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Paralympics immer professioneller, Geierspichler verliert Lieblingsklasse

Geierspichler mit seinem Olympiadress.
Geierspichler mit seinem Olympiadress. ©APA/Pfarrhofer/Archiv
Walter Pfaller fungiert in Rio zum zweiten Mal als Chef de Mission des österreichischen Teams bei Paralympischen Sommerspielen. Der 58-Jährige hat als fünffacher Paralympics-Teilnehmer und Funktionär die Veränderungen der Sommerspiele miterlebt. Alles sei professioneller geworden. Einige Änderungen würden aber zu Lasten der Athleten gehen. So ist etwa dem Salzburger Thomas Geierspichler seine Weltrekord-Klasse abhanden gekommen.
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Der Salzburger weiß, wovon er spricht. Gold im Fünfkampf 1988 in Seoul war der Höhepunkt für den Rollstuhl-Leichtathleten. Bei seinem Debüt 1976 etwa dienten Militärbaracken als Quartier, es gab Lunchpakete zur Verpflegung. Mittlerweile profitieren die Sportler mit Behinderung davon, dass ihr Höhepunkt jeweils nach den Olympischen Spielen am gleichen Ort in Szene geht. Die Vereinbarung läuft aktuell bis 2032.

Höhere Leistungsdichte, weniger Medaillen

“Wir haben auch damals sehr viel trainiert, da hat sich nicht viel geändert”, sagte Pfaller, der als Salzburger Landessportdirektor tätig ist. Doch das gesamte Umfeld sei viel professioneller geworden, die Zahl der teilnehmenden Nationen sei enorm und mittlerweile bis auf 162 angewachsen.

Dass die Zahl der gewonnenen Medaillen Österreichs in den vergangenen 25 Jahren stark zurückgegangen ist – von 35 im Jahr 1988 auf immerhin noch 13 in London 2012 – resultiert nicht aus schlechteren Leistungen der ÖPC-Aktiven. Gründe sind vielmehr der weltweite Aufschwung des Para-Sports und eine Reduzierung der Klassen.

Pfaller: Athleten zahlen für TV-gerechten Sport drauf

“Viele wurden zusammengelegt, da sind die schwerer Behinderten immer benachteiligt”, erklärte Pfaller. “Medaillengewinner verschiedener Klassen von damals müssten heutzutage in einer Kategorie gegeneinander fahren.” Die Aktiven zahlen den Preis dafür, dass ihr Sport immer TV-gerechter und übersichtlicher werden soll. “Das IPC will spektakulären Sport präsentieren”, meinte Pfaller.

Geierspichler verliert seine Lieblingsklasse

Einer der Betroffenen ist Thomas Geierspichler. Der Salzburger hält seit seinem Paralympics-Sieg in Peking 2008 den Marathon-Weltrekord. Seit aber die Klasse des Rennrollstuhlsportlers mit der nächsten Gruppe mit geringerem Behinderungsgrad zusammengelegt wurde, ist er in seinem Lieblingsbewerb chancenlos. “Man will offensichtlich nur angenehme Bilder liefern. Das ist eine fatale Entwicklung. Schwerbehinderte haben dadurch keine Chance mehr im Leistungssport, ihre Visionen werden im Keim erstickt. Dabei hat meiner Meinung nach der Behindertensport doch auch eine soziale Komponente”, erklärte der Anifer.  Der 40-Jährige setzt nun in Rio auf 400 und 1.500 m. “Es ist zwar großartig, an den Spielen teilzunehmen, letztlich ist Olympia aber eine riesengroße Scheinwelt. Es geht nämlich nicht mehr um den Sport an sich”, kritisierte Geierspichler.

Disziplinen gestrichen

Für andere Gruppen wurden sogar Disziplinen gestrichen, Athleten können nun etwa nur noch im Speerwurf, aber nicht mehr zusätzlich mit dem Diskus und im Kugelstoßen antreten. Doch viele Dinge sind auch leichter geworden für die Athleten mit körperlicher Beeinträchtigung. Bei den ausgesetzten Preisen hat sich viel zum Positiven verändert. Stanislaw Fraczyk erzählte, er habe 1996 für zwei Goldmedaillen im Tischtennis zwei Handtücher bekommen. Für Rio wurden die Prämien gegenüber 2012 nochmals aufgestockt. 8.000, 6.000 bzw. 4.000 Euro erhalten ÖPC-Sportler für die Podestplätze bei den XV. Sommerspielen. Pfaller hält sechs bis acht Stück Edelmetall für möglich.

(SALZBURG24/APA)

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