700 ohne Bett
Bis zu 3.000 Flüchtlinge in Erstaufnahmezentrum, 700 ohne Bett ©AP/APA (Sujet)
Einen Tag vor Ablauf des Ultimatums von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) an die Länder, die vereinbarten Quoten hinsichtlich der Flüchtlingsbetreuung zu erfüllen, hat am Donnerstag die Überbelegung des Flüchtlingslagers Traiskirchen für Aufsehen gesorgt. Bis zu 3.000 Personen halten sich derzeit dort auf, rund 700 sind ohne Bett. Auch im Innenressort sprach man von unhaltbaren Zuständen.

Ausgelegt ist das Erstaufnahmezentrum Traiskirchen für 1.820 Personen, zusätzlich sind neben dem Lager derzeit Zelte mit 480 weiteren Schlafplätzen aufgebaut. Diese insgesamt 2.300 Betten reichen aber nicht aus. Denn besonders starker Andrang in den letzten fünf Wochen und nur schleppende Übernahme von Asylwerbern in die Betreuung durch die Länder haben in Spitzenzeiten die Zahl der Personen im Lager auf rund 3.000 ansteigen lassen, begründete man im Innenministerium die Situation.

Quartiersuche wegen überfülltem Flüchtlingslager

Ins Rollen gebracht hatte die Debatte um die starke Überbelegung der Wiener Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner: Nach einem Besuch im Lager am Mittwochabend wies er auf die 700 fehlenden Schlafplätze hin. Er sprach von einem “Ort der Schande” und berichtete von Schlafenden “in Wartesälen, in Garagen, im Freien unter Bäumen”.

Eine “erstmalige” Situation

Am Donnerstagnachmittag, den 18. Juni, bestätigte das Innenministerium dann die Zahlen der Caritas. Man könne derzeit jenen Personen, die einen Antrag stellen, nicht direkt ein Quartier inklusive Schlafplatz zur Verfügung stellen, sagte Ministeriums-Sprecher Karl-Heinz Grundböck – eine “erstmalige” Situation, wie er einräumte. Die betroffenen Personen, die sich im Erstaufnahmeprozedere befinden, wären zwar nicht obdachlos, da man ihnen im Gelände einen Platz anbiete; sie würden aber über kein Bett verfügen und müssten etwa auf Decken schlafen.

Zuständigkeit der Länder

Laut Daten des Innenressorts hatte es in Traiskirchen in den letzten fünf Wochen 8.710 neue Asylanträge gegeben. Überstellungen von Asylwerbern an die Bundesländer gab es hingegen nur 2.967. Die Säumigkeit der Länder sah man im Innenministerium auch dadurch untermauert, dass Anfang dieser Woche (Stand Montag) 2.138 Asylwerber zur Übernahme durch die Länder bereitgestanden wären. Diese haben bereits das Zulassungsverfahren durchlaufen und wären damit eigentlich in die Zuständigkeit der Länder gefallen. Die betroffen Personen wurden aber bisher von den Ländern nicht übernommen.

Die Zustände im Traiskirchner Lager bezeichnete Grundböck als “unhaltbar. “Es sind schlicht keine Plätze da für die neuen Antragsteller”, sagte er.

Entspannung der Lage

Eine Entspannung der Lage in Traiskirchen erhofft man sich im Innenministerium durch nun anlaufenden Übernahmen von Flüchtlingen durch die Bundesländer. Am Donnerstag wurden 300 Asylwerber in die Betreuung der Bundesländer übernommen. Weitere Entlastung soll die Zusage des Wiener Neustädter Bürgermeisters Klaus Schneeberger (ÖVP) bringen, weitere 400 Flüchtlinge in einem Übergangsquartier unterzubringen. Die Vorarbeiten dafür laufen, bereits am Freitag sollen die ersten Betroffenen dorthin übersiedeln.

“Die Situation ist und bleibt angespannt”

Ressortchefin Mikl-Leitner sprach Schneeberger dafür ihren “großen Dank” aus. Das Problem ist für sie damit aber nicht aus der Welt: “Die Situation ist und bleibt angespannt für Traiskirchen.” Die Ministerin verwies daher auch auf ihr laufendes Ultimatum: Sollten die mit den Ländern vereinbarten Quoten zur Flüchtlingsunterbringung bis dahin nicht eingehalten werden, würden Kasernen geöffnet, hatte sie ja bereits vor Wochen angekündigt.

“Quotenerfüllung sei ‘illusorisch'”

Mikl-Leitner betonte auch – mit Blick auf Kärnten -, dass sie aufgrund der angespannten Lage Anfang dieser Woche “um die Öffnung der Kaserne jenes Bundeslandes gebeten habe, das bereits selber gesagt hat, eine Quotenerfüllung sei ‘illusorisch'”. Gegen diese Pläne kam am Donnerstag aus dem südlichsten Bundesland weiter massiver Widerstand. Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) betonte erneut, er habe sich von Anfang an gegen Kasernen als Unterbringungsorte ausgesprochen, denn es sei nicht klug, traumatisierte Menschen dort unterzubringen. Und Bleiburgs Bürgermeister Stefan Visotschnig (SPÖ) nannte “die Leute im Ministerium” gar “Diktatoren” und auch Vizebürgermeister Daniel Wrießnig (ÖVP) zeigte sich “entsetzt” darüber, wie man mit Bleiburg umgehe.

Geforderte Quote bei Flüchtlingsunterbringung

Die Chance, ihre Bedenken gegenüber der Ressortchefin zu äußern, haben die Länder-Vertreter bereits am Freitag, wenn Mikl-Leitners Ultimatum ausläuft: Dann steht in St. Pölten ein Treffen der Ministerin mit den zuständigen Landesreferenten am Programm. Derzeit schaffen jedenfalls nur drei Bundesländer die geforderte Quote bei der Flüchtlingsunterbringung, und zwar Wien, die Steiermark und Niederösterreich.

“Koordinierungs-Treffen” zum Thema Asyl

Fix sind nun auch die Termine für die von der Regierungsspitze ins Auge gefassten “Koordinierungs-Treffen” zum Thema Asyl. Am kommenden Montagnachmittag wird es dazu ein Treffen mit den NGOs geben, für Mittwochnachmittag werden dann die Landeschefs zu einem Treffen mit der Regierungsspitze geladen.

(APA/Red.)

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