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Pizzeria in NÖ gesprengt: Täter zeigen sich bei Prozess geständig

Zum Prozessauftakt in Wien gab es Geständnisse
Zum Prozessauftakt in Wien gab es Geständnisse ©APA (Sujet)
Im Prozess rund um jene Tatverdächtigen, die bei einer Hollabrunner Pizzeria im März des Vorjahres ein Feuer gelegt haben sollen, zeigten sich nun zwei Personen beim Prozessauftakt in Wien geständig.

Die Verteidiger der 28 bzw. 43 Jahre alten Tschetschenen, Alexander Philipp und Wolfgang Blaschitz, betonten allerdings, die zwei hätten “nur ein kleines Feuer gewollt”.

Prozess um gesprengte Pizzeria: Tatverdächtige zeigen sich geständig

In dem bis mit Mitte April anberaumten Schöffenverfahren müssen sich neben insgesamt sieben Tschetschenen vor allem der Betreiber der Pizzeria und dessen Neffe verantworten. Der Gastronom – ein 40 Jahre alter Mann mit türkischen Wurzeln und österreichischer Staatsbürgerschaft – soll über Vermittlung eines tschetschenischen Friseurs den Anschlag auf sein Lokal bestellt haben, um im Anschluss eine Inventarversicherung von bis zu 100.000 Euro und eine Betriebsunterbrechungsversicherung von bis zu 90.000 Euro kassieren zu können. Der Gastwirt streitet das ab, wie sein Verteidiger Emek Calayan ausführte: “Die Anstiftung ist nicht von ihm ausgegangen.” Der Pizzeria-Betreiber behauptet, sein Neffe habe sich ohne sein Zutun eigenmächtig an Tschetschenen gewandt. “Er hat kein Benzin bereitgestellt. Er hat sich dagegen ausgesprochen”, sagte Calayan.

Zutreffend sei, dass sein Mandant nach dem Feuer eine Schadensmeldung an die Versicherung gerichtet hätte. Dazu sei es aber nur gekommen, “weil ein Mann von der Freiwilligen Feuerwehr zufällig Versicherungsberater war und ihm am nächsten Tag geraten hat, den Schaden geltend zu machen”, meinte Calayan.

Der Rechtsvertreter des 33-jährigen Neffen, Manfred Arbacher-Stöger (Kanzlei Rifaat) wies die Darstellung des Lokalbetreibers vehement zurück. Der Neffe – laut Anklage war er in die Planung des Versicherungsbetrugs eingebunden und kannte den Hintergrund des Brandstiftung – sei unschuldig: “Man kann kein Opfer zum Kriminellen machen.” Der Onkel hätte seinem Mandanten erst eine Woche nach dem Feuer reinen Wein eingeschenkt. Bis dahin habe der Neffe nichts gewusst. Wenn anderes behauptet werde, “könnten Sie die Lügenmärchen von Münchhausen auch kriminalisieren”, bemerkte Arbacher-Stöger zur Staatsanwältin.

Schädel-Hirn-Trauma und Knochenbrüche am ganzen Körper

Laut Anklage hatten die beiden Tschetschenen das Lokal mit einem ihnen vom Gastwirt überlassenen Schlüssel betreten und bereitgestelltes Benzin verschüttet, das der 28-Jährige dann anzündete. Die Detonation war weit heftiger als erwartet. Das Portal des Gebäudes wurde aus der Verankerung gerissen, davor befindliche Pkw wurden stark beschädigt, Fenster auf der gegenüber liegenden Straßenseite gingen zu Bruch. Der 28-jährige Tschetschene erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma und Knochenbrüche am ganzen Körper.

Die unmittelbaren Täter hatten für 2.500 Euro ihr Leben riskiert. Wie ihre Verteidiger erklärten, bekamen der 28-Jährige und der 43-Jährige für das Feuerlegen 1.000 bzw. 1.500 Euro versprochen. Einem dritten Tschetschenen, der als Chauffeur fungierte und der schon im Ermittlungsverfahren geständig war, wurden für seine Dienste 500 Euro garantiert.

