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Prozess gegen ranghohen Tiroler Polizisten wegen sexueller Nötigung

Feldkirch - Wegen geschlechtlicher Nötigung und Missbrauchs der Amtsgewalt muss sich seit den Vormittagsstunden ein ranghoher Mitarbeiter der Tiroler Sicherheitsdirektion vor dem Landesgericht Feldkirch verantworten. Die Anklage wirft dem Spitzenpolizisten vor, eine Interessentin für den Polizeidienst in seinem Büro sexuell bedrängt zu haben, was der Mann vor dem Schöffensenat vehement in Abrede stellte.
Bilder vom Prozess

Zudem hat der Beamte in vier Fällen Protokolle von Testberichten von Sicherheitskontrollen am Innsbrucker Flughafen verfälscht ans Innenministerium nach Wien geschickt. Der Prozess ist bis 17.00 Uhr anberaumt, im Falle eines Schuldspruchs drohen dem Spitzenpolizisten bis zu fünf Jahre Haft.

Vorwürfe werden bestritten

Der Angeklagte berichtete vor Gericht von dem Interesse der Frau, Polizistin werden zu wollen. Sie sei ihm vom Flughafensicherheitsdienst bekanntgewesen, und er habe sie dabei durch gutes Zureden unterstützt, betonte der Mann. Es sei aber in keiner Weise zu sexuellen Berührungen gekommen. Drei Küsse habe es gegeben, ausgegangen seien diese Zärtlichkeiten aber von der Frau, erklärte der Beamte auf entsprechende Frage von Richter Peter Mück. Sie habe bis zuletzt gedacht, dass er ihr bei der Aufnahme zur Polizei behilflich sein könne, was aber nicht der Fall sei. Das habe er ihr auch klar gesagt. Nachdem sie bei der Aufnahmeprüfung durchgefallen sei, habe die Stimmung bei der Frau umgeschwenkt. Am Ende sei die Anzeige gegen ihn aus Rache erfolgt.

Verteidiger Albert Heiss versuchte in seinem Eingangsplädoyer, die Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers zu erschüttern. Die Frau habe angegeben, dass sein Mandant die zwei Türen seines Büros versperrt habe, ehe es zu dem angeblichen Übergriff gekommen sei. Ein kriminaltechnisches Gutachten habe aufgrund von Lackspuren aber zweifelsfrei ergeben, dass eine der beiden Türen schon sei Jahren nicht mehr abgeschlossen wurde.

“Sexeskapaden” kamen zur Sprache

Zur Sprache kamen dabei auch die “Sexeskapaden” (Mück) des Angeklagten mit anderen Frauen in seinem Büro, die der mehrfache Familienvater einräumte und durch Spermaspuren auf der Büro-Couch belegt sind. “Wie haben Sie sichergestellt, dabei nicht gestört zu werden?”, wollte das Gericht wissen. “Indem keine Sekretärin da war” und er die Türe zum Gang versperrt habe, so der Beamte. Im Falle des mutmaßlichen Opfers sei die Tür aber offen gewesen.

Hinsichtlich der vier Testberichte gab der Angeklagte zu, diese ohne das Wissen der Verfasser abgeändert zu haben. “Sie haben in einem Fall aus einem Bericht gestrichen, dass eine Mitarbeiterin des Flughafensicherheitsdienstes bei einem Test eine Sprengstoffattrappe nicht erkannt hat“, konfrontierte Staatsanwältin Andrea Rohner den Angeklagten mit dem diesbezüglich wohl schwerwiegendsten Vorwurf. Dieser sprach von einem Irrtum und von “sozialen Erwägungen“, außerdem falle die Abänderung der Berichte in seine ureigenste Kompetenz. Er habe dies auch deshalb nicht in sauberer Form – etwa mit einem Begleitschreiben – gemacht, weil dies sein Arbeitspensum nicht zulasse.

