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Oberster Gerichtshof erschwert Mieten-Lagezuschlag in Wien

Die gute Erreichbarkeit von Öffis ist keine Grundlage für eine gute Lage.
Die gute Erreichbarkeit von Öffis ist keine Grundlage für eine gute Lage. ©APA/HELMUT FOHRINGER
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat es Vermietern in Wien erschwert, einen Lagezuschlag zu verrechnen. Diese Entscheidung wurde von der Mietervereinigung Österreichs begrüßt. Sie sieht damit "das Ende der inflationär zunehmenden 'überdurchschnittlichen Lagen' gekommen".

Das Höchstgericht befasste sich mit der Frage, mit welchen Gebieten die Lage einer Wohnung verglichen werden muss, um zu bestimmen, ob die Lage überdurchschnittlich ist. Das Ergebnis im vorliegenden Fall: Im Vergleich zu anderen innerstädtischen Lagen seien Verkehrserschließung und Nahversorgung bei der konkreten Wohnung im 5. Bezirk in Wien nicht über dem Schnitt und der Lagezuschlag daher nicht angebracht. (5 Ob 74/17v)

Der Vermieter der 83-Quadratmeter-Wohnung in Wien-Margareten hatte der “Presse” zufolge von der Mieterin einen Zuschlag verlangt, weil die Adresse mit öffentlichen Verkehrsmitteln sehr gut erschlossen sei und alle Geschäfte des täglichen Lebens innerhalb von fünf Minuten zu Fuß erreichbar seien. Das Bezirksgericht Innere Stadt bestätigte, dass diese Lage im Vergleich zur Gesamtheit aller Wiener Wohnungen überdurchschnittlich, ein Zuschlag von 0,94 Euro je Quadratmeter zum Wiener Miet-Richtwert (derzeit 5,58 Euro/m2) daher gerechtfertigt sei.

Landesgericht für Zivilrechtssachen kappte den Zuschlag

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen kappte den Zuschlag aber: Abgesehen davon, dass die unmittelbare Nähe zu einer offenen U-Bahn-Trasse nicht sonderlich verkehrsgünstig sei, wenn die nächste Station 350 Meter entfernt sei, dürfe als Vergleichsmaßstab nicht das ganze Stadtgebiet herangezogen werden, sondern maximal der 5. Bezirk.

Der OGH stellte zu seiner mit 5. Jänner publizierten Entscheidung fest: Im Vergleich zu relevanten Lagen in Wien würden die im vorliegenden Fall festgestellte Erschließung der Wohnumgebung des Hauses mit öffentlichen Verkehrsmitteln und die dort bestehenden Möglichkeiten der Nahversorgung die Annahme einer überdurchschnittlichen Lage im Sinne des § 16 Abs 4 Mietrechtsgesetz (MRG) nicht rechtfertigen.

Mietervereinigung über OGH-Entscheidung erfreut

Die Mietervereinigung erklärte am Montag in einer Aussendung, der OGH habe nunmehr klargestellt, dass der Grundkostenanteil nichts aussage zur Frage, ob eine Lage als überdurchschnittlich zu bewerten sei. Derzeit, so die Mieterschützer, würden Sachverständige und Schlichtungsstelle zur Beurteilung der Zulässigkeit eines Lagezuschlags in Wien vor allem die Lagezuschlagskarte der MA 25 heranziehen. Diese unterteile das Gemeindegebiet in sogenannte “Gründerzeitviertel” und sechs Preisklassen (“Lagezuschlagszonen”). Demnach gebe es aber nur “durchschnittliche” (Gründerzeitviertel) oder “überdurchschnittliche” Lagen, so die Kritik.

Erreichbarkeit von Öffis kein Kennzeichen einer guten Lage

Dieser Praxis habe der OGH nun einen Riegel vorgeschoben, so die Mietervereinigung, die den OGH zitiert: “Zur Beurteilung, ob eine konkrete Lage (Wohnumgebung) aufgrund ihrer Eigenschaften als ‘besser als durchschnittlich’ zu qualifizieren ist, bedarf es eines wertenden Vergleichs mit anderen Lagen (Wohnumgebungen).” Und weiter: “Dabei hat der Vermieter den Nachweis zu erbringen, dass es konkrete Anhaltspunkte (Wohnumgebungsfaktoren) gibt, die die Annahme einer überdurchschnittlichen Lage erlauben.” Die bloße Erreichbarkeit von Bus, U-Bahn und Supermärkten in weniger als 5 Minuten Gehweg sei in Wien jedenfalls kein Kennzeichen einer überdurchschnittlichen Lage.

APA/Red.

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