Der Schritt richtet sich vor allem gegen die pro-kurdische HDP. Erdogan wirft der HDP vor, der “verlängerte Arm” der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu sein. Erdogan hatte ausdrücklich dazu aufgerufen, die Immunität der HDP-Abgeordneten aufzuheben, denen nun Festnahmen und Untersuchungshaft drohen könnten.
Türkisches Parlament führt vollelektronisches Abstimmungssystem ein! #Türkei #HDP #Erdogan pic.twitter.com/7qTRt88kfN
— extra3 (@extra3) 20. Mai 2016
Die #Türkei wird zur Diktatur. Nach Ende der Pressefreiheit entmachtet sich das Parlament selbst. #Erdogan ist Totengräber der Demokratie.
— Ferdinand Scholz (@FerdinandScholz) 20. Mai 2016
Mit der Aufhebung der Immunität oppositioneller Abgeordneter wird #Erdogan endgültig zur Abrissbirne der Demokratie in der #Türkei.
— S.L.-Schnarrenberger (@sls_fdp) 20. Mai 2016
Historische Abstimmung laut Erdogan
Erdogan sprach am Freitag von einer “historischen Abstimmung”. Im Schwarzmeerort Rize sagte er vor jubelnden Anhängern: “Mein Volk will in diesem Land keine schuldigen Parlamentarier in diesem Parlament sehen. Vor allem will er jene nicht im Parlament sehen, die von der separatistischen Terrororganisation (PKK) unterstützt werden.”
Nun seien die Gerichte am Zug. “Nehmt sie und richtet über sie. Sie sollen den Preis, welchen auch immer, bezahlen.”
HDP will bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gehen
Die HDP hatte vor der Abstimmung angekündigt, notfalls bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg zu ziehen, um die Aufhebung der Immunität zu verhindern.
HDP-Chef Selahattin Demirtas – dem die Immunität ebenfalls entzogen werden soll – hatte die AKP gewarnt: “Wir werden nicht erlauben, dass Ihr über uns in Euren (von Euch) abhängigen Gerichten urteilt.”
Verfassungsänderung notwenig
Die einmalige Aufhebung der Immunität von 138 der 550 Abgeordneten geschieht über eine befristete Verfassungsänderung. Das Parlament beschloss mit der dafür erforderlichen Zweidrittelmehrheit, diesen Satz aus Artikel 83 auszusetzen: “Ein Abgeordneter, der vor oder nach der Wahl eine Straftat begangen haben soll, darf nicht festgenommen, verhört, verhaftet oder vor Gericht gestellt werden, wenn die Versammlung nicht anderweitig entscheidet.”
Verfassungsänderung führt zur Strafverfolgung der Abgeordneten
Die Verfassungsänderung tritt erst mit der Veröffentlichung im Amtsanzeiger in Kraft. Dann ist der Weg für eine Strafverfolgung der 138 Abgeordneten frei. Die HDP befürchtet die Festnahme von Abgeordneten ihrer Fraktion, gegen die vor allem Terrorvorwürfe erhoben werden. Parlamentarier anderer Parteien sehen sich Anschuldigungen wie etwa Amtsmissbrauch ausgesetzt.
Neues aus der #Türkei! #HDP #Erdogan pic.twitter.com/z9kDig70C3
— extra3 (@extra3) 20. Mai 2016
Die 138 Abgeordneten, denen die Immunität entzogen werden soll, verteilen sich auf alle vier Parteien im Parlament: Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu gehören 27 zur AKP (317 Sitze), 51 zur Mitte-Links-Partei CHP (133 Sitze), 50 zur pro-kurdischen HDP (59 Sitze) und neun zur ultrarechten MHP (40 Sitze). Betroffen ist außerdem die einzige parteilose Abgeordnete.
Eventuell Nachwahlen
Ihr Mandat können die Abgeordneten erst bei einer letztinstanzlichen Verurteilung verlieren. Da es keine Nachrücker in der Türkei gibt, verliert dann auch die Partei den Sitz. Sollten mindestens fünf Prozent der Sitze frei werden, was 28 Abgeordneten entspricht, muss nach der Verfassung in diesen Wahlbezirken nachgewählt werden.
Auf dem Weg zur Diktatür #Erdogan #Tuerkei pic.twitter.com/x9mW8y09eX
— ZDF heute-show (@heuteshow) 19. Mai 2016
(APA)
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