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Politik soll beim ZDF weniger zu sagen haben

Ranghohe ZDF-Mitglieder begrüßten das Urteil
Ranghohe ZDF-Mitglieder begrüßten das Urteil
Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat den Einfluss von Politikern auf das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) beschränkt. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk dürfe nicht zum "Staatsfunk" werden. Der Anteil der Vertreter von Staat und Parteien in den Aufsichtsgremien dürfe höchstens ein Drittel betragen, entschied das Gericht am Dienstag.


Ranghohe Vertreter von ARD und ZDF begrüßten das Urteil. “Die Entscheidung stärkt die Unabhängigkeit des ZDF”, sagte ZDF-Intendant Thomas Bellut. “Das Fundament der Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks” sei gestärkt worden, so der ARD-Vorsitzende Lutz Marmor. Rheinland-Pfalz und Hamburg hatten gegen zu viel staatlichen Einfluss beim ZDF geklagt und damit überwiegend Erfolg.

Die Richter des Ersten Senats erklärten mehrere Regelungen des ZDF-Staatsvertrags für verfassungswidrig. Die Länder haben bis Ende Juni 2015 Zeit für eine Neuregelung. Unmittelbar betrifft die Karlsruher Entscheidung nur das ZDF – die Grundsätze des Urteils sind aber auf alle öffentlich-rechtlichen Sender anwendbar, also auch auf die ARD-Anstalten. “Für jede einzelne ARD-Anstalt ist die Situation im Detail unterschiedlich”, sagte Marmor, zugleich NDR-Intendant. “Für den NDR-Staatsvertrag ergibt sich aus dem Urteil nach erster Durchsicht meiner Meinung nach kein unmittelbarer Änderungsbedarf.”

Die Aufsichtsorgane müssten “nach den Grundsätzen der inhaltlichen Vielfaltssicherung und der weitgehenden Staatsferne ihrer Mitglieder” zusammengesetzt sein, sagte der Vizepräsident des obersten deutschen Gerichts, Ferdinand Kirchhof, bei der Urteilsverkündung. “Das Gebot der Staatsferne verbietet eine Instrumentalisierung des Rundfunks durch den Staat und verlangt eine weitgehende Besetzung der Aufsichtsgremien mit staatsfernen Mitgliedern.”

Derzeit besteht der Fernsehrat des ZDF, der 77 Mitglieder hat, zu 44 Prozent aus staatsnahen Vertretern. Im Verwaltungsrat, der den Intendanten überwacht, sind 6 von 14 Mitgliedern Staat und Parteien zuzurechnen. Die Begrenzung auf ein Drittel betrifft Angehörige von Parlament und Regierung, aber auch Beamte in Leitungsfunktionen und Mitglieder, die von politischen Parteien entsandt werden.

Die anderen, “staatsfernen” Gremienmitglieder vertreten größtenteils gesellschaftliche Gruppen – beispielsweise Kirchen, Gewerkschaften und Arbeitgeber. Die Richter legten fest, dass diese Gruppen keine Parlamentarier oder hochrangige Vertreter aus Parteien oder Regierungen in die Gremien schicken dürfen.

Auslöser der Klage von Rheinland-Pfalz und Hamburg war der Streit um den früheren ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender gewesen. 2009 hatten CDU-nahe Verwaltungsräte Brenders Vertrag nicht verlängert, obwohl sich der Intendant dafür ausgesprochen hatte. “Ich glaube, die Auseinandersetzungen um meinen Fall haben sich gelohnt”, sagte Brender. “Das Urteil des Gerichts ist relativ klar: Es erfordert eine Menge an Veränderungen in den Bundesländern, neue Staatsverträge. Und es zeigt deutlich den Politikern die Grenzen ihres Einflusses auf.”

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