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Mays "Plan B" für den Brexit mit Spannung erwartet

May stellt am Montag im Unterhaus ihre Pläne vor
May stellt am Montag im Unterhaus ihre Pläne vor ©APA (AFP)
Mit Spannung wird der "Plan B" der britischen Premierministerin Theresa May für einen Austritt aus der EU erwartet.

Knapp eine Woche nach dem Nein des Unterhauses zum Brexit-Abkommen will May gegen 16.30 Uhr vor den Abgeordneten darlegen, wie ein geregelter EU-Austritt doch noch gelingen soll. Dem Vernehmen nach will May das Nordirland-Friedensabkommen ändern, um ihren Deal zu retten.

May wird am Nachmittag im Unterhaus ihre Brexit-Pläne vorstellen. Am Dienstag vergangener Woche hatten ihr die Abgeordneten eine historische Niederlage beschert, als sie mit großer Mehrheit gegen das mit der EU ausgehandelte Austrittsabkommen stimmten. Nach einem überstandenen Misstrauensvotum führte May Verhandlungen mit Oppositionsvertretern und sprach mit anderen EU-Regierungschefs wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den EU-Spitzen.

Unklar ist, ob die konservative Regierungschefin tatsächlich ein konkretes Konzept vorlegen wird. Als wahrscheinlicher gilt in London, dass May dem Parlament einen Fahrplan zur Konsensfindung präsentiert.

Lösung mit Irland als Knackpunkt

Ein Knackpunkt in den Verhandlungen ist die im Brexit-Abkommen festgeschriebene Auffanglösung für die Grenze zwischen der britischen Provinz Nordirland und Irland. Der sogenannte Backstop sieht vor, dass das Vereinigte Königreich in einer Zollunion mit der EU bleibt, wenn keine andere Vereinbarung getroffen wird. Die Brexit-Hardliner befürchten, dass Großbritannien damit auf unabsehbare Zeit an die EU gebunden bliebe.

Die EU-Kommission sieht die Verantwortung für die nächste Entwicklung in der Brexit-Causa eindeutig bei Großbritannien. “Ich kann nur eines sagen, erwartet keine Antworten aus Brüssel”, so ein Sprecher der Brüsseler Behörde am Montag.

Es sei “der Moment für London, sich zu äußern”. Es sei jedenfalls “absolut korrekt”, dass die irische Grenzfrage Teil des zwischen May und der EU ausverhandelten Brexit-Ausstiegsvertrags und nicht verhandelbar sei. “Der Backstop ist Teil des Ausstiegsabkommens”, sagte der Sprecher.

May strebt bilateralen Vertrag an

Nach Informationen der “Sunday Times” plant May einen bilateralen Vertrag mit Irland, um eine Lösung für die Nordirland-Frage zu erreichen. Die Premierministerin wolle dadurch die Auffanglösung umgehen. Der konservative Abgeordnete Graham Brady sagte der BBC, wenn das Problem des Backstop gelöst werden könne, dürfte das Austrittsabkommen die Zustimmung des Parlaments bekommen.

Der rumänische EU-Vorsitz hat sich offen für Änderungen an der Brexit-Vereinbarung mit Großbritannien gezeigt. Wenn in London Klarheit über den Kurs herrsche, werde die EU versuchen, ihre “Position anzupassen”, sagte Außenminister Teodor Melescanu am Montag in Brüssel.

Obgleich die EU weiter hinter Irland stehe, könne dabei auch über die umstrittene Auffanglösung für Nordirland gesprochen werden: “Der Backstop, alles ist offen, steht auf der Tagesordnung.”

Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) hält im Brexit eine von Großbritannien gewünschte alternative Lösung zur Vermeidung einer harten Grenze mit Irland für schwierig. Ob ein harter Brexit vermieden werden könne, hänge davon ab, was Großbritannien vorlege, sagte Kneissl am Montag vor Beratungen der EU-Außenminister.

Irland halt Austrittsabkommen fest

Der irische Außenminister Simon Coveney machte aber am Sonntag klar, dass seine Regierung an dem zwischen London und Brüssel ausgehandelten Austrittsabkommen festhält – einschließlich des Backstop. Der britische Ex-Premier Tony Blair sagte der Tageszeitung “Die Welt” (Montagsausgabe), Mays Deal sei auch durch einen Verzicht auf den Backstop nicht zu retten. Einzige Lösung sei sein zweites Referendum, weil es für keine andere Lösung eine Mehrheit gebe. Ein ungeordneter Austritt werde hingegen nicht eintreten, weil es im Unterhaus “eine überwältigende Mehrheit dagegen” gebe.

Irland wird nach Angaben von Europaministerin Helen McEntee nicht in bilaterale Verhandlungen mit Großbritannien über den Brexit eintreten. Die Gespräche würden von der EU mit den Briten geführt, sagt sie dem Staatsrundfunk RTE. Für Irland sei auch das Karfreitagsabkommen, das den Bürgerkrieg in Nordirland beendete, nicht verhandelbar.

Der deutsche Außenminister Heiko Maas drängt die Briten zu einer klaren Haltung beim Brexit. “Sie müssen endlich wissen, was man in London will und wofür es Mehrheiten im Parlament gibt”, sagte Maas Montag vor Beginn des EU-Außenrats in Brüssel. Man müsse sich zusammensetzen, um zu reden, wie ein harter Brexit verhindert werden könne.

“Das wollen alle. Das muss auch möglich sein.” Dass sich angesichts jüngster Berichte über Änderungen in der Irland-Nordirland-Grenzfrage etwas bewegen könnte, sieht Maas skeptisch.

May droht neues Ungemach

May droht in ihrer Heimat neues Ungemach. Abgeordnete im Unterhaus wollen der Premierministerin laut Medienberichten teilweise die Kontrolle zum Brexit-Prozess entziehen. So will eine parteiübergreifende Initiative May dazu bringen, den Austrittsprozess zu stoppen, falls bis Ende Februar keine Einigung im britischen Parlament erzielt wird. Eine Regierungssprecherin nannte die Initiativen “extrem beunruhigend”.

Oppositionsführer Jeremy Corbyn bekräftigte indes seine Gesprächsbereitschaft mit May. Er sei bereit, über den Alternativplan zu verhandeln, doch müsse die Premierministerin zunächst das Szenario eines No Deal verzichten nehmen, teilte Corbyn in der Nacht auf Montag mit. “Wenn es die Premierministerin ernst damit meint, eine Lösung zu finden, die vom Parlament unterstützt wird und unser Land zusammenführen kann, muss sie der Mehrheit der Abgeordneten zuhören, aber auch Mitgliedern ihres eigenen Kabinetts, und einen “No Deal” vom Tisch nehmen”.

Großbritannien wird die Europäische Union nach bisherigen Plänen in weniger als zweieinhalb Monaten – am 29. März – verlassen. May hält bisher eisern an diesem Datum fest.

(APA/ag.)

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