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ÖGB erhöht Druck in Sachen Steuerreform

Foglar: "'Geht nicht' gibt's nicht"
Foglar: "'Geht nicht' gibt's nicht"
Der ÖGB hat am Mittwoch beschlossen, bis zum September mit der Arbeiterkammer ein Konzept für eine Steuerreform zu erstellen. Dieses soll dann mit "gewerkschaftlichen Aktivitäten" beworben werden, sagte ÖGB-Chef Erich Foglar. Von der Regierung erwartet er den Beschluss einer Entlastung 2015: "'Geht nicht' gibt's nicht." Begrüßt wurde der ÖGB-Vorstoß von Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ).
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Wann genau die Steuerreform spürbar werden soll, darauf legte sich der ÖGB-Präsident nicht fest. Man könne die Entlastung in Etappen vornehmen oder auch rückwirkend. Davon dass sich die Regierung von den gewerkschaftlichen Maßnahmen unbeeindruckt zeigt, geht Foglar nicht aus: “Ich denke doch, dass die Regierung die Einsicht hat.” Zur Frage, was passiert, wenn wider Erwarten von der Koalition keine Entlastung in die Wege geleitet wird, sagt Foglar: “Sie kennen den Katalog der gewerkschaftlichen Aktivitäten.”

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Riegel für “kalte Progression”

Für den ÖGB ist die Lohnsteuerreform jedenfalls “Jahresschwerpunkt 2014/2015”, könne dieses Thema doch nicht mehr auf die lange Bank geschoben werden. Ziel ist dabei eine “spürbare Entlastung” der Arbeitnehmer. Dabei soll auch dem Phänomen, dass die “kalte Progression” den Großteil der Lohnerhöhungen frisst, ein Riegel vorgeschoben werden.

Gedanken will man sich auch zu einer Gegenfinanzierung über vermögensbezogene Steuern machen. Allerdings betont Foglar, dass 20 Prozent der Kosten ohnehin über einen höheren Konsum wieder hereinkämen.

Beschluss richtet sich an ganze Regierung

Der Beschluss richtet sich jedenfalls an die ganze Regierung und nicht nur an den Finanzminister. Es gehe darum, dass sich beide Koalitionsparteien raschest dem Thema widmen und es zur Entlastung kommt. Denn wenn im nächsten Jahr die Lohnsteuereinnahmen dann schon deutlich höher sein werden als jene aus der Umsatzsteuer, bedeute dies nichts anders, als dass die Kaufkraft abgeschöpft werde.

Der Beschluss erfolgte übrigens einstimmig und damit auch mit dem Segen der Christgewerkschafter.

SPÖ zeigt sich erfreut

Angetan zeigte sich die SPÖ vom Beschluss des ÖGB, gemeinsam mit der Arbeiterkammer ein Steuerreform-Konzept zu erarbeiten. Sie sehe das als Rückenwind für den SPÖ-Wunsch nach einer deutlichen Entlastung vor allem der mittleren Einkommen, erklärte Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) Mittwochnachmittag im Gespräch mit der APA.

Dass die Vorstellungen von Gewerkschaft und Kammer in die Steuerpläne der SPÖ einfließen werden, steht für Bures fest. Denn man habe sich schon vergangenen Montag zwischen Partei und sozialdemokratischen Gewerkschaftern inhaltlich abgestimmt.

Bures: “Nichts übers Knie brechen”

Auf einen genauen Zeitplan wollte sich die Ministerin nicht festlegen. Es solle zwar nichts übers Knie gebrochen werden, es gelte jetzt aber, die Reform zügig anzugehen, meinte Bures in Richtung ÖVP. Positive Effekte für die Steuerzahler sollten so früh wie irgendwie möglich spürbar werden. Den Beschluss des ÖGB sieht Bures dabei als wichtige Unterstützung.

Direkt an den Koalitionspartner wandte sich Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos: Dass auch die Christgewerkschafter eine rasche Entlastung forderten, zeige, dass selbst in der ÖVP der Druck auf den Finanzminister steige, erklärte er in einer Aussendung. Die Steuerentlastung ab 2015 werde zur Nagelprobe für die Volkspartei und ihren Parteiobmann.

Österreich: Abgabenbelastung im Spitzenfeld

Die Industrieländerorganisation OECD legte unterdessen am Mittwoch ihre aktuelle Studie zum Lohnsteuersystem der Mitgliedsstaaten vor. Am für Österreich wenig schmeichelhaften Ranking hat sich gegenüber den bereits im April vorab veröffentlichten Zahlen nichts geändert: Die Abgabenbelastung eines Durchschnittsverdieners liegt mit 49,1 Prozent im absoluten Spitzenfeld.

Platz 3 hinter Belgien und Deutschland

Für einen durchschnittlich verdienenden österreichischen Single lag die Abgabenbelastung (also Steuern und Sozialabgaben inklusive Arbeitnehmerbeiträge abzüglich Sozialtransfers) im Vorjahr bei 49,1 Prozent. Damit liegt Österreich an dritter Stelle von 34 untersuchten Ländern hinter Belgien und Deutschland. Berücksichtigt man auch Pflichtbeiträge für Privatversicherungen, dann bleibt auch Holländern und Italienern weniger Netto vom Brutto als den Österreichern. Österreich liegt hier an fünfter Stelle.

Bei Familien liegt die Abgabenbelastung (wegen der höheren Sozialtransfers) zwar deutlich unter den Singles, im internationalen Vergleich aber trotzdem im Spitzenfeld.

“De facto bleibt nichts übrig”

Ablesen lässt sich aus den OECD-Zahlen auch der Effekt der “kalten Progression”. Für den durchschnittlichen österreichischen Arbeitnehmer hat OECD nämlich errechnet, dass im Vorjahr von einem Brutto-Gehaltsplus von 2,4 Prozent abzüglich Inflation (2 Prozent) und Steuern (0,4 Prozent) de facto nichts übrig geblieben ist.

Auch der Effekt der Lohnsteuersenkung 2009 ist damit mittlerweile wieder verpufft. Denn die von der OECD berechnete Abgabenbelastung eines durchschnittlichen österreichischen Arbeitnehmers ist 2009 zwar von 49 auf 47,9 Prozent gesunken, aber seither (Stand 2013) wieder auf besagte 49,1 Prozent gestiegen.

(APA)

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