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OLG muss über Anklage gegen "Foltergeneral" entscheiden

Nun hat das Oberlandesgericht Wien über die Anklage zu entscheiden
Nun hat das Oberlandesgericht Wien über die Anklage zu entscheiden ©APA/THEMENBILD
Die Anklage gegen zwei Ex-Vertreter des Assad-Regimes ist noch nicht rechtswirksam. Wie die Sprecherin des Landesgerichts Wien, Christina Salzborn, auf APA-Anfrage bekannt gab, wurde am Montagabend Einspruch eingelegt. Nun hat das OLG Wien zu entscheiden. Den beiden werden schwere Straftaten gegen seinerzeit in Syrien inhaftierte Zivilisten vorgeworfen. Einen der beiden brachte 2015 ausgerechnet der heimische Verfassungsschutz wegen eines Deals mit dem Mossad nach Österreich.

Da es sich bei dem Verfahren um einen recht umfangreichen Akt handelt, dürfte eine Entscheidung wohl mehrere Wochen dauern. Den beiden werden unter anderem schwere Körperverletzung, geschlechtliche Nötigung und Folter vorgeworfen. Dabei liegen die Tathandlungen schon einige Jahre zurück: Der 61-Jährige Khaleb Al H. war seit 2009 bis März 2013 Leiter der Abteilung 335 des syrischen Geheimdienstes. Der Zweitangeklagte war zwischen 2011 und 2013 Leiter der Ermittlungsabteilung für Kriminalpolizei in Raqqa. Die Misshandlungen sollen nicht nur unter ihre Verantwortung fallen, sondern von den Angeklagten auch selbst ausgeübt worden sein. Bekannt sind der Staatsanwaltschaft Wien 21 Opfer, die für einen Prozess aus ganz Europa anreisen würden.

Ehemalige Häftlinge belasten Angeklagte schwer

Für eine schnelle Bearbeitung spricht, dass Al H. seit bald einem Jahr in der Wiener Josefstadt in U-Haft sitzt. Auf freiem Fuß ist hingegen der zweitangeklagte Abu R.. Nach APA-Informationen sah das OLG bei ihm keinen Haftgrund.

Aussagen ehemaliger Häftlinge zufolge wurden die Inhaftierten extremen psychischen Misshandlungen ausgesetzt und regelmäßig und systematisch durch Schläge, Elektroschocks und den Einsatz primitiver Instrumente, die starke Schmerzen verursachen sollten, gefoltert und erniedrigt. In den Hafträumen der Kriminalpolizei dürften außerdem furchtbare Zustände geherrscht haben: Mitunter waren 25 oder mehr Häftlinge in einer fünf mal fünf Meter großen Zelle untergebracht. Weder wurden die Insassen über die Dauer der Haft informiert, noch deren Angehörige über deren Verbleib benachrichtigt. Die hygienischen Bedingungen sowie die Versorgung mit Nahrung und Trinkwasser kann nur als mangelhaft beschrieben werden: Letztere erfolgte über die Toilette, welche sich in der Zelle befand.

Die Männer sollen laut Anklage die ihnen vorgeworfenen Straftaten an Häftlingen begangen haben, um "die damalige Protestbewegung gegen das Regime zu unterdrücken und die Bevölkerung einzuschüchtern". Durch die massiven körperlichen Misshandlungen seien die Inhaftierten zur Ablegung von Geständnissen gezwungen worden.

Prozess wegen Operation "White Milk" endete in Freisprüchen

Das mittlerweile aufgelöste Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) hatte im Mai 2015 mit dem israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad vereinbart, Khaleb Al H. von Frankreich nach Österreich zu bringen. Von BVT-Beamten wurde er an der österreichischen Grenze in Empfang genommen, in einem Dienstfahrzeug nach Wien chauffiert, in der Bundeshauptstadt in einem Quartier untergebracht und finanziell unterstützt. In weiterer Folge waren Vertreter des BVT dem syrischen Offizier sogar bei seinem Asylverfahren behilflich und bemühten sich, diesem zu einem Bleiberecht zu verhelfen.

Nach Erkenntnissen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) schloss die Kooperationsvereinbarung mit der Bezeichnung "White Milk" federführend der damalige BVT-Abteilungsleiter Martin Weiss ab, der inzwischen in Dubai untergetaucht ist. Nach Weiss wird mit internationalem Haftbefehl gefahndet, weil er die überstürzte Flucht des Ex-Wirecard-Managers Jan Marsalek vom Flughafen Bad Vöslau Richtung Russland mitorganisiert haben soll. Für drei ehemalige Beamte des BVT bzw. einen des Bundesamts für Fremdenrecht und Asyl (BFA) endete der Prozess wegen Amtsmissbrauchs 2023 in einem Freispruch. Weiss war für die Justiz allerdings schon damals nicht greifbar und war der Hauptverhandlung ferngeblieben. Der nun erstangeklagte General war damals als Zeuge geladen, gab sich aber wortkarg. Er habe "Angst um mein Leben und das meiner Familie", führte er damals am Straflandesgericht Wien ins Treffen.

(APA)

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