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OLG Wien urteilt gegen Schummelsoftware: VW-Käuferin erhält Kaufpreis zurück

Die Käuferin soll den Kaufpreis plus Zinsen zurückerhalten.
Die Käuferin soll den Kaufpreis plus Zinsen zurückerhalten. ©pixabay.com
Das Oberlandesgericht in Wien spricht einer VW-Käuferin wegen dem Einbau von Schummelsoftware den Kaufpreis mit Zinsen zu. Die Porsche Holding will das Urteil nicht anerkennen.

Eine Frau hatte 2012 um 26.500 Euro einen Golf mit Tageszulassung gekauft. 2015 wurde bekannt, dass VW bei manchen Motoren, darunter auch jenem dieses Golf-Modells, eine spezielle Software installiert hatte, die am Prüfstand zu niedrigeren Abgaswerten führt, als im realen Straßenbetrieb. Daraufhin verlor die Klägerin, die von der Linzer Poduschka Anwaltsgesellschaft vertreten wird, nach eigenen Angaben das Vertrauen in VW und forderte den Kaufpreis – abzüglich einer “Nutzungsgebühr” für die bereits gefahrenen Kilometer – plus Zinsen zurück. In Summe sind dies rund 29.000 Euro.

Kaufpreis plus Zinsen

Ohne diese Software hätte der Wagen am Prüfstand nicht die Abgasnorm erfüllt und daher auch keine Zulassung erhalten, urteilte das Gericht, denn “der Einbau einer unzulässigen Software (würde) keinen Sinn machen, wenn auch ohne diese die relevanten Grenzwerte eingehalten würden. Um zu dieser Schlussfolgerung zu gelangen, bedarf es … keiner technischen Kompetenz, sondern bloß der allgemeinen Lebenserfahrung”, heißt es im Urteil.

Nachdem die Käuferin unwidersprochenerweise Wert auf ein umweltfreundliches Auto legte und ihren Mann, einen Techniker, bat, die technischen Daten genau anzusehen, durfte das Handelsgericht Wien als erste Instanz (Urteil: 23 Cg 67/15a) davon ausgehen, dass die Frau das Auto nicht gekauft hätte, hätte sie von der Schummelsoftware gewusst, urteilte nun das OLG Wien. Man dürfe es als “gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft” ansehen, dass ein Auto die in der Norm (im konkreten Fall: Euro 5) vorgesehenen Grenzwerte einhält. Wenn dies nur mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung möglich ist, dann sei vom Vorliegen eines Sachmangels auszugehen.

Porsche Holding sieht Urteil “verfehlt”

Als “verfehlt” sieht die Porsche Holding das Urteil des OLG Wien gegen den Händlerbetrieb. Das Fahrzeug sei weiter verkehrs- und betriebssicher und auch die Zulassung sei in keiner Weise gefährdet, daher “besteht keine Grundlage für eine Rückabwicklung des Kaufvertrages”, hieß es auf APA-Anfrage in einer Stellungnahme der Porsche Holding. Es handle sich um eine “Mindermeinung”, “der betroffene Händlerbetrieb wird gegen dieses Urteil selbstverständlich ein Rechtsmittel einlegen”.

Erst kürzlich hätten die Oberlandesgerichte Wien, Innsbruck und Linz in ähnlich gelagerten Fällen zu Gunsten der betroffenen Händlerbetriebe entschieden. “Bisher sind in Österreich bereits 38 Urteile der vier Oberlandesgerichte (Wien, Linz, Graz und Innsbruck) ergangen, 33 dieser Urteile haben die Position der Händlerbetriebe und Herstellerinnen bisher bestätigt und Ansprüche von Fahrzeughaltern verneint”.

OLG Wien ließ Revision zu

Das OLG Wien hat zu seinem Urteil eine ordentliche Revision zugelassen, weil der Entscheidung aufgrund der Vielzahl an zum “VW-Skandal” gerichtsanhängigen Verfahren eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

Aus Sicht von Alexander Holzleitner, geschäftsführender Gesellschafter der Poduschka Anwaltsgesellschaft, treffen aber die Ausführungen des OLG Wien grundsätzlich auf jeden geschädigten Autokäufer zu. Es sei erfreulich, “dass der Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung zur Rückabwicklung berechtigt und sich die Geschädigten nicht auf das Softwareupdate verweisen lassen müssen”. Auch stelle das Urteil klar, “dass nach der allgemeinen Lebenserfahrung kein Konsument Interesse an einem manipulierten Fahrzeug hat”.

Wagen Verlor nur 10 Prozent an Wert

Als großen Erfolg verbucht die Poduschka Anwaltskanzlei auch die ungewöhnliche Berechnung für den “Restwert” des Fahrzeuges. Sie argumentierte, dass ein Golf 250.000 km gefahren werden kann und die Käuferin davon nur 25.000 km oder zehn Prozent gefahren sei – der Restwert betrage daher 90 Prozent des Kaufpreises. Handelsgericht Wien und OLG Wien bestätigten diese Berechnungsweise. Nach den handelsüblichen Listen verliert ein Fahrzeug in den ersten drei Jahren rund die Hälfte seines Wertes.

(APA/red)

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