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"Österreich hat seine Rolle als Brückenbauer verspielt"

Die Journalisten stellten Kurz hingegen ein positives Zeugnis aus.
Die Journalisten stellten Kurz hingegen ein positives Zeugnis aus. ©APA/AFP/JOE KLAMAR
Die Korrespondenten internationaler Zeitungen beurteilen in einer Umfrage die Bilanz des EU-Ratsvorsitzes als eher mager und sehen Vorbehalte gegenüber der FPÖ bestätigt.

“International war die Regierung sehr präsent, was allerdings in den vergangenen Monaten vor allem am EU-Ratsvorsitz lag”, meinte Meret Baumann von der “Neuen Zürcher Zeitung”. Die Ziele des EU-Vorsitzes seien nicht erreicht worden, erklärten fast alle befragten Journalisten.

Ziele der Flüchtlingspolitik verfehlt

Wien habe seine Ziele in der Flüchtlingspolitik, vor allem mit Blick auf einen besseren Außengrenzschutz und die Verabschiedung von Abkommen mit Drittstaaten, nicht erreicht, so Christoph Schiltz, EU-Korrespondent der “Welt” mit zusätzlichem Österreich-Schwerpunkt. “Allerdings haben es einige Regierungschefs und EU-Verantwortliche BK Kurz dabei auch nicht immer einfach gemacht und ihm hin und wieder ein Beinchen gestellt.” Stephan Löwenstein (“Frankfurter Allgemeine”) warnte: Bundeskanzler Sebastian “Kurz versteht es geschickt, die außenpolitische Agenda auf der innenpolitischen Bühne zu spielen. Er muss aufpassen, dass er es sich da nicht mit seinen Partnern verscherzt.”

Kritisch sahen die Auslandskorrespondenten die Ablehnung des UNO-Migrationspakts. Hier nahm Österreich “eine Vorreiterrolle ein”, erklärte Joachim Riedl von der Wochenzeitung “Die Zeit”. Baumann ergänzte: Das Nein zum Migrationspakt sei “eine für Österreich ungewöhnliche Absage an den Multilateralismus in dieser Frage. Gerade als Ratsvorsitzland war diese Positionierung und vor allem die Begründung fragwürdig.” Hans-Peter Siebenhaar vom “Handelsblatt” formulierte es so: “Österreich hat seine Rolle als Brückenbauer in der internationalen Politik verspielt. Die Glaubwürdigkeit des Landes als verlässlicher EU-Partner hat beispielsweise durch das Hofieren des russischen Präsidenten Putin gelitten oder durch die Entscheidung gegen den UN-Migrationspakt.”

Sozialversicherungsreform als ein “Marketing-Schmäh”

Die Innenpolitik beurteilten die Auslandskorrespondenten unterschiedlich. Löwenstein etwa erklärte, “einige Reformen weisen die Handschrift einer bürgerlich geführten Regierung auf und gehen in die richtige Richtung: Geringere Steuern für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen beispielsweise, oder ein konsolidierter Haushalt.” Ralf Leonhard von der “taz” meinte dagegen: “Exzellentes Marketing. In der Substanz eher dürftig.” Die Sozialversicherungsreform sei ein “Marketing-Schmäh, der vor allem der Umfärbung dient. Einsparungen unwahrscheinlich. Ähnliches gilt für die Mindestsicherung. Einsparung null, Hauptsache es geht gegen Migranten. Insofern hat die Regierung meine Erwartungen erfüllt.”

FPÖ gibt sich Mühe

Erfüllt haben sich laut den meisten Auslandskorrespondenten auch die Vorbehalte, die es gegen die Regierungsbeteiligung der FPÖ gegeben habe. “Die FPÖ-Ministerriege bemüht sich, staatsmännisch und gemäßigt aufzutreten”, sagte Baumann. Allerdings zeige sich auch in der Regierung der “Druck seitens des rechten Rands (Migrationspakt) sowie ein Hang zu populistischer Symbolpolitik (Tempo 140, Kopftuchverbot für Kindergartenkinder)”. Löwenstein erklärte, dass die Verfassungsschutz-Affäre “eine erhebliche Belastung” sei. “Auf der anderen Seite haben die Zwänge, die mit der Regierungsverantwortung verbunden sind, die Parteiführung zu Klarstellungen in Sachen Rechtsextremismus und Antisemitismus veranlasst.” Es sei “gut, wenn eine Partei, die immerhin ein Viertel der Wähler repräsentiert, in das Spektrum des demokratisch Akzeptablen gezogen wird”.

Kurz 1. Liga, Macron 3. Liga

Hervorgehoben wird außerdem, dass die Regierung es “schaffte, alle koalitionsinternen Konflikte häufig unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu regeln und den harmonischen Anschein zu wahren”, wie Riedl betonte. Schiltz ergänzte: “Die FPÖ spielt inhaltlich fast keine Rolle, dafür erträgt Kurz widerwillig, aber nach außen völlig kontrolliert die Eskapaden von Strache, Waldhäusl & Co.” Für den “Welt”-Korrespondenten ist “Kurz 1. Liga, Macron 3. Liga.” Der französische Staatspräsident habe seit seinem Amtsantritt Mitte 2017 viel falsch gemacht. Die ÖVP dagegen stehe “nach einem Jahr glänzend da: keine Flügelkämpfe, eine stabile Mehrheit und eine ordentliche EU-Ratspräsidentschaft”.

(APA/red)

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