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Ostdeutsche Rechtsanwälte wollen InterSky kaufen

Bei InterSky steht unterdessen ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung zur Diskussion
Bei InterSky steht unterdessen ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung zur Diskussion ©Intersky
Weimarer Rechtsanwaltskanzlei Norbert Dotterweich und sein Mitarbeiter Roland Ehrsam verhandeln mit InterSky. Erfolgreich war das Duo bei bisherigen Airline-Engagements nicht, jetzt steht auch ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung im Raum-
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In Vorarlberg rumort seit Wochen die Gerüchteküche wegen den Investoren, welche die wirtschaftlich angeschlagene Regionalfluglinie InterSky übernehmen wollen. Und das hat auch einen Grund: Denn ebenfalls schon so lange platzieren InterSky-Gründerin und Geschäftsführerin Renate Moser und Geschäftsführer Roger Hohl in den Medien Teilinformationen über einen oder mehrere interessierte Investoren, welche sich angeblich in den Verhandlungen mit den Airline-Eigentümern über eine Übernahme befinden. Einmal war die Rede vom Verhandlungsabschluss Ende September 2015, dann Ende Oktober. Der zuletzt genannte Termin für den Abschluss der „finalen Verhandlungen“ ist jetzt einmal für Mitte November avisiert.

Anwaltskanzlei steht hinter Tourismus Entwicklungsgesellschaft

Der Wirtschaftspresseagentur.com ist der vermutlich seit längerem einzige wirkliche Interessent an dieser Übernahme seit Wochen bekannt. Es handelt sich federführend um die (ehemals) ostdeutsche Rechtsanwaltskanzlei Norbert Dotterweich und dessen Mitarbeiter und Rechtsanwalt Roland Ehrsam aus Weimar. Bereits am 17. September 2015 bestätigte Roland Ehrsam auf wpa-Anfrage, dass es richtig sei, dass er und Dotterweich für eine Gruppe von Investoren verhandeln, die InterSky übernehmen und fortführen wolle. Diese Verhandlungen dauern bis zum heutigen Tage an, wie aus regelmäßigen Nachfragen der Redaktion bei Ehrsam hervorgeht. Das rechtliche Vehikel für die geplante Übernahme ist die Mitteldeutsche Tourismus Entwicklungsgesellschaft mbH mit Sitz in Weimar, deren Geschäftsführer Norbert Dotterweich ist. Die Gesellschaft, kurz MDTEG, hat ein Stammkapital von 25.000 Euro und wurde erst im April 2015 gegründet. Wer tatsächlich als Investor dahinter steht, ist nicht bekannt. In einer Presseaussendung Anfang September 2015 behauptete Dotterweich, die Kapitalausstattung der Gesellschaft belaufe sich auf 25 Millionen Euro.

Investoren wollen sich in Bosnien-Herzegowina engagieren

In dieser der wpa vorliegenden Presseaussendung von Anfang September 2015 stand auch zu lesen, dass MDTEG eine Neuausrichtung des regionalen Luftverkehrs in Südosteuropa anstrebe. In dem Zusammenhang wolle man eine nationale Airline in Bosnien-Herzegowina gründen, die sich zu 100 Prozent im Besitz der MDTEG befinden werde. Mit der Regierung von B-H sei man in Gesprächen. Der Flugverkehr solle dort per 1. Dezember 2015 aufgenommen werden und zwar mit zwei auf dem Flughafen Sarajewo stationierten Flugzeugen, eine davon eine Dash-8-Q300 – also jenem Flugzeugtyp, den InterSky fliegt. Und dann steht in der Presseaussendung zu lesen: „Der Flugverkehr selbst wird zunächst durch eine sich zu diesem Zeitpunkt im Besitz der MDTEG befindlichen europäischen Airline mit EU-AOC durchgeführt.“ Damit dürfte allem Anschein nach InterSky gemeint sein.

Mittlerweile berichtete das Luftfahrtportal “CH-Aviation” allerdings am 20. Oktober, dass die Gespräche zwischen der Regierung von B-H und MDTEG abgebrochen worden seien, nachdem die Regierung überprüft habe, um wen es sich bei MDTEG handle. In einer Stellungnahme an “CH-Aviation” bestätigte Ehrsam das Ende der Gespräche mit der Regierung von B-H. Allerdings wolle MDTEG weiterhin eine nationale Airline in dem Land aufbauen. Der Start erfolge jedoch später als geplant, da es Verzögerungen bei der geplanten Übernahme einer Regionalfluglinie gebe, wird Ehrsam zitiert.

Erfolg bisheriger Airline-Aktivitäten ist überschaubar

Diese Erklärung der Regierung von B-H zum Abbruch der Gespräche hat ihren Grund. Denn in der Luftfahrtbranche sind die beiden MDTEG-Vertreter Norbert Dotterweich und Roland Ehrsam mittlerweile kein unbeschriebenes Blatt mehr. Ihre Erfolge und Erfahrungen im europäischen Linienfluggeschäft sind sehr überschaubar. So werden beide Herren in Verbindung mit „Rostock Airways“ genannt. Diese „Airline“ ohne eigenes AOC (Air Operator Certificate, Luftfahrtbetreiberzeugnis) und ohne eigene Flugzeuge hat Anfang 2014 nur wenige Wochen mit angemieteten Flugzeugen eine Verbindung zwischen Bremen und Zürich angeboten. Dazu kamen ein paar wöchentliche Charterflüge. Danach wurde es ruhig um „Rostock Airways“, die Airline ist derzeit nicht aktiv.

