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Orson: „Die Menschen wollen tanzen, wenn sie uns hören“

Die neue Platte „Culture Vultures“ ist soeben erschienen. „Die Plattenindustrie muss sich etwas überlegen - oder sie wird irrelevant werden“

Ein „Kultur-Geier“ könnte ein Wesen sein, das in der Zeit zurückfliegt, Stücke aus den Leichen toter Kulturen herausreißt und in die Gegenwart bringt. Was ebenso mythologisch wie martialisch klingt, ist eigentlich eine gute Beschreibung der gar nicht düsteren Musik von „Orson“: Die US-Band spielt handgemachten Pop mit Einflüssen vergangener Tage wie Queen, Madness oder The Doobie Brothers. Und auf Englisch hat „Culture Vultures“, so der Titel ihres eben bei Universal erschienenen zweiten Albums, noch einen Vorteil – „es reimt sich“, wie Sänger Jason Pebworth sagt.

„Ain’t No Party“ heißt die erste Single, und sie straft ihren Titel Lügen: Der Song versprüht Partylaune. „Wir sind eine Rock ’n’ Roll-Band mit Mitsing-Refrains“, sagt der Sänger. „Die Menschen wollen tanzen, wenn sie uns hören.“

Die US-Band, die vor allem in Großbritannien Erfolge feiert und dort auch einen Plattenvertrag sowie den Brit Award als „Bester Internationaler Breakthrough Act“ 2007 bekam, zeigt sich auf ihrem zweiten Album „so, wie wir live klingen“. Beim ersten („Bright Idea“) noch hatten sie sich einen Insider-Witz erlaubt, den aber niemand so recht verstand: „Wir wollten uns abheben von dem Indie-Stil, der in L. A. herrschte“, sagt Jason. „Also dachten wir uns: Nehmen wir ein Album auf, das so klingt wie die ’Eagles’. Bei den Konzerten waren die Leute dann ziemlich überrascht – wir haben live viel energetischer und härter geklungen als auf der Aufnahme.“

„Orson“ sieht sich vorwiegend als Live-Band – was ihnen im derzeitigen Pop-Umfeld zu Gute kommt. „Das Musik-Business ist insgesamt so groß wie immer. Aber die Plattenindustrie muss sich etwas überlegen – oder sie wird irrelevant werden“, sagt Jason angesichts der sinkenden Verkaufszahlen bei CDs. „Ich glaube nicht, dass man von Plattenaufnahmen nicht mehr leben kann. Aber die Tage sind vorbei, wo jemand dadurch so viel Geld macht wie Michael Jackson.“

Was „Orson“ aber gar nicht stört: „Das Schöne daran ist, dass so viele Leute aus dem Musikbusiness verschwinden, denen es nur ums Geld geht. Nun gilt für Musiker: Du musst lieben, was du machst, und darfst nicht erwarten, dabei Millionen Dollar zu verdienen. Man muss seine Erwartungen anpassen.“ Den fünf „Orson“-Musikern ist es „genug, mit zehn Leuten bei einem Konzert eine Verbindung aufzubauen.“ Und sie hätten kein Problem damit, falls sie nicht weltweit berühmt würden: „Wenn es das Schlimmste ist, was uns als Band passiert, dass wir in L. A. spielen und dadurch ein bisschen Geld fürs Einkaufen kriegen – dann ist das Okay.“

Obwohl das Musikerleben am unteren Ende des Einkommensspektrums nicht leicht ist: „Wir hatten schon die schrecklichsten Nebenjobs“, sagt Jason. Sein persönlicher Tiefpunkt: „Ich arbeitete einmal für den gemeinsten Typen der Welt, in einer stundenweise zu mietenden Sauna, du weißt schon – ein Puff. Ich wechselte dort die Wäsche und das Wasser und putzte, bevor das nächste Pärchen kam. Und am dritten Tag bemerkte ich, dass ich etwas auf der Hand hatte, das, man könnte sagen, reine DNS war. Da wusste ich: Es ist Zeit, meine Eltern anzurufen und sie um Geld zu bitten.“

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