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Nur ein Wahnsinniger

Drei Schauspieler, eine kleine Bühne und die unverwechselbare Sprache Tschechows sind die Hauptakteure des „Schwarzen Mönchs“ am Vorarlberger Landestheater.

An originellen Ideen mangelt es dem Stück jedenfalls nicht. Das Ringen um Wahnsinn und Verstand des Magister Kovrin, verkörpert durch Burghard Braun, lebt von Detailreichtum und Ideenvielfalt. Die schmale Gradwanderung zwischen Werktreue und Textbearbeitung scheint Regisseur Lothar Maninger geglückt zu sein. Wo in der tschechowschen Erzählung keine bühnentauglichen Dialoge zu finden waren, zitieren die Akteure den Text, ohne dass die dramatische Wirkung darunter zu leiden hätte.

Viel mehr ist es ein Drama der verschwimmenden Grenzen. Die Protagonisten wechseln spielend zwischen dialogischen und zitierenden Passagen, Vergangenheit und Gegenwart. Schließlich beginnt sich, via Videoübertragung auch die Trennlinie zwischen dem „auserwählten“ Kovrin und der von Antony Conner dargestellten Wahngestalt des schwarzen Mönchs, zu verwischen. Kovrin ist wahnsinnig, was dem Publikum auch zweifellos von Anfang an vor Augen geführt wird. Das Verhältnis zwischen geisteskrank und gesellschaftsfähig wird dabei auf den Kopf gestellt, als sich die beiden Landleute Tanja alias Kathrin Schwaderer und ihr Vater, in dessen Rolle ebenfalls Connor behende schlüpft bald verrückter gebärden als ihr wahnsinniger Besucher.

Wo beginnt der Wahnsinn und wo endet das Genie? Diese und andere Fragestellungen greift das Stück auf, überlässt die Entscheidung der jeweiligen Streitfälle aber dem Zuschauer. Durch kleine Details werden immer wieder Hinweise geliefert und Hilfestellungen geleistet. Der Apfel, die Frucht der Erkenntnis spielt dabei eine nicht zu übersehende Rolle. Die beiden Landleute verleiben sich zwar einen Apfel nach dem anderen ein, zur Erkenntnis gelangen sie deshalb aber nicht. Kovrin andererseits beisst erst in die saure Paradiesfrucht, als er sich seine Krankheit bereits eingestanden hat. Das Stück gibt mehr Rätsel auf, als dass es Fragen beantwortet, was nicht negativ zu bewerten ist. Es ist ein Spiel mit Gegensätzen, die immer wieder ihre Positionen miteinander vertauschen und dem Betrachter dadurch ständig wechselnde Perspektiven eröffnen.

Schauspielerische Leistung, originelle Bühnengestaltung und die Liebe zum kleinen, aber dennoch sinnbeladenen Detail ziehen das Publikum in den Sog des verdeckten Alltagswahnsinns und lassen, teilweise etwas langatmig gestaltete Zwischenpassagen vergessen.

Das Stück steht noch einige Wochen auf der Bregenzer Probebühne am Spielplan.

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