Olympia-Aus wegen Gewichtslimit: "Ich habe sogar überlegt, mir die Haare zu schneiden"
Mit bis zu 140 km/h rast Viktoria Hansova kopfvoran durch den Eiskanal – auf dem Bauch liegend, nur von einem Schlitten getragen. Die 21-jährige Deutsche zählt zur Weltspitze im Skeleton und wurde 2024 Junioren-Weltmeisterin. Bei den Olympischen Spielen 2026 in Mailand-Cortina wird sie dennoch nicht an den Start gehen.
Vier Kilo über dem Limit
Im Interview mit der "Welt am Sonntag" erklärt Hansova, woran es scheitert: Das kombinierte Gewicht von Athletin und Schlitten darf maximal 102 Kilogramm betragen, wobei der Schlitten höchstens 38 Kilogramm schwer sein darf.
Hansova ist 1,78 Meter groß und wiegt etwas mehr als 70 Kilogramm. Doch bei den Qualifikationsrennen für den Weltcup und die Olympischen Spiele in Lillehammer wurde sie samt Schlitten mit 106 Kilogramm gewogen. Vier Kilogramm über dem erlaubten Grenzwert – zu viel für eine Olympia-Teilnahme.
Joggen um vier Uhr früh – ohne Frühstück
Im Interview mit der "Welt am Sonntag" schildert Hansova, wie sich der Druck vor dem Wettkampf zuspitzte. Grundsätzlich habe sie früher keine Probleme mit dem Gewicht gehabt. "Ich hatte früher nie Gewichtsthemen, aber ich baue sehr schnell Muskulatur auf. Und Muskulatur ist nun mal Gewicht."
In Lillehammer fehlten ihr am Tag vor dem Rennen noch 2,5 Kilogramm, um das vorgeschriebene Gewichtslimit zu erreichen. Unter Zeitdruck habe sie versucht, in kürzester Zeit Gewicht zu verlieren – mit ungesunden Methoden.
"Ich habe angefangen, sehr ungesund zu handeln: kaum noch gegessen, heiß geduscht, mich eingepackt, um Flüssigkeit zu verlieren – alles, um kurzfristig Gewicht zu sparen", berichtet Hansova. Am Morgen des Wettkampfs sei sie um vier Uhr aufgestanden und joggen gegangen – ohne Frühstück, nur mit Kaffee. "Das ist keine Profivorbereitung, das ist reiner Ausnahmezustand."
"Was wiegt eigentlich mein Sport-BH"
Kurz vor dem Rennen sei sie körperlich am Ende gewesen. "Ich war zittrig, kraftlos, meine Beine fühlten sich leer an." Dann habe sie begonnen, jedes zusätzliche Gramm an ihrem Körper infrage zu stellen. "Plötzlich denkst du: Was wiegt eigentlich mein Sport-BH? Spoiler: offenbar genug, dass ich ihn kurz vor dem Start ausgezogen habe. Ich habe sogar überlegt, mir die Haare abzuschneiden."
Das klingt lustig, ist aber im Kern ziemlich erschreckend." Am Ende erreichte Hansova das erforderliche Gewicht – doch der Preis war hoch. "Ich war kraftlos, mental leer", sagt sie. Die Leistung im Rennen blieb hinter den Erwartungen. "Wenn du ausgelaugt an die Bahn kommst und gedanklich nur bei der Waage bist, ist das keine faire Ausgangslage."
Kritik an starren Regeln: "Es ist absurd"
Hansova fordert eine Reform des Reglements. Die aktuelle Regelung sei nicht fair und fördere gefährliches Verhalten. "Ich bin normalgewichtig und im Leistungssport in einem völlig gesunden Bereich. Trotzdem werde ich durch eine fixe Zahl in dieselbe Kategorie gepresst wie Athletinnen, die 1,60 Meter groß sind."
Die Gewichtskontrolle nehme mitunter absurde Züge an: "Es gibt Situationen, in denen nach dem ersten Lauf genau geschaut wird, wer nahe am Limit ist. Dann wird sogar diskutiert, ob jemand zwischen den Läufen zu viel trinkt – im Zweifel wird noch mal gewogen. Das führt dazu, dass man sich ernsthaft fragen muss, ob man zwischen zwei Läufen einen Schluck Wasser trinkt."
Bahnrekord statt Olympia
Für die Olympischen Spiele reicht es aktuell nicht. Stattdessen startet Hansova im Europacup – mit Erfolg: In Altenberg stellte sie kürzlich einen neuen Bahnrekord auf und gewann beide Rennen vor der Schweizerin Sara Schmied. Ein kleiner Trost: Auf dieser Bahn findet im März 2026 die Junioren-WM statt. Dort will sie erneut angreifen.
(VOL.AT)
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