Daneben sollen vier weitere Tschetschenen in die Brandstiftung eingebunden gewesen sein, indem sie in einem zweiten Pkw zur Pizzeria fuhren, dort Schmiere standen, den Schwerverletzten ins Wiener AKH brachten oder – im Fall des Friseurs – den Kontakt zum Pizzeria-Betreiber herstellten. Die Mitangeklagten bekannten sich durchwegs “nicht schuldig”. Die gegen sie gerichtete Anklage stützt sich auf die Ergebnisse einer Rufdatenrückerfassung, die Auswertung ihres Telekommunikationsverhaltens, die Protokolle einer Telefonüberwachung, die Erstellung von Bewegungsprofilen und die Angaben von zwei Vertrauenspersonen der Polizei. Diese sind allerdings nicht zu einer Zeugenaussage im Rahmen der Hauptverhandlung bereit, “weil sie Angst vor den Angeklagten haben”, wie die Staatsanwältin erläuterte. Sie sind vorerst auch nicht als Zeugen geladen.

“Wenn einer was zu sagen hat, soll er sich hier hersetzen und aussagen”

Das löste harsche Kritik der Verteidiger aus. Wesentliche Belastungszeugen in einer Verhandlung nicht mehr befragen zu können, sei schlicht unzulässig, meinte Alexander Philipp: “Wenn wir so weit kommen, brauchen wir von einem Rechtsstaat gar nicht mehr reden. Die sollen meinetwegen eine Perücke aufsetzen, das ist mir egal. Aber es kann nicht im Sinn der Rechtspflege sein, dass man im Ermittlungsverfahren Leute aussagen lässt und die dann von der Bildfläche verschwinden.” Noch heftiger reagierte Wolfgang Blaschitz: “Das sind keine VP’s (Vertrauenspersonen, Anm.). Das sind FP. Feige Personen. Diese Feiglinge sollen herkommen!” – “Wenn einer was zu sagen hat, soll er sich hier hersetzen und aussagen”, verlangte auch Andreas Strobl, ein weiterer Verteidiger.

Blaschitz versicherte, sein Mandant habe mit der Brandstiftung “nicht Hollabrunn in die Luft sprengen wollen”. Es sei zu einer “ungewollten explosionsartigen Brandentwicklung” gekommen. “Man wollte ein kleines Feuer. Die Wände voller Ruß, die Klimaanlage kaputt, die Möbel verbrannt”, pflichtete Alexander Philipp bei. Die Täter hätten sich aus finanziellen Gründen – der eine hat vier Kinder, der andere drei, beide beziehen Mindestsicherung – als Brandstifter anheuern lassen.

Im Anschluss den Lokalbesitzer und dessen Neffen erpresst zu haben, stellten die beiden eben so in Abrede wie die Rechtsvertreter der dazu ebenfalls angeklagten Tschetschenen. “Die versprochenen 3.500 Euro sind nicht geflossen, was sie natürlich erzürnt hat”, räumte Blaschitz ein. Die Tschetschenen hätten den Pizzeria-Besitzer und dessen Verwandten daher auch “zur Rede gestellt”. Druck sei aber keiner ausgeübt worden. Schon gar nicht habe man – wie von der Anklage behauptet – 150.000 Euro gefordert.

Videos gezeigt, wie Leuten Finger abgezwickt werden

Der Staatsanwaltschaft zufolge dürfte der Wirt aufgrund des auch für ihn unerwarteten Ausmaßes der Feuersbrunst Angst gehabt haben, als Bestimmungstäter ausgeforscht zu werden und im Gefängnis zu landen. Er soll daher sogar erwogen haben, Selbstanzeige zu erstatten. Darauf sollen die Tschetschenen mit Nachdruck Geld verlangt haben. Zur Untermauerung ihrer Forderung sollen sie mit dem in die Sache involvierten Neffen des Gastronomen in ein Waldstück gefahren sein und diesen eingeschüchtert haben, indem sie dem 33-Jährigen mit gezückten Schusswaffen Videos zeigten, auf denen zu sehen war, wie Leuten Finger abgezwickt werden. Das – so die inkriminierte Drohung – werde auch ihm passieren, wenn es nicht zu einem Treffen mit dem Lokalbetreiber und einem raschen Geldfluss komme.

Diese Darstellung wird von sämtlichen Tschetschenen zurückgewiesen. Florian Kreiner – ein weiterer Verteidiger – führte das angebliche Drohungsszenario auf einen Übersetzungsfehler zurück. Der Mann, der zwischen den gebürtigen Türken und den Tschetschenen dolmetschte, hätte “etwas ausgeschmückt”. Die Verhandlung wird am kommenden Donnerstag mit ersten Beschuldigteneinvernahmen fortgesetzt. Vorerst sind weitere zehn Verhandlungstage anberaumt. Die Urteile werden frühestens am 19. April fallen.

(APA/Red.)

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