Doch nach den heftigen, landesweiten Protesten gegen die islamisch-konservative Regierung und ihre Großbauprojekte sowie nach einer Serie von Dopingskandalen hat das Selbstbewusstsein der Türken auch Dämpfer bekommen. Kommentatoren schien der zeitweilig schon als sicher betrachtete Zuschlag für Olympia 2020 zuletzt wieder auf wackligen Beinen zu stehen.
Souverän hatten die Bewerbungsexperten im März die Inspekteure des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) durch die Stadt geführt. “Die Zeit für die Türkei ist gekommen”, sagte der türkische Staatspräsident Abdullah Gül.
Istanbul wirft alles in die Waagschale
Istanbul wirbt damit, Brücken schlagen zu wollen zwischen Ost und West, zwischen Religionen und Kulturen. Zudem wirft die wirtschaftlich erfolgreiche Regierung ihr Macher-Image in die Waagschale. Die Infrastruktur – U-Bahnen, ein neuer Flughafen, moderne Sportstätten, Hotels und Wohnkomplexe – stehen sowieso auf dem Entwicklungsplan für Istanbul.
Der staatliche Bau-Riese Toki soll Istanbul für Olympia umbauen. Toki habe Planungs- und Entscheidungsgewalt und könne mit einem Etat von 20 Milliarden US-Dollar (15,18 Milliarden Euro) sicherstellen, dass Pläne in der vorgesehenen Zeit umgesetzt werden, sagte Toki-Präsident Ahmet Haluk Karabel den IOC-Inspekteuren. “Das kann ich versprechen”, bekräftigte der Boss des Bau-Unternehmens. Erdbebensicher sollen die Bauten auch sein.
Zudem gibt sich die Istanbuler Verwaltung nach mehreren Umfragen überzeugt, dass die Zustimmung für Olympia bei der eigenen Bevölkerung mit Werten zwischen 83 und 94 Prozent deutlich höher ist als in Madrid oder Tokio.
Proteste gegen Regierung
Allerdings haben die wütenden Proteste gegen die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, die sich am Umbau eines städtisches Parks entzündeten, gezeigt, wie schnell die Stimmung kippen kann. Der türkische EU-Minister Egeman Bagis zeigte schon mit dem Finger auf die Demonstranten. “Wenn Istanbul verliert, ist es wegen denen”, meinte Bagis.
Türkische Sportskandale
Allerdings wirft auch eine längere Liste von Sportskandalen, angefangen von groß angelegtem Betrug im Profi-Fußball bis zur verbreiteten Einnahme von verbotenen Medikamenten, einen Schatten auf den olympischen Geist. Nach einer Welle von Doping-Fällen sind Dutzende türkische Sportler gesperrt oder warten nach positiven Proben auf eine endgültige Entscheidung der internationalen Verbände.
Die zweifache Hürdensprint-Europameisterin Nevin Yanit ist wegen Dopings bereits für zwei Jahre gesperrt worden. Auch 1.500-Meter-Olympiasiegerin Asli Cakir Alptekin wurde positiv getestet, ebenso wie der Hammerwerfer Esref Apak, Olympia-Zweiter von 2004.
Die Doping-Skandale werden Istanbul nicht schaden, glaubt der türkische Sportminister Suat Kilic. Die Fälle würden die Chancen sogar verbessern, denn die Behörden zeigten, dass Doping in der Türkei nicht mehr unter den Teppich gekehrt werde. “Stattdessen haben wir den Teppich weggezogen”, betonte Kilic. Sein Land befolge alle Regeln und nehme immer wieder unangekündigt Proben. “Wir haben null Toleranz für Doping ausgerufen. Ein Land, dass so scharf gegen Doping vorgeht, sollte nicht bestraft werden”, erklärte der Sportminister.
(APA)
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