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Pandemieursache: Der Mensch bedroht zunehmend den Lebensraum der Tiere

Mensch und Schuppentier sind sich nicht nur hier nahe gekommen
Mensch und Schuppentier sind sich nicht nur hier nahe gekommen ©Pixabay
Der respektlose Umgang des Menschen mit Tier und Natur ließ die Kontakthäufigkeit zwischen Menschen und Wildtieren stark zunehmen. Das schuf die perfekten Bedingungen für den 'Spillover' der Viren. Auch Jane Goodall kritisiert die "Respektlosigkeit" gegenüber der Natur.
Schuppentier diente wohl als Zwischenwirt

Pandemien durch krankmachende Viren, die eigentlich von Tieren stammen, können laut einer neuen Studie in Zukunft häufiger auftreten. Verantwortlich dafür ist demnach der Mensch selbst, der durch die Jagd auf wilde Tiere, den Handel mit ihnen und die zunehmende Zerstörung ihrer natürlichen Lebensräume die Tiere zu immer größerer Nähe zum Menschen zwingt.

Je enger der Kontakt wird, desto größer wird auch die Gefahr, dass Krankheitserreger vom Tier auf den Menschen überspringen. Rund 70 Prozent der menschlichen Krankheitserreger sind zoonotisch, das bedeutet, sie machen wie im Fall des neuen Coronavirus Sars-CoV-2 an einem Punkt den Sprung - "Spillover"- vom Tier zum Menschen.

Bild: APA/AFP/Archiv

Domestizierte Tiere mit meisten zoonotischen Viren

Für ihre in der Fachzeitschrift "Proceedings of the Royal Society B" veröffentlichte Studie untersuchten US-Forscher um Christine Johnson von der Veterinärmedizinischen Fakultät der University of California mehr als 140 Viren, von denen bekannt ist, dass sie vom Tier auf den Menschen übertragen wurden.

Ein Abgleich mit der Roten Liste gefährdeter Arten der Weltnaturschutzunion (IUCN) ergab, dass domestizierte Tiere, Primaten, Fledermäuse und Ratten die meisten zoonotischen Viren - etwa 75 Prozent - in sich trugen. Er zeigte aber auch, dass die Gefahr einer Übertragung am größten ist, wenn eine Tierart durch übermäßigen Konsum durch den Menschen und Lebensraumverlust bedroht ist.

Abholzungen, Ackerbau, Viehzucht

"Wir verändern die Landschaft durch Abholzung, Ackerbau oder Viehzucht sowie durch den Bau oder Ausbau unserer Siedlungen", sagte Johnson der Nachrichtenagentur AFP. "Damit nehmen auch Häufigkeit und Intensität des Kontakts zwischen Menschen und Wildtieren zu - und das schafft die perfekten Bedingungen für das 'Spillover' der Viren".

Genauer Übertragungsweg aber noch unbekannt

Noch suchen die Wissenschafter nach den genauen Übertragungswegen des Erregers der Lungenkrankheit Covid-19. Sie vermuten, dass er von Fledermäusen oder Schuppentieren übertragen wurde - beides Delikatessen in China. Dort wurden die ersten Infektionen auf einem Tiermarkt in Wuhan registriert.

Weltweites Handelsverbot für Wildtiere?

Naturschützer haben im Zuge der Pandemie ein weltweites Handelsverbot für Wildtiere gefordert und China hat den Verzehr von Wildtieren verboten. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace appellierte an die EU, zum Schutz der "Gesundheit aller und der Artenvielfalt" auf ein weltweites Verbot zu drängen.

Nach Angaben des WWF boomt der Wildtierhandel jedoch weiter. Im Hafen Port Klang in Malaysia seien laut Behördenangaben sechs Tonnen "Schmugglerware aus afrikanischen Schuppentieren" beschlagnahmt worden, erklärte die Umweltschutzorganisation. Sie fürchtet, dass tausende Tiere dafür ihr Leben lassen mussten, da jede getrocknete Schuppe nur wenige Gramm wiegt.

Auch Jane Goodall kritisiert "Respektlosigkeit" gegenüber Natur

Die verheerende Corona-Pandemie ist auch nach Ansicht der berühmten Primatenforscherin und Umweltaktivistin Jane Goodall durch einen respektlosen Umgang des Menschen mit Natur und Tieren ausgelöst worden. "Unsere Missachtung der Natur und unsere Respektlosigkeit gegenüber den Tieren haben die Pandemie verursacht", sagte Goodall.

Die 86-Jährige rief zu einem anderen, bewussteren Umgang mit der Umwelt auf, um künftige Katastrophen zu verhindern. "Wenn wir beispielsweise den Wald zerstören, werden die verschiedenen Tierarten, die ihn bewohnen, gezwungen, auf engerem Raum zu leben. Krankheiten werden von einem Tier auf das andere übertragen - und eines dieser Tiere, das gewaltsam in die Nähe des Menschen gebracht wird, wird diese wahrscheinlich infizieren", erklärte die britische Forscherin, die insbesondere durch ihre Arbeit mit Schimpansen in Afrika berühmt wurde.

Zudem sieht die Forscherin die Jagd auf Tiere, die Wildtiermärkte in Afrika und Asien sowie eine auf Fleischkonsum ausgerichtete Intensivlandwirtschaft als "Bedingungen, die den Viren die Möglichkeit geben, von einer Spezies auf die andere und auf den Menschen überzuspringen". Sie begrüße die Schließung von Märkten in China, auf denen lebendige Wildtiere zum Verkauf angeboten wurden, und hoffe, dass das vorübergehende Verbot zu einem "dauerhaften" werde und andere asiatische Länder dem Beispiel folgten.

Sie betonte, dass jeder Mensch zu einem bewussteren Umgang mit Natur und Tieren beitragen könne. "Es bleibt zu hoffen, dass durch diese beispiellose Reaktion mit den weltweiten Abriegelungen mehr Menschen aufwachen und endlich darüber nachdenken, wie sie ihr Leben anders leben können", sagte Goodall.

(APA)

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