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Polizisten weigerten sich, Anzeige aufzunehmen

Frau bedrohte zwei junge Mädchen mit einem Rasiermesser - als die beiden die Tat anzeigen wollten, weigerten sich die Beamten die Anzeige aufzunehmen - "ist ja nichts passiert" - Prozess.

In einer Wiener Straßenbahn haben sich an einem Septemberabend vor einem Jahr dramatische Szenen abgespielt. Eine laut Zeugenaussagen drogenabhängige Frau bedrohte zwei junge Mädchen mit einem Rasiermesser, wollte der damals 17-jährigen Anna den Rucksack entreißen. Nach dem Vorfall ging Anna mit ihrer Familie zur Polizei, um Anzeige zu erstatten. Doch die Beamten weigerten sich, die Anzeige aufzunehmen, es sei ja nichts passiert, sagten sie. Heute, Montag, mussten sich die Beamten wegen Amtsmissbrauch vor Gericht verantworten.


Der 33-jährige Polizist und seine gleichaltrige Kollegin wurden von einem Schöffensenat (Vorsitz: Natalia Frohner) schuldig gesprochen und zu acht bzw. sechs Monate bedingt verurteilt. Ihr Verteidiger legte Nichtigkeitsbeschwerde ein, die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.


An besagtem Abend fuhr Anna mit ihrer heute 19-jährigen Freundin mit der Straßenbahnlinie 25 nach Hause, als sie plötzlich von einer ihren Angaben zufolge drogensüchtigen jungen Frau attackiert wurden. Zunächst warf diese nur mit Medikamentenpackungen auf die beiden Mädchen, danach ging sie mit Schlägen auf Anna los. Doch die Tortur war noch lange nicht zu Ende: Unter lauten Rufen ihres Begleiters „Stich sie ab“ packte die junge Frau ein Rasiermesser aus, fuchtelte damit vor dem Gesicht der 17-Jährigen, schnitt ihr sogar eine Haarsträhne ab. Dabei soll sie am Rucksack von Anna gezerrt haben. Erst durch das beherzte Eingreifen des Straßenbahnfahrers, der die beiden Randalierer aus der Bim warf, war der Spuk zu Ende.


Als die Jugendliche den Vorfall ihrer Mutter schilderte, packte sich die Familie zusammen und fuhr zu einem Kommissariat, um Anzeige zu erstatten. Nach Aussage der beiden angeklagten Beamten hätte die Familie jedoch das Geschehene ganz anders dargestellt. Es sei keine Rede von einem Überfall gewesen, höchstens von einer Auseinandersetzung in einer Straßenbahn. Die Familie hätte auch nichts von einem Messer erzählt, nur, dass die Tochter gestoßen worden sei. Die Polizisten belehrte die Familie, dass der Zwischenfall keine strafrechtliche Relevanz hätte. Laut den Angeklagten wollte man auch keine Anzeige erstatten, sondern den Vorfall „nur melden“. „Warum sollten wir einen Menschen wegschicken, der Hilfe braucht“, sagte die 33-jährige Angeklagte.


Dem widersprach die Familie. „Wir hatten das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden“, so die Mutter. Einen Tag nach dem Überfall wurde bei einer anderen Polizeistation Anzeige erstattet. Mit der Hilfe eines befreundeten pensionierten Kriminalbeamten hat Anna auch einen Beschwerdebrief an das Innenministerium geschrieben.

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