Die Mitarbeiterin habe die Attrappe nicht aus Unfähigkeit nicht erkannt, sondern weil sie abgelenkt gewesen sei. Obwohl er sie in der ersten Wut “am liebsten hinausgeschmissen” hätte, habe er ihr stattdessen eine Nachschulung aufgebrummt und einen schriftlichen Verweis erteilt. “Ich habe nie jemandem etwas geschenkt“, betonte der Mann.

Im Prozess gegen den hochrangigen Tiroler SID-Beamten wird am Donnerstag höchstwahrscheinlich kein Urteil ergehen. Das erklärte Richter Peter Mück auf APA-Anfrage in einer Verhandlungspause. Man werde den Rest des Tages für die Einvernahme der insgesamt elf geladenen Zeugen benötigen, schätzte Mück. Die Befragung der Zeugen solle aber jedenfalls am Donnerstag abgeschlossen werden. Wann die Verhandlung im Falle einer Vertagung fortgesetzt werden könnte, vermochte Mück vorerst nicht zu sagen.

Am späten Vormittag wurde die Verhandlung zum Großteil unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Der Grund dafür war, dass Sachverhalte zu den Sicherheitskontrollen am Flughafen Innsbruck zur Sprache kamen.

Zwei Jahre zwischen Vorfall und Anzeige

Am Nachmittag wurden Kolleginnen und Kollegen des mutmaßlichen Opfers befragt, denen sich die Frau anvertraut hatte. Einer damaligen Freundin soll sie erzählt haben, dass der Angeklagte sich ihr “genähert” habe, andere berichteten von “Betatschen” des Oberschenkels und des Busens. Sie sei nach dem Treffen mit dem Beamten “fertig” gewesen. Übereinstimmend wurde berichtet, dass die Frau nach dem Vorfall im Sommer 2007 dem Spitzenpolizisten so gut wie möglich aus dem Weg gegangen sei. “Sie war immer sehr nervös, wenn er da war“, stellte die ehemalige Kollegin fest.

Eine gute Freundin des mutmaßlichen Opfers hat nach eigenen Angaben wenige Tage nach dem Vorfall von dem angeblichen Übergriff erfahren, ihr aber versprochen, nichts weiterzuerzählen. “Es stand Aussage gegen Aussage, und sie wollte ihren Job nicht verlieren“, begründete die Freundin die lange Verzögerung bis zur Anzeige im Herbst 2009. Den Mut zur Anzeige habe die Frau erst aufgebracht, als bei dem Flughafensicherheitsdienst “ein zweiter Fall” die Runde gemacht habe – demnach soll es im Büro des Angeklagten zu Geschlechtsverkehr mit einer Kollegin des angeblichen Opfers gekommen sein, nachdem die Kollegin “Nein” gesagt und der Angeklagte “Bitte, bitte” gebettelt habe. Angeklagt ist dieser Vorfall nicht.

Jene Mitarbeiterin, die bei dem Sicherheitstest die Sprengstoffattrappe übersah, sagte aus, dass sich der Angeklagte ihr gegenüber völlig korrekt verhalten habe. Bei dem klärenden Gespräch in seinem Büro habe er ihr weder mit Konsequenzen gedroht noch sich ihr genähert. “Er hat mir zum Trost zweimal auf den Arm geklopft, das war’s“, sagte die Frau. Es habe keine Umarmung und auch keinen Kuss gegeben.

Prozess wurde vertagt

Der Prozess gegen den hochrangigen Tiroler SID-Beamten ist am Donnerstag kurz nach 17.00 Uhr auf unbestimmte Zeit vertagt worden. Zum nächsten Verhandlungstermin sollen weitere Zeugen geladen werden, hieß es. Auch das Video der kontradiktorischen Einvernahme des mutmaßlichen Opfers wurde am Donnerstag noch nicht abgespielt und soll dem Schöffensenat erst bei der Fortsetzung der Verhandlung gezeigt werden.

APA

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