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Porsche stockt VW-Beteiligung auf

In einem spektakulären Kurswechsel stockt Porsche seine VW-Beteilung nun doch abermals auf - plant aber derzeit weiterhin keine Komplettübernahme von Europas größtem Autobauer.

„Der Aufsichtsrat der Porsche AG hat den Vorstand in seiner heutigen außerordentlichen Sitzung ermächtigt, die Beteiligung an der Volkswagen AG von derzeit 27,3 Prozent auf bis zu 31 Prozent der Stammaktien zu erhöhen und damit ein Pflichtangebot für Volkswagen abzugeben““, teilte Porsche am Samstag in Stuttgart mit. „Der Vorstand beabsichtigt, diese Ermächtigung kurzfristig auszunutzen.“

Porsche-Vorstandschef Wendelin Wiedeking hatte noch Anfang März beim Genfer Autosalon bekräftigt, dass ein solcher Schritt nicht geplant sei und die Beteiligung unter der 30-Prozent-Marke gehalten werden solle. „Es gibt zurzeit keine Pläne, die darüber hinausgehen“, hatte Wiedeking gesagt. Porsche war im September 2005 bei VW eingestiegen und hatte damals zunächst maximal 20 Prozent des stimmberechtigten Kapitals angepeilt. Auch damals war schon betont worden, dass die Beteiligung „auf keinen Fall“ die Schwelle erreichen werde, bei der ein öffentliches Übernahmeangebot nötig sei.

Porsche-Sprecher Anton Hunger betonte am Samstag, dass weiterhin keine Übernahme von Volkswagen geplant sei. „Wir zielen nicht auf eine Mehrheit“, sagte er am Samstag gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Meldungen, Porsche wolle Volkswagen übernehmen, bezeichnete er als „Fehlinterpretation“. Porsche wolle bei VW lediglich die Beteiligungsschwelle von 30 Prozent überschreiten, damit ein Pflichtangebot zur Übernahme ausgelöst wird und „wir von dem Moment an jede Freiheit haben zu reagieren“.

Porsche verfügt nach eigenen Angaben über eine jederzeit ausübbare Option zum Kauf von bis zu 3,7 Prozent der VW-Stammaktien. „Das Pflichtangebot wird nach Überschreitung der Stimmrechtsschwelle von 30 Prozent allen VW-Aktionären unterbreitet“, heißt es weiter. Mögliche weitere Erhöhungen der VW-Beteiligung lösen dann keine weitere Pflicht zur Abgabe eines Angebots an die außen stehenden VW-Aktionäre aus. „Ob, wann und zu welchen Konditionen solche Erhöhungen erfolgen werden, steht gegenwärtig noch nicht fest“, heißt es in der Porsche-Mitteilung.

Dass Porsche nicht mit einem massiven Zulauf weitere VW-Aktien kalkuliert, illustriert auch die Preisvorstellung für die Anteile:

Man wolle im Rahmen des Pflichtangebots lediglich den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestpreis offerieren, der sich für Stammaktien auf voraussichtlich 100,92 Euro belaufe. Die VW-Aktie notiert aber nach dem jüngsten 6-prozentigen Kurssprung derzeit schon bei 117,70 Euro und war in der Spitze am Freitag sogar für mehr als 119 Euro gehandelt worden. Ein Aufschlag auf den Mindestpreis sei aber nicht angemessen, „da sich der Kurs der VW-Stammaktien seit Einstieg des Stuttgarter Sportwagenherstellers bereits mehr als verdoppelt“ habe. Die Finanzierung des Übernahmeangebots ist mit einem vorsorglich vereinbarten Kreditrahmen in der Größenordnung von 35 Milliarden Euro gesichert.

Der Porsche-Sprecher widersprach zudem Spekulationen am Aktienmarkt, die Familien Porsche und Piºch kauften seit Monaten VW-Aktien, um einen gemeinsamen Autokonzern zu schmieden. Diese Gerüchte stimmten „absolut nicht“, sagte er. „Die Familien Porsche und Piºch haben im Vorfeld weder Vorzugs- noch Stammaktien gekauft.“ Hintergrund für die Aufstockung ist laut Porsche auch der erwartete Fall des VW-Gesetzes, das Porsche wegen der darin enthaltenen Stimmrechtsbeschränkungen für Großaktionäre ein Dorn im Auge ist – und voraussichtlich vom Europäischen Gerichtshof gekippt werden wird. Zudem sei der Schritt logisch, „um die weltweiten Herausforderungen im hart umkämpften Automobilmarkt noch besser bewältigen zu können“.

Im Zusammenhang mit dem Ausbau der VW-Beteiligung baut Porsche auch seine Konzernstruktur um: Künftig sollen die Beteiligungen von einer Holding geführt werden, die zudem in eine europäische Aktiengesellschaft („Societas Europaea“/SE) mit Sitz im Großraum Stuttgart umgewandelt werden soll. Das operative Geschäft werde in eine 100-prozentige Tochtergesellschaft mit Sitz in Stuttgart ausgegliedert, teilte Porsche am Samstag mit. „Der Vorstand betont in diesem Zusammenhang: Porsche bleibt Porsche.“ Sowohl an der Struktur der Werke, den Zulieferern, Händlern und Partnern werde sich nichts ändern. „Die bestehenden Geschäftsverbindungen und Rechtsverhältnisse bleiben durch die Transaktion unberührt.“ Die Entscheidung über den gesellschaftsrechtlichen Umbau soll auf einer außerordentlichen Hauptversammlung voraussichtlich im Juni fallen.

Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) begrüßte die Pläne von Porsche. „Angesichts der weltweiten Herausforderungen ist es ein Segen, dass die Volkswagen AG mit der Porsche AG und dem Land Niedersachsen zwei verlässliche Partner hat“, sagte Wulff am Samstag der dpa. Niedersachsen ist mit knapp 21 Prozent zweitgrößter VW-Aktionär. Die Volkswagen AG sieht einen weiteren Schritt zu einer stabilen Aktionärsstruktur. „Der Volkswagen-Konzern und seine acht Marken haben noch großes Potenzial. Ich bin sicher, dass Porsche wie jeder Investor in die Volkswagen-Aktie damit ein gutes Investment tätigt“, sagte der VW-Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn.

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