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"Peer Gynt" im Salzburger Landestheater

Intendant Peter Dolder inszenierte am Salzburger Landestheater "Peer Gynt", den Klassiker von Henrik Ibsen, auf der großen Bühne geradlinig und dem Haus entsprechend ohne inhaltliche Experimente. Bilder 

Ästhetisch nicht gerade avantgardistisch, dafür mit Witz, einigen guten Regie-Einfällen und schlüssig funktionierender Personenregie erzählte Dolder die Geschichte dieses großen Egomanen der Theatergeschichte.

Dolder lässt Riesenschweine aufmarschieren, sprengt die Titanic in die Luft und hält Statisten und Bühnen-Techniker permanent auf Trab. Mit pfiffigem Augenzwinkern zeichnet er diese angstfreie, lebensgierige und zugleich egozentrisch-unmoralische Theater-Figur ohne psychologische oder dramaturgische Schnörkeln. Wie eine Zwiebel schält sich dieser Charakter auf der Bühne des Landestheaters von einem Ich zum Anderen. Und am Ende findet er den Kern nicht, verliert sich selbst und bleibt genau so weit entfernt vom Menschsein wie die Daheimgebliebenen. Oder ist genau so nahe dran.

Setzte das Wiener Volkstheater kürzlich bei seinem “Peer Gynt” auf einen einzigen Hauptdarsteller (Raphael van Bargen), so sind es in Salzburg zwei Schauspieler, die die Titelfigur verkörpern. Torsten Hermentin den jungen, wilden Flegel, der wie ein elektrisch aufgeladenes Tier an der Mutterbrust nuckelt, sich prügelt, Bräute entführt und die Welt herausfordert. Und Gerhard Peilstein den Peer Gynt als Geschäftsmann, Machtmenschen, Irrenhaus-Kaiser und vergeblich gegen das Einschmelzen und neu geformt Werden seines Egos ankämpfenden Alten. Beide Hauptdarsteller haben tolle Momente, wobei Hermentin seinen Text deutlich besser im Griff hat. Aber auch Peilstein steigert sich und findet im Laufe der insgesamt fast 200 Theater-Minuten immer besser ins Spiel.

Aus dem vielköpfigen Ensemble ragt neben den Hauptdarstellern vor allem Werner Friedl heraus, der die ernste Rolle des Knopfgießers wunderbar gelassen gibt. Franziska Sörensens Darstellung der ihren Sohn vergötternden Mutter Aase ist erstklassig, und auch Detlef Trippel, Markus Steinwender und Hans-Jürgen Bertram in ihren verschiedenen Rollen hatten einen guten Tag.

Entscheidende Impulse für das Gelingen dieser Produktion setzte Bühnenbildnerin Heidrun Schmelzer. Ihre abstrakte und wandelbare Bühne in einfachen, großräumigen geometrischen Formen taucht den Salzburger “Peer Gynt” in eine Modernität, die die Inszenierung eigentlich gar nicht hat. Das nobel-kalte Weiß am Strand der Millionäre zum Beispiel oder die dreckig-animalische Troll-Höhle mit all ihren geil geifernden Gewächsen der Verderbtheit oder die Hochzeit auf schräg-skurrilem Tanzboden nahmen alles Hausbackene aus der Regie. Gut und sparsam eingesetzte Bildprojektionen trösten über pelzige Affen und ein wenig tollpatschige Bauchtänzerinnen hinweg, mit denen dieser “Peer Gynt” nur knapp am Klamauk vorbeischrammt. Am Ende aber guter und verdienter Applaus für das gesamte Team des Landestheaters.

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