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Prozess gegen "liebestollen Bombendroher"

Bombendrohung am Feldkircher Bahnhof beschäftigte heute das Gericht
Bombendrohung am Feldkircher Bahnhof beschäftigte heute das Gericht ©VOL.at/ Schmidt
Feldkirch, Wien - "Haben wir nicht jeden Tag, so einen liebestollen Bombendroher", begrüßte Richter Peter Liebetreu am Dienstag im Wiener Straflandesgericht jenen Mann, der am 11. August 2011 mit einem frühmorgendlichen Anruf im Callcenter der ÖBB für helle Aufregung gesorgt hatte.
Bombendrohung am Bahnhof Feldkirch
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Im Zug zwischen Bregenz und Bludenz sei im vierten Waggon eine Bombe deponiert, teilte der 30-jährige Wiener über ein anonymes Wertkartenhandy mit.

Mit dem Anruf wollte der Mann bewirken, dass eine Polin, die in besagtem Zug saß und nach Wien weiterreisen wollte, in der Bundeshauptstadt ihren Anschlusszug in ihre Heimat verpasste. Der Mann war in die junge Frau schwer verliebt. “Ich hab’ wirklich nur im Kopf g’habt, dass sie länger bei mir bleibt und ich mit ihr reden kann oder sonst was”, erklärte der Angeklagte.

Sprengstoffsuchhunde durchkämmten Zug

Die telefonische Bombendrohung führte dazu, dass der Zug, der in diesem Moment in Richtung Bregenz unterwegs war, unverzüglich am Bahnhof in Feldkirch angehalten und geräumt wurde. Nachdem der Bahnhof evakuiert worden war, wurden die Waggons von der Polizei mit Sprengstoffsuchhunden durchkämmt. Sicherheitshalber wurden zwei weitere Züge gestoppt und ebenfalls geräumt und untersucht. Bomben wurden keine gefunden.

Der 30-Jährige hatte seine Angebetete 2008 übers Internet kennengelernt. Wieweit seine Zuneigung ging, obwohl es niemals zu körperlichem Kontakt gekommen war, zeigte sich, als die Frau kurz darauf in Peru verhaftet wurde, weil in ihrem Reisegepäck 2,2 Kilogramm Kokain entdeckt wurden. Als der Wiener davon erfuhr, flog er umgehend nach Peru, suchte die lokale Polizeibehörde auf und behauptete, er sei der Drahtzieher des Drogendeals und die Festgenommene vollkommen unschuldig.

“Ich wollte für sie der Retter in der Not sein”

“Die haben mir das nicht geglaubt”, berichtete der Angeklagte nun dem Richter. Mit insgesamt 17.000 Euro, die er im Lauf der Zeit überwies, erleichterte er der Frau die zwei Jahre, die sie im Gefängnis zubringen musste.

Nach ihrer Rückkehr nach Europa “hat sie mir wirklich Hoffnung gegeben, dass wir eine richtige Beziehung haben werden. Zu ihrer Mutter hab’ ich schon ‘Mama’ gesagt”, gab der 30-Jährige zu Protokoll.

Die Hoffnung erfüllte sich aber nicht, und als er davon Wind bekam, dass die Polin endgültig in ihre Heimat zurückkehren wollte, habe er in einer “Kurzschlussreaktion” einen möglichst langen Aufenthalt in Wien erzwingen wollen. Infolge seiner Bombendrohung traf die Frau mit erheblicher Verspätung am Westbahnhof ein, wo sie ihr Verehrer erwartete: “Ich wollte für sie der Retter in der Not sein.”

Doch die Frau dachte gar nicht daran, sich mit dem 30-Jährigen abzugeben, an dem sie nicht weiter interessiert war. Sie bat ihn, sie zum Südbahnhof zu chauffieren, wo sie in den nächsten Zug nach Warschau stieg und auf Nimmerwiedersehen verschwand.

Angeklagtem drohen bis zu fünf Jahre Haft

Dem wegen schwerer Nötigung Angeklagten drohen nun bis zu fünf Jahre Haft. Die ÖBB wollen von dem Beschäftigungslosen 5.627 Euro – mit dieser Summe beziffert das Unternehmen den angerichteten Schaden. Darüber hinaus droht dem 30-Jährigen der Widerruf einer offenen einjährigen bedingten Freiheitsstrafe: 2010 war er wegen vorsätzlicher Gemeingefährdung verurteilt worden, weil er mit einem Freund auf der Donauuferautobahn aus dem fahrenden Auto heraus 50 Pkw mit einer Paintball-Pistole beschossen hatte.

Da die Verteidigerin die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens verlangte, um eine allfällige Zurechnungsunfähigkeit ihres Mandanten feststellen zu lassen, wurde die Verhandlung auf unbestimmte Zeit vertagt.

(APA)

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