Ebenfalls in Erscheinung traten Dotterweich und Ehrsam bei der Übernahme der in Bozen ansässigen Fluglinie „Air Alps“. Nach längerem Hin und Her übernahm die Mitteldeutsche Aviation GmbH (idente Adresse in Weimar wie MDTEG und die Kanzlei von Dotterweich) Ende 2014 die Airline, die zu diesem Zeitpunkt kein AOC und keinen Flugbetrieb mehr hatte. Daran hat sich bis zum heutigen Tag nichts geändert. „Air Alps“ existiert als Gesellschaft nur noch auf dem Papier.

Bei allen drei genannten Fällen traten beziehungsweise treten Dotterweich und Ehrsam mit Firmen auf, die erst kurz vor dem Beginn der jeweiligen Aktivitäten gegründet wurden. Das gilt für die Rostock Airways UG (sic!) und die Mitteldeutsche Aviation GmbH gleich wie für die Mitteldeutsche Tourismus Entwicklungsgesellschaft, mit der man nun InterSky übernehmen will.

Frist bis 3. November vom Ministerium

Wie auch immer sich die Sache entwickelt, für InterSky tickt die Uhr. Denn wie berichtet hat das Verkehrsministerium dem Luftfahrtunternehmen eine Frist bis zum 3. November 2015 gesetzt, damit es seine finanzielle Leistungsfähigkeit für die Dauer von zwölf Monaten beweist, ansonsten droht ein Entzug des AOC. Auch wenn das Ministerium und die Airline danach diese Frist auf diverse Medienanfragen hin relativierten, so lässt das der Wirtschaftspresseagentur.com vorliegende Schreiben des BMVIT vom 20. Oktober 2015 keinen Interpretationsspielraum zu.

Frist-Schreiben lässt keinen Interpretationsspielraum zu

Zitat aus dem Schreiben: „Auf Seiten der Obersten Zivilluftfahrtbehörde bestehen erhebliche Zweifel an der finanziellen Leistungsfähigkeit. Ausschlaggebend dafür ist, dass trotz mehrfacher Urgenz seitens der Behörde keine Beweismittel vorliegen, die auf das Erfüllen von bestehenden und möglichen Verpflichtungen während eines zwölfmonatigen Zeitraums schließen lassen. Insbesondere ist hervorzuheben, dass die am 29. September 2015 gegenüber einem Behördenvertreter in Bregenz gemachten Zusagen hinsichtlich der Bereitstellung der für die nicht nur kurzfristigen Aufrechterhaltung des Flugbetriebes notwendigen finanziellen Mittel bis dato nicht eingehalten worden sind. Sie haben bis spätestens 3. November 2015 (hierorts einlangend) die erforderlichen Unterlagen und Beweismittel zur Überprüfung vorzulegen. Sie werden darauf hingewiesen, dass im Fall des fruchtlosen Verstreichens dieser Frist oder der Vorlage unzureichender Unterlagen bzw. die erforderliche Liquidität nicht hinreichend gegeben ist, das Verfahren zum Widerruf der Betriebsgenehmigung unverzüglich eingeleitet werden muss.“

Beim BMVIT wurde zwischenzeitlich die Kommunikationsstrategie hinsichtlich InterSky und den Fristen zum Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit geändert. Dort teilte Pressereferent Walter Fleißner am Dienstag auf Anfrage mit, dass man zu konkreten Behördenverfahren keine Auskunft geben könne. Es sei allerdings richtig, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit eine Voraussetzung für Erteilung und Erhaltung der Betriebsgenehmigung für eine Airline (AOC) sei.

Renate Moser bestätigt Gespräche

InterSky-Geschäftsführerin Renate Moser bestätigte am Dienstag auf Anfrage die laufenden Gespräche mit Roland Ehrsam respektive MDTEG. “Ja, er ist unser Verhandlungspartner in Bezug auf eine Übernahme von InterSky.” Ein Datum für den Abschluss der Gespräche wolle sie nicht mehr nennen, denn es habe zu ihrem Ärger schon mehrere Verschiebungen gegeben. Möglich seien “noch zwei Wochen”. Die früheren Aktivitäten von Roland Ehrsam seien ihr bekannt und man bewege sich mit der entsprechenden Vorsicht in den Verhandlungen. “Allerdings geht es am Ende um die Frage, ob das Geld auf dem Tisch liegt oder nicht.”

Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung wird überlegt

Dazu kommt, dass aus dem InterSky-Umfeld mittlerweile Überlegungen zu vernehmen sind, ob die Übernahme der Airline mit den Schulden, Altlasten und offenen Rechnungen sowie einer bilanziellen Überschuldung in Millionenhöhe ohne ein Sanierungsverfahren mit oder ohne Eigenverwaltung überhaupt sinnvoll beziehungsweise zu stemmen ist. Denn ohne Sanierungsverfahren müsste ein Investor bereit sein, einen zweistelligen Millionen-Euro-Betrag in das Unternehmen zu pumpen, sofern von den aktuellen Eigentümern kein weiteres Geld mehr fließt.

Renate Moser bestätigte folglich, dass für InterSky auch ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung als mögliches Szenario durchgespielt werde. “Ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung ist eine der Varianten, die gegenwärtig bei uns zur Diskussion stehen.”

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