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Philharmonische Frauenpower bei der Salzburger Mozartwoche

Die Wiener Philharmoniker sind nicht wiederzuerkennen - klanglich und optisch. Erstmals hat sich das Orchester im Großen Festspielhaus in Salzburg mit einer Frau als Konzertmeisterin präsentiert.

Albena Danailova wird im Almanach der Internationalen Mozartwoche als Konzertmeisterin der Wiener Staatsoper, wenn schon nicht der Wiener Philharmoniker, geführt. Aber gestern, Samstag, spielte sie auch im Konzert die erste Geige. Und Danailova führt ein Orchester, in dem viele der alten, bekannten Gesichter fehlen und durch junge ersetzt sind.

Das hört man: Nicht nur in diesem Medium ist der hochkultivierte, aber oft auch behäbige, schwerfällige und allzu bequeme Mozart-Stil des “besten Orchesters der Welt” kritisch beschrieben worden. Nach dem Mozartwochen-Konzert der Wiener Philharmoniker gestern, Samstag, Abend im Großen Festspielhaus gibt es dafür keinen Grund mehr. Unter der Leitung von Seiji Ozawa vereinten die auffällig vielen jungen Musiker mit ihrer Primgeigerin die alten philharmonischen Tugenden von Präzision und Klangkultur mit Engagement, Pep und musikalischem Pfeffer – Mozart, sei gegrüßt.

Erst aber stand Haydn auf dem Programm und zwar das Spätwerk “Sinfonia concertante in B-Dur für Violine, Violoncello, Oboe, Fagott und Orchester”, Hob.: 105. Da hätte Ozawa für mehr dynamischen Ausgleich sorgen können, Danailova spielte besonders den Kollegen Tamas Varga regelrecht an die Wand – dessen Cello ging phasenweise unter. Auch Oboe und Fagott taten sich lautstärken-technisch ein wenig schwer, aber das aufmerksame und musikalisch feine Musizieren machte die dynamischen Ungleichheiten weitgehend wieder wett.

Dann kam Mitsuko Uchida auf die Bühne, und damit war die Frauenpower nicht mehr zu bändigen. Katzenhaft leichtfingrig, wild entschlossen und zupackend, rhythmisch und anschlagtechnisch absolut souverän, unbändig musikalisch und dabei aufs Äußerste kultiviert und feingliedrig perlten die Tonkaskaden plastisch gestaltet und vom Orchester in Samt gepackt aus dem Steinway. Ein sanfteres und zugleich mitreißenderes “Konzert in C-Dur für Klavier und Orchester” von Mozart ist im Moment nicht denkbar. Musik in dieser Art gehört – um mit Woody Allen zu sprechen – zu den Dingen, die das Leben lebenswert machen.

Die dreisätzige “Pariser Symphonie in D-Dur” KV 504 stand am Schluss, und da erst kam die eingangs beschriebene, neue philharmonische Klangkultur zur vollen Blüte. Ozawa wählte flotte aber nicht unübliche Tempi, gab eindrückliche Zeichen und formte anschaulich. Aber er ließ die Musiker machen, und die spielten statt sich (wie so oft erlebt) zurück zu lehnen: Mit musikalischer Energie von der Sesselkante, mit langen, entschlossenen Strichen und vollen Bläser-Lungen füllten die Philharmoniker das Festspielhaus mit Musik. Mozart mit soviel (Frauen)Power war selten zu hören in Salzburg. Und von den Philharmonikern aus Wien erst recht.

(Christoph Lindenbauer/APA)

Am Montag geht die Salzburger Mozartwoche weiter mit den Brüdern Capucon am Vormittag und am Abend mit einem der besten Originalklang-Ensembles der Gegenwart: Das Freiburger Barockorchester und Rene Jacobs kommen, um Haydns “Die Schöpfung” zu spielen. Karten und Details zum Programm unter 0662/87 31 54 oder http://www.mozarteum.at.

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