Er ist der erfolgreichste Rennrodler Vorarlbergs: Jonas Müller, zweifacher Weltmeister, dreifacher Europameister, Sportsoldat und Vierter der abgelaufenen Weltcup-Saison.
Gemeinsam mit seinem Bruder Yannick Müller (26) und Doppelsitzer Thomas Steu (31) ist der 28-Jährige nun erstmals durch den neu gebauten Olympia-Eiskanal von Cortina gerauscht – der Ort, an dem in gut drei Monaten olympisches Edelmetall vergeben wird.
"Es ist schwer zu beschreiben", sagt Müller nach seinen ersten Läufen. "Man bekommt kaum Rückmeldung von der Bahn, sie ist technisch unspektakulär und langsam." Bei aktuell hohen Temperaturen und einer mit Reif bedeckten Eisoberfläche fühlen sich die Fahrten eher wie Bremsmanöver als Highspeed-Erlebnisse an. "Olympisches Flair kommt hier momentan noch keines auf", meint der Bludenzer.
Baustellen-Atmosphäre
Zwar bietet die neue "Pista olimpica Eugenio Monti" mit 1730 Metern Länge und modernen Kurvenradien gute Voraussetzungen für die olympischen Rennen, doch das Umfeld gleicht eher einer Großbaustelle.
"Am Start hört man noch die Bagger, Umkleidekabinen gibt es keine und der Lift ist nicht in Betrieb", erzählt Müller. Und dennoch glaubt er an das Projekt Cortina: "Wahrscheinlich haben die Italiener etwas zu spät mit den Vorbereitungen begonnen (lacht), aber ich denke, bis Februar wird alles fertig sein. Dann werden wir Bewerbe erleben, die Olympischen Spielen würdig sind."
Die Strecke selbst sei zwar keine große fahrtechnische Herausforderung, genau das mache es aber so schwer, schnell zu sein. "Es gibt wenig Schlüsselstellen, bis auf die Kurven drei und vier. Wer die ganze Bahn präzise fährt, wird am Ende vorne sein."
Sicherheit im Fokus
Die ersten Tage durften die rund 140 Athlet:innen aus 25 Nationen nur vom Damenstart loslegen, ein Sicherheitskonzept, das seit dem tödlichen Unfall von Nodar Kumaritaschwili (GEO) in Whistler 2010 fixer Bestandteil jeder neuen Bahn ist. Müller befürwortet dieses Vorgehen: "Gerade bei neuen Strecken ist das gut. Ich gewöhne mich gerne langsam an die Gegebenheiten."
Technisch ist für den ÖRV-Athleten vieles Neuland. "Es gibt kaum Erfahrungswerte, also muss man sich über Videoanalysen, Gespräche im Team und Materialtests herantasten." Erste Anpassungen an Kufen und Fahrstil wurden bereits vorgenommen. "Noch ist das Bild verzerrt, aber in ein paar Wochen wissen wir mehr", zeigt sich der Routinier zuversichtlich.
Vier Anwärter, drei Tickets
Am Ende der Trainingswoche nahm auch die ÖRV-Qualifikation für die Olympiastartplätze mit einem teaminternen Wettkampf Fahrt auf. Der Wettlauf um die Cortina-Tickets ist mit acht Entscheidungen ausgeschrieben. Neben zwei internen Rennen auf der Olympiabahn werden auch die Weltcup-Ergebnisse von Igls, Park City, Lake Placid, Sigulda, Winterberg und Oberhof berücksichtigt.
In kaum einem Nationalteam ist der Kampf um Olympia-Tickets so erbarmungslos wie im ÖRV. Vier Top-Athleten – Jonas Müller, Wolfgang Kindl, Nico Gleirscher und David Gleirscher – kämpfen um drei Startplätze im Einsitzer. Jeder von ihnen hat Weltcups gewonnen, Medaillen geholt, Geschichte geschrieben. Und trotzdem wird einer im Februar nicht in Cortina starten.
"Das ist brutal", sagt Müller offen. "Wir wissen alle, dass am Tag X jeder von uns gewinnen könnte und trotzdem muss einer daheimbleiben." Die Bahn ist neu. Der Druck ist bekannt. Und das Ziel ist klar wie nie: Olympia 2026 in Italien.
(VOL.AT)
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