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Obama-Effekt verpufft - Aktien und Euro unter Druck

Aufmerksamkeit richtet sich auf altbekannte Unsicherheiten.
Aufmerksamkeit richtet sich auf altbekannte Unsicherheiten. ©EPA
Der Obama-Effekt war nur von kurzer Dauer: Nach der Wiederwahl des US-Präsidenten kehren die altbekannten Ängste wegen der Schuldenkrise auf beiden Seiten des Atlantiks zurück. Die Finanzmärkte stehen wieder mächtig unter Druck.

Die enormen Schulden-Probleme in den USA, aber auch in Europa rückten wieder in den Vordergrund. “Schneller als gedacht hat die Wirklichkeit uns wieder eingeholt”, sagte ein Börsianer. “Zwar hat der klare Wahlausgang für Sicherheit gesorgt, doch nun richtet sich der Fokus schon wieder auf die weiteren, altbekannten Unsicherheitsfaktoren.” Nach anfänglichen Gewinnen kippte die Stimmung an den europäischen Börsen, auch der Euro geriet unter Druck.

Einigung in Amerika wichtig

Demokraten und Republikaner in den USA müssen schnellstmöglich eine Einigung zur Begrenzung der seit Jahren ausufernden Staatsschulden finden, damit die US-Wirtschaft Anfang des nächsten Jahres nicht in die Rezession stürzt. In Europa bereitet zudem die Schuldenkrise zunehmend Sorgen. Neben Spanien bekommt auch Frankreich sein Defizit nicht in den Griff. Die Wachstumsprognosen für den Euroraum wurden gesenkt und am Abend stand im pleitebedrohten Griechenland die Abstimmung über ein neues Sparpaket an. “Zweifelsohne würde eine Ablehnung wohl den finanziellen Zusammenbruch Griechenlands besiegeln”, sagte Commerzbank-Experte Lutz Karpowitz.

Der deutsche Aktienindex Dax ging ab dem frühen Nachmittag auf Tauchstation und drehte ins Minus. Zuletzt lag er bei 7.324 Punkten und damit um 0,72 Prozent im Minus. Der europäische Index EuroStoxx gab um mehr als ein Prozent nach. Auch an den Börsenplätzen in London und Paris ging es nach anfänglichen Gewinnen abwärts. Mit Spannung wurde die Reaktion an der New Yorker Wall Street erwartet. Der Euro fiel auf 1,2735 US-Dollar. Im Vormittagshandel hatte die Gemeinschaftswährung eineinhalb Cent mehr gekostet.

Der erstarkte Dollar machte sich auch an den Rohstoffmärkten bemerkbar: Nach einer überwiegend festen Tendenz gerieten die Ölpreise unter Druck und gaben um mehr als einen Dollar nach. Auch Gold und Silber konnten ihre deutlichen Gewinne nach dem Wahlsieg Obamas nicht halten, lagen aber noch im Plus. Der deutsche Anleihemarkt tendierte hingegen sehr fest. Er gilt unter Anlegern als “Hort der Sicherheit”

Draghi schürt Ängste

Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), fachte die Nervosität der Anleger am Mittag weiter an, indem er bei einer Rede in Frankfurt von den negativen Folgen der Krise für die deutsche Wirtschaft sprach. Die jüngsten harten Konjunkturdaten aus der größten Euro-Volkswirtschaft geben ihm recht: Die Gesamtproduktion ging im September um 1,8 Prozent zurück und lag damit deutlich unter den Erwartungen. Als Belastungsfaktoren sahen Experten auch die gesenkten Wachstumsprognosen der EU-Kommission. Diese rechnet für den Euroraum erst wieder im Jahr 2014 mit einer nennenswerten Beschleunigung des Wachstums.

Zwei harte Jahre für Obama

Nach der Wiederwahl steht US-Präsident Obama nach Einschätzung von Ökonomen vor schwierigen wirtschaftspolitischen Entscheidungen. Vor allem mit Blick auf den Staatshaushalt seien die Herausforderung groß. Obama kann zwar weiter regieren, er muss aber nach wie vor mit unterschiedlichen Mehrheiten im Kongress auskommen. Die Entscheidungsfindung dürfte wie bereits in den vergangenen beiden Jahren sehr kompliziert bleiben.

“Das überragende Ziel zur Lösung der wirtschaftlichen Probleme muss daher die Überwindung der politischen Spaltung sein”, schreibt Harm Bandholz, USA-Experte bei der UniCredit in einem Kommentar. Das akuteste Problem dürfte die drohende “Fiskalklippe” sein. Falls sich die beiden großen Parteien nicht einigen können, werden zum Jahresbeginn 2013 automatisch die US-Staatsausgaben gekürzt und die Steuern erhöht, was zu einer Rezession Anfang 2013 führen könnte.

Sollten alle Erleichterungen 2013 wegfallen und die geplanten Ausgabenkürzung ungeschmälert umgesetzt werden, “würde das Defizit um etwa 4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes sinken”, schreibt Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner. “Dieser massive fiskalische Umschwung würde die Wirtschaft nächstes Jahr in eine Rezession treiben.” Weidensteiner erwartet jedoch, dass sich der alte Kongress – der neue Kongress kommt erst 2013 zusammen – auf eine Fristverlängerung wesentlicher Teile der steuerlichen Erleichterungen verständigt.

Die Sanierung des Staatshaushalts ist auch nach Ansicht der deutschen Industrie die wichtigste Aufgabe Obamas. “Vorrangig ist es, den Staatshaushalt in Ordnung zu bringen und auf mittlere und lange Sicht so zu konsolidieren, dass Verwerfungen auf dem amerikanischen und den internationalen Märkten vermieden werden”, erklärte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Peter Keitel.

(APA